Philipp Schiemer: „Wir setzen hier ganz klar auf zusätzliche Performance“.
Ist der Motorsport in der heutigen Zeit für die Automobilhersteller wirklich noch ein Muss? Bei Daimlers Performance-Division AMG ist es zumindest nicht abwegig, der Transfer von der Rennstrecke in die Serie ist gegeben. Und AMG wird auch immer für ein wenig Unvernunft stehen, gibt Philipp Schiemer im Gespräch zu bedenken. Doch der P3-Antriebsstrang zeigt, was ein Formel 1-Team so bewirken kann.
Herr Schiemer, was bedeutet das Project One für die Marke AMG?
Philipp Schiemer: Das Projekt hat eine unglaubliche Strahlkraft, es gibt auch einen Technologie-Transfer zwischen AMG und unseren F1-Kollegen. Beispielsweise bei der High-Performance-Batterie, die ja ursprünglich aus der Formel 1 kommt, jetzt im Project One verbaut wird und sich im Hybrid-Antriebsstrang P3 wiederfinden wird.
Würden Sie so ein Projekt noch einmal aufsetzen?
Philipp Schiemer: Ich glaube, man kann davon ausgehen, dass es so ein extremes Projekt nie wieder geben wird. Nicht zuletzt wegen der gesetzlichen Anforderungen, die sich in den letzten Jahren noch einmal deutlich verschärft haben. Der Aufwand dafür ist unwahrscheinlich groß. Wir wollen ja Autos bauen, die überall zugelassen werden können.
Was zeichnet den neuen AMG-Hybridantriebsstrang P3 auf der Straße aus?
Philipp Schiemer: Wir setzen hier ganz klar auf zusätzliche Performance, die wir durch diese Technologie erzielen können. Die Batterie verliert niemals den Boost, wir haben eine sehr, sehr hohe Dauerbelastbarkeit. Da wird nicht nach ein paarmal Gasgeben die Leistung heruntergeregelt. Wir werden auch reale Verbrauchsvorteile sehen, und zwar in der Größenordnung von 10 bis 20 Prozent. Bis 130 km/h wird man auch vollelektrisch fahren können.
Sie haben diese Hybridisierung für Vier- und Achtzylinder angekündigt. Was geschieht mit den Sechszylindern?
Philipp Schiemer: Diese Motoren sind überhaupt keine reinen AMG-Motoren. Den P3-Antriebsstrang haben wir auf Basis unserer AMG-eigenen Motoren ausgelegt.
Es wird also auch in der Zukunft nicht jeder AMG ein Plug-in-Hybrid oder ein Elektroauto sein? Darf man dies so interpretieren?
Philipp Schiemer: Nein. Es wird zwar jedes Fahrzeug eine Form der Hybridisierung haben, aber dazu gehören eben auch in der Zukunft 48-Volt-Hybride ohne Plug-in-Funktionalität. Auch beim SL, der ja immer schon ein AMG sein wird? Wir werden beim SL tatsächlich unterschiedliche Varianten anbieten.
Wird denn der SL so scharf positioniert wie die anderen AMG-Modelle?
Philipp Schiemer: Wir werden den SL, eine komplette Eigenentwicklung wie der GT, ausgewogen positionieren … und zwar mit einer kompletten Abstimmung, die extrem sportlich oder auch komfortabel gewählt werden kann. Das wird auch ein Auto zum Cruisen, aber man darf bitte niemals vergessen, dass die Wurzeln von SL im Rennsport liegen. Das soll und wird so bleiben.
Wie grenzen Sie den SL vom GT Roadster ab?
Philipp Schiemer: Wenn wir den SL einführen, wird der GT Roadster auslaufen. Das GT Coupé wird aber weitergebaut, genauso wie der Viertürer, der ja ein Facelift und als Spitzenmodell unseren P3-Antriebsstrang mit einem V8-Motor erhält.
Wie sieht ihre Strategie für die Gesamtmarke AMG aus?
Philipp Schiemer: Es ist unsere große Aufgabe, die sehr erfolgreiche Strategie ins Elektro-Zeitalter zu führen und neben der Stammkundschaft auch eine jüngere und zunehmend weiblichere Kundschaft anzusprechen. Eines steht aber auch fest: Wir werden nicht politisch korrekt sein.
Abschließend Herr Schiemer möchte ich nach den synthetischen Kraftstoffen fragen: Wäre das nicht eine gleichwertige Alternative zur Elektrifizierung?
Philipp Schiemer: Wir unterstützen auch dieses Thema. Doch die Elektrifizierung hat Vorrang. (ampnet/SW)
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