Christian Horner, Franz Tost und „Toto“ Wolff: „Es ist ein Marathon“.
Von Baku ging es für die Formel 1 ohne Pause direkt nach Miami weiter. Auch wenn beide Strecken in der Stadt liegen, kann man beide Strecken nicht vergleichen. Von daher kommen auf die Teams neue Probleme und neue Lösungen zu. Doch diesmal haben die Crews wieder drei freie Trainings. An der virtuellen PK nahmen Christian Horner (Red Bull), Franz Tost (AlphaTauri) und „Toto“ Wolff (Mercedes) teil.
Franz, Sie werden als Teamchef aufhören. Warum?
Franz Tost: Es ist Zeit zu gehen! Mit 67 Jahren ist der Punkt gekommen, an dem ich es an andere Leute übergeben werde, die einen besseren Job machen können als ich. Ich denke, das ist der richtige Weg. Ich freue mich schon darauf, wenn Peter Bayer und Laurent Mekies die Leitung des Teams übernehmen werden.
Der Sport wird Sie vermissen. Was werden Sie an diesem Sport vermissen?
Franz Tost: Ich weiß nicht, ob der Sport mich vermissen wird. Natürlich werde ich die Formel 1 vermissen. Ich liebe die Formel 1, aber man weiß nie: Vielleicht fahre ich Kart; oder vielleicht fange ich noch einmal an, Rennen zu fahren. Man weiß nie, wann man alt wird. Die Krise des alten Lebens … was auch immer mir in den Sinn kommen wird, aber es wird nicht langweilig werden!
Und wer war der schnellste Pilot in Ihren Boliden?
Franz Tost: Ich könnte Max Verstappen sagen; ich könnte Sebastian Vettel sagen. Sie waren die Schnellsten, sonst hätten sie nicht so viele Rennen und mittlerweile auch Weltmeisterschaften gewonnen … es gab aber auch andere Fahrer, die nicht so viel langsamer waren, vielleicht waren sie nur zur falschen Zeit im falschen Team oder was auch immer … aber diese beiden sind natürlich die Besten!
Christian, Sie arbeiten seit vielen Jahren eng mit Franz Tost zusammen. Wie groß war sein Beitrag am erfolgreichen Weg von Red Bull in der Formel 1?
Christian Horner: Es war ein sehr großer Beitrag. Franz mit vielen jungen Fahrern gearbeitet und sie für uns aufgebaut. Und jeder Fahrer, der ein „Tosting“ überleben konnte, konnte auch bei Red Bull Racing überleben. Er hat also wunderbare Arbeit mit den jungen Fahrern geleistet … Ich glaube, eines seiner berühmten Mottos war: Jeder Tag, der nicht auf der Rennstrecke verbracht wird, ist ein vergeudeter Tag im Leben. Und das schloss Weihnachten und wahrscheinlich auch Silvester ein! Er hat also einen riesigen Beitrag geleistet. Es ist nur verständlich, dass er denkt, es sei an der Zeit, sich zurückzuziehen, aber der Beitrag, den er mit Toro Rosso und dann mit AlphaTauri bei der Entwicklung und Förderung dieser Talente geleistet hat … in der Hinsicht hat er einen erstklassigen Job gemacht!
Sie mussten in Miami einen „Shooey“ nehmen?
Christian Horner: Es war für „Wings for Life“. Jemand hat freundlicherweise 15.000 US-Dollar gespendet. Es ist eine tolle Wohltätigkeitsorganisation, dass man es nicht wirklich ablehnen kann. Zum Glück war es ein brandneuer Schuh!
Nach vier Rennen hat jeder Pilot zwei Rennen gewonnen. Red Bull ist absolut dominant. Kann Sergio Perez denn Max Verstappen wirklich herausfordern?
Christian Horner: „Checo“ hatte einen fantastischen Start in die Saison. Zwei Siege und der Sieg im Sprint. Und natürlich ein zweiter und ein fünfter Platz. Er ist stärker in die Saison gestartet als je zuvor. Ich denke, Selbstvertrauen ist eine große Sache in jedem Sport, und „Checo“ hat jetzt das Selbstvertrauen. Diese Weltmeisterschaft wird ein Marathon, und auf dem Weg dorthin wird es Höhen und Tiefen geben, aber die Herausforderung für beide Fahrer ist es, die Konstanz zu behalten, und sicher werden wir irgendwann die beiden Jungs von Mercedes und von Ferrari auftauchen, also wird es nicht nur um unsere beiden Fahrer gehen.
„Toto“, wie steht es also um Mercedes aktuell?
„Toto“ Wolff: Zunächst einmal möchte ich ein Wort zu Franz sagen. Wir sind beide nicht nur Österreicher … wir haben eine gemeinsame Vergangenheit. Wir haben auf dem alten Österreichring mit dem Rennsport begonnen, wir waren beide Lehrer in der Walter Lechner Racing School … Franz war natürlich 45 Jahre vor mir dort! Wir haben uns eigentlich nur ein bisschen verpasst, um ein paar Jahre. Wir haben also einen langen Weg hinter uns und die Karriere ist erstaunliche. Es gibt nicht viele, die schon so lange dabei sind, also herzlichen Glückwunsch für wirklich alles!
Danke für diese Worte, aber wie steht es nun aktuell um den Mercedes W14?
„Toto“ Wolff: Ich denke, der Wagen hat einige Vorzüge, es ist nur sehr schwierig, es vom Setup her immer zu treffen. Wenn die Fahrer dem Wagen vertrauen, dann kann der Wagen schnell sein. Aber es ist ein Balanceakt, und wenn wir ein darüber hinaus sind, dann ist dieser Wagen wirklich schwierig.
Professor Wolff, Sie wurden zum Executive Fellow an der Harvard Business School ernannt. Was bedeutet das für Sie so?
„Toto“ Wolff: Zunächst einmal macht es meine Mutter sehr glücklich, weil ich sie mit meiner akademischen Karriere nicht stolz gemacht habe. Mein akademischer Minderwertigkeitskomplex, den ich mein ganzes Leben lang mit mir herumgetragen habe, wird also ein wenig gemildert. Aber im Ernst, es ist schon richtig interessant, denn ich habe nur durch einen Zufall angefangen, mit der Oxford Business School zusammenzuarbeiten. Wir hatten mit unserem Team eine Exkursion dorthin, kamen mit dem Professor ins Gespräch. Dann beschloss Harvard-Professor Elberse eine Fallstudie zu schreiben, und von da an war ich zwei Tage lang als Gastdozent in der Klasse und habe es wirklich genossen … es geht nicht nur darum, dass ich gerne rede, es ist ein Austausch. Das sind hochkarätige junge Fachleute, die viel wissen, und es geht in beide Richtungen. Wenn ich also alle paar Monate ein paar Tage in Boston bin, lenkt es mich von der Formel 1 ab, zudem habe ich das Gefühl, dass ich durch den Austausch mit klugen, jungen Leuten viele gute Ideen zur Formel 1 habe. Darum habe ich es genossen, und es sind nur zehn, zwölf Tage im Jahr.(FIA/SW)
Foto: Franz Tost, Christian Horner, Toto Wolff Copyright FIA