Mattia Binotto, Günther Steiner und „Toto“ Wolff: „Der Kompromiss zählt“.
Von Silverstone geht es für die Formel 1 direkt in die Steiermark. Und was allein die Rundenzeit angeht, ist Spielberg die schnellste Runde im Jahr. Der Rekord steht seit 2020 bei 1:02.939 Minute (Valtteri Bottas). Mit 4,138 Kilometer ist der Red Bull Ring länger als Monaco, Zandvoort, Mexiko-Stadt sowie Interlagos. In der virtuellen PK: Mattia Binotto (Ferrari), Günther Steiner (Haas) und „Toto“ Wolff (Mercedes).
Was sagen Sie zur Sitzung der F1-Kommission?
Günther Steiner: Zufrieden, dass es zu einem Ergebnis kam … es hat eine Weile gedauert, aber am Ende haben wir einen Kompromiss gefunden. Was immer gut ist! Der Kompromiss ist, dass wir alle nicht richtig glücklich damit sind. Aber wir machen weiter. Und das ist das Wichtigste für die Formel 1.
Mattia Binotto: Ich sehe es ganz ähnlich wie Günther. Es war positiv, weil wir eine Entscheidung getroffen haben, denn in der letzten F1-Kommission haben wir sehr viel diskutiert, ohne eine Entscheidung zu treffen. Was das Timing angeht, war es in letzter Sekunde. Einige Teams haben in diesem Jahr bereits die Budgetobergrenze überschritten. Es war also wichtig, einen Kompromiss zu finden. Daher möchte ich dem kleinsten Team meinen Dank aussprechen, denn es hat sich umfassend und konstruktiv eingebracht. Natürlich ist man als großes Team immer auf der Suche nach mehr, aber ich denke, dass dieser Kompromiss gut genug ist.
„Toto“ Wolff: Es ist zu wenig für die großen Teams, denke ich persönlich, weil die Energiepreise, die Inflation und die Frachtkosten in die Höhe schießen, aber es ist zu viel für die kleinen Teams. Wie Günther es schon sagte, niemand ist so wirklich glücklich und ich denke, das ist ein gutes Ergebnis.
Günther, Silverstone war ein gutes Rennen für das Team und natürlich auch für Mick Schumacher. Wie wichtig waren die Punkte?
Günther Steiner: Ich denke, Punkte sind immer wichtig für jeden Pilot. Jedoch vor Silverstone wurde viel Druck auf ihn ausgeübt … nicht nur auf ihn, sondern auf das ganze Team. Es gibt viele Leute, die alles in Frage stellen, was wir gemacht haben. Ich denke also, es ist eine Erleichterung. Aber ich denke auch, dass es für ihn mehr als nur eine Erleichterung ist, dass er darüber einfach glücklich ist. Er hat nun seine ersten Punkte gemacht, und er hat sie sich auf der Strecke verdient.
Hat er seit Monaco seine Abläufe verändert?
Günther Steiner: Ja, er hatte keine Unfälle mehr und er hat Punkte geholt … aber ohne Flachs: Offensichtlich gab es wohl eine Veränderung in die richtige Richtung. Warum das passiert ist, kann ich nicht erklären. Aber es ist so, wie ich immer gesagt habe: Mit dem Nachnamen ist Druck verbunden.
Mattia, wir müssen natürlich über Silverstone sprechen. Der Sieg von Carlos Sainz ist toll, aber die Strategie wird angezweifelt …
Mattia Binotto: Wenn man sich die Strategie vor dem Safety-Car anschaut, hatten wir den schnellsten Wagen auf der Strecke. Wir baten Carlos, seine Positionen mit Charles zu tauschen. Was unserer Meinung nach die richtige Entscheidung war, da Charles der schnellste Wagen auf der Strecke war. Carlos hat es sofort getan und damit wieder einmal gezeigt, dass wir im Team ein gemeinsames Ziel haben. Und dann beim Safety-Car gilt unsere Priorität im dem führenden Wagen, in diesem Fall also Charles. Aber es gibt so viele Varianten und man weiß nie, was die anderen in so einem Fall machen. Und wir ließen Charles draußen, weil wir es an dem Punkt im Rennen für die beste Lösung hielten. Und für Carlos haben wir bewusst eine andere Strategie gewählt, um eine andere Wahrscheinlichkeit zu spielen. Doch wenn wir mit Charles ebenfalls gestoppt hätten, was hätte dann Mercedes mit Hamilton gemacht? Ich weiß es nicht … aber das ist das Problem, es gibt viele Optionen.
Wie frustriert war Charles Leclerc danach?
Mattia Binotto: Charles war sehr enttäuscht, frustriert und unglücklich, genau wie wir. Ich denke, seine Enttäuschung ist unsere Enttäuschung, denn vor dem Safety-Car führte er das Rennen wieder einmal an. Ich kann seine Stimmung verstehen, denn er kämpft um die Weltmeisterschaft, irgendwie hatte er in den letzten Rennen aber Pech. Er ist ein Champion. Er hat bewiesen, wie stark er ist. Er ist ein absolut unglaubliches Rennen gefahren, nicht nur am Ende, als er seine Position so gut wie möglich verteidigt hat. Sondern auch, wie er mit einem krummen Wagen über die gesamte Renndistanz gefahren ist. Und trotz der Frustration hat er Carlos gratuliert und sich mit ihm über dessen Sieg mitgefreut.
„Toto“, Mercedes ist zurück. Wie fühlt sich das an?
„Toto“ Wolff: Ich denke, wir sind froh, dass wir einen konkurrenzfähigeren Wagen haben. Wir beginnen, langsam einiges zu verstehen. Ich glaube, die beiden Piloten haben mehr Spaß daran, diesen Wagen zu fahren. Mit dem Medium-Reifen waren wir in Silverstone konkurrenzfähig. Doch dann kam das Safety-Car.
Was wird am Wochenende möglich sein?
„Toto“ Wolff: Ich denke, wir hatten im Qualifying ein konkurrenzfähigen Wagen. Die Runde, die letzten Kurven von Lewis, waren die schnellsten insgesamt. Hätten wir um die Pole gekämpft? Ich bin mir nicht sicher, aber wir wären vielleicht innerhalb eines Zehntels zur Spitze gewesen, und das auf einer Strecke, auf der unser Wagen zuvor nicht wirklich glücklich war. Das ist also eine schöne Verbesserung. Und ich habe lieber zwei Wagen in der Mauer samt Kämpfen um die Pole, als einen Wagen, der auf P8 steht und auf der Stelle rumfährt. (FIA/SW)