Ian James: „Wir haben einen Generationswechsel in der Formel E“.
Vor mehr als 20 Jahren hat Ian James sein Berufsleben bei McLaren Automotive als Fertigungsingenieur begonnen. Im September 2022 kehrte der 48-jährige Brite als Teamchef des NEOM McLaren Formula E Teams sowie Geschäftsführer von NEOM McLaren Electric Racing zum Unternehmen zurück. Kein Wunder: Als Teamchef hat Ian James die beiden Weltmeisterschaften von Mercedes EQ in der Formel E erlebt.
Herr James, wie haben Sie den Beginn Ihrer Zeit im Team erlebt?
Ian James: Ehrlich gesagt, hätte ich mich in der ganzen Organisation nicht besser willkommen fühlen können. Die Unterstützung, die ich erfahren habe, ist fantastisch! Und das ist auch gut so, denn wir hatten nur eine sehr kurze Zeit, um uns rechtzeitig auf Gen3 und die neue Saison vorzubereiten. Für mich persönlich schließt sich ein Kreis. Meine Karriere begann hier vor etwa 20 Jahren, daher ist es für mich etwas ganz Besonderes, zurückzukommen und der Papaya Army beizutreten.
Welche Hürden mussten allein mit Blick auf Gen3 genommen werden?
Ian James: Es war einiges los. Wir haben nicht nur die neue Generation der Boliden bekommen, sondern sind vom Hersteller zum Kundenteam geworden. Wir arbeiten sehr eng mit Nissan als Hersteller zusammen, dies ist eine neue Beziehung, die wir aufbauen müssen. Gleichzeitig mussten wir strukturelle Veränderungen vornehmen, um sicherzustellen, dass wir uns gut in die McLaren Racing-Familie integrieren und die Möglichkeiten, die sich uns jetzt bieten, nutzen können.
Wir haben einen ganz neuen Standort in Bicester Heritage auf einem alten Flugplatz eröffnet, der sich stark vom McLaren Technology Centre unterscheidet. Wir haben viel Hilfe von allen im McLaren Technology Centre erhalten, damit sich der Standort in Bicester wie eine Erweiterung von McLaren anfühlt. Es wird ein toller Arbeitsort werden. Ich freue mich bereits darauf, es zu einem echten Kompetenzzentrum des Elektromotorsports innerhalb von McLaren neu zu formen.
Und wie läuft so die gesamte Kooperation mit McLaren Racing?
Ian James: Wir wissen genau um die Expertise und das vorhandene Talent, das wir in den verschiedenen Serien haben. Dennoch müssen wir jede Zusammenarbeit mit einer gewissen Vorsicht angehen, denn man muss aufpassen, dass man nicht zu einer Ablenkung wird. Schließlich stehen wir alle in Wettbewerben und jeder muss in seinem Aufgabengebiet an der Spitze stehen, um die Ziele zu erreichen, die wir uns selbst gesetzt haben. Das muss primär von uns allen geschützt werden … dennoch wird es definitiv einige Synergien geben, die wir nutzen wollen, um sicherzustellen, dass wir unser volles Potenzial in allen Bereichen ausschöpfen können.
Mit einem sorgfältigen Ansatz werden wir in der Lage sein, über die Serien hinweg zusammenzuarbeiten, um voneinander zu lernen und dadurch sicherzustellen, dass wir unser Potenzial in der gesamten McLaren Racing Group maximieren. Das ist eine aufregende Aussicht, denn es spielt keine Rolle, ob man in der Vergangenheit erfolgreich war oder ob man gar Weltmeisterschaften gewonnen hat, man muss sich ständig verbessern, und das tut man, indem man lernt und Wissen teilt. Wir befinden uns hier in einer einzigartigen Position. Es muss jedoch sorgfältig sein!
Welche allgemeinen Vorteile ergeben sich aus der Übernahme von Mercedes EQ durch McLaren Racing und der Einbeziehung des (alten) Personals?
Ian James: Wir haben einen Generationswechsel in der Formel E. Was McLaren Racing durch das Mercedes EQ Formula E Team erworben hat, sind also nicht so sehr Vermögenswerte oder physische Hardware, sondern ein Mannschaft, die über die Erfahrung und das Talent verfügt, Rennen und Meisterschaften zu gewinnen. Es war wichtig, diese Mannschaft beim Wechsel intakt zu halten. Aus diesem Grund bin ich unglaublich dankbar für die Unterstützung, die wir bisher bei McLaren erhalten haben, denn das hat es uns ermöglicht, das zu erreichen.
Die überwiegende Mehrheit der Mannschaft, sei es in der Technik, im Betrieb, in der Mechanik, im Handel, im Personalwesen, in der IT, im Finanzwesen und so weiter und so fort, ist zusammengeblieben, und das wird uns auf dem Weg ins Jahr 2023 ein echtes Sprungbrett bieten. Die Maßnahmen, die wir so ergriffen haben, inklusive der Eröffnung des neuen Standorts, anstatt alles in das McLaren Technology Centre zu verlagern, waren von entscheidender Bedeutung. Das Führungsteam war sich über die Anforderungen im Klaren, und es war klar, dass es wichtig war, das alles zu erhalten, damit wir in der Saison voll durchstarten können.
Was können Sie abschließend noch zu den beiden Piloten sagen?
Ian James: Bei Jake Hughes kann man wohl mit Fug und Recht behaupten, dass er nicht immer die besten Chancen hatte, aber was wir bei Jake gesehen und erkannt haben, ist, dass er das Talent und den Speed hat, um die Ziele zu erreichen, die wir uns gesetzt haben. Seine Arbeit mit dem Mercedes EQ Formula E Team war wichtig für den Erfolg. Er leistete viel Arbeit im Hintergrund im Simulatorprogramm und war sehr eng mit dem Team zusammen, indem er an Briefings, Nachbesprechungen und an Rennveranstaltungen teilnahm. Seine Arbeit war entscheidend, und er wird diese Erfahrung nun einbringen und weiter mit dem Team zusammenarbeiten.
René Rast hat eine ganz ähnliche Denkweise. Er hat viel Erfahrung und Erfolg in der DTM, der Formel E und anderen Serien, aber er hat auch eine Arbeitsmoral, die uns sehr zugute kommen wird. Es liegt eine Menge Arbeit vor uns, wir brauchen beide Piloten, um voranzukommen, da habe ich keine Bedenken. Wir haben zwei Piloten, die eine absolute Bereicherung für das Team sein werden, und ich freue mich darauf, zu sehen, wie sie sich am 14. Januar 2023 in Mexiko schlagen werden. (SW)