Nathalie Schneitter: „Mir fehlt noch ein Sieg bei der E-Bike World Tour.
Nathalie Schneitter war bis 2016 eine überaus erfolgreiche Mountainbikerin, primär im Cross Country trumpfte die Schweizerin national und international auf. Nach dem aktiven Ende blieb die mehrfache Schweizer Meisterin dem Sport aber erhalten, als Expertin am Mikrofon oder als Mitorganisatorin von Rad-Events. Im Jahr 2019 dann das Comeback mit dem E-Mountainbike samt dem Titel bei der Weltmeisterschaft.
Nathalie, Du warst erfolgreich im Cross Country bis zu Deinem Rücktritt 2016. Du hast einen Wirtschaftsabschluss, und trotzdem 2019 dann Dein Comeback. Nicht auf dem Mountainbike, sondern auf dem E-Mountainbike. Wie kam es zu dem Comeback? Warum wolltest Du bei dieser neuen Sportart dabei sein?
Nathalie Schneitter: Ich bin ein neugieriger Mensch und vertrete die Ansicht, dass man etwas erst beurteilen kann, wenn man es ausprobiert hat. Zu Beginn war ich sehr kritisch, war aber neugierig genug es zu probieren. Ich habe schnell bemerkt, dass meine 16 Jahre Erfahrung aus dem Cross Country bei dieser jungen Sportart zum Teil nicht nur helfen. Ich habe mich wie eine Juniorin gefühlt, die den Sport von Null lernen musste. Der neue Sport fasziniert mich, weil er sehr komplex ist.
Du bist 2019 auch gleich Weltmeisterin geworden. Genauer: Du bist die erste Weltmeisterin! Aus dem Ruhestand ins Regenbogentrikot. Wie geht so etwas?
Nathalie Schneitter: Rennsport ist immer sehr viel Detailarbeit. Training für Fitness, Kraft und Fahrtechnik sind auf dem E-Bike genauso wichtig, wie in jedem anderen Sport auch. Zudem muss ich mein E-Bike verstehen, um es optimal einsetzen zu können. Ich bin also nicht vom Bürostuhl direkt Weltmeisterin geworden. Nein: Ich habe mich diesem Projekt verschrieben und alles dafür gegeben.
Bis heute bist Du noch aktiv. Was fasziniert Dich an der jungen Sportart?
Nathalie Schneitter: E-MTB-Rennen sind reine Teamarbeit: Mensch und Maschine müssen als Team agieren. Nur wenn ich das Optimum aus den Fähigkeiten meines E-Bikes herauskitzeln kann, sind wirals Team auch erfolgreich. Zudem werden mit dem E-Mountainbike die Grenzen des vorher machbarenverschoben. Wir können steile Aufstiege mit Hindernissen überwinden, die sonst als unfahrbar galten.
Einmal sportlich betrachtet: Wie unterscheiden sich diese beiden Sportarten?
Nathalie Schneitter: Grundsätzlich sind E-MTB-Rennen nicht groß unterschiedlich von MTB-Rennen ohne Motor. Der Unterschied liegt primär in den Kursen: Mit dem E-Mountainbike kann man bergauf fahrtechnische Herausforderungen meistern, die ohne Motor nicht fahrbar wären. Man fährt auch mit dem E-Mountainbike Vollgas in den Rennen, nur setzt man die Kraft mit Köpfchen da ein, wo es einfach Sinn macht. Ich fahre zum Beispiel eine relativ hohe Trittfrequenz, weil mein Motor von Bosch eBike Systems so am effizientesten in einem Rennen arbeitet.
Auch beim E-Mountainbike wirst Du ohne Training nicht auskommen. Hat sich Dein Training irgendwie verändert? Und wie sieht Dein Training so aus?
Nathalie Schneitter: Ausdauer und Kraft sind zentral. Dazu muss man als E-Bikerin auch fahrtechnisch auf der Höhe sein. Das Training hat sich nicht so viel verändert, wobei ich doch mehr Oberkörpermuskulatur benötige, um das schwerere E-Bike im Gelände steuern zu können. Und ich trainiere Fahrtechnik vermehrt bergauf.
Seit diesem Sommer gibt es die E-Bike World Tour. Es gibt drei Stationen, in atemberaubenden Landschaften. Welches sportliche Niveau hat diese Serie?
Nathalie Schneitter: Die E-Bike World Tour veranstaltet definitiv die härtesten E-MTB-Rennen der Welt. Etappenrennen über mehrere Tage. Eine Renndauer von bis zu sechs Stunden pro Tag und bis zu 5.000 Höhenmetern sind dabei normal. Die E-Bike World Tour bewegt sich im hochalpinen Gelände, das von uns Athletinnen und Athleten extrem viel abverlangt. Ich kann sagen, dass die E-Bike World Tour uns in Sachen Ausdauer, Kraft und Fahrtechnik bis aufs Äußerstefordert.
Was sind Deine sportlichen Ziele in dieser Saison und für die Zukunft?
Nathalie Schneitter: Beim ersten Stopp der E-Bike World Tour hatte ich zu Beginn des Rennens mit einem technischen Defekt zu kämpfen und kam auf demzweiten Platz ins Ziel. Ich habe noch immer kein Rennen der E-Bike World Tour gewinnen können, das soll sich aber sehr bald ändern. Zudem werde ich natürlich auch bei der Weltmeisterschaft am Start sein und will im Kampf um das Podium dabei sein. (TX)