Markus Ertelt: „Wenn ich Sport mache, dann bin ich manchmal wie ein Bekloppter“.
Markus Ertelt ist ein wahrer Tausendsassa. Neben der Schauspielerei (u.a. Tatort, Sturm der Liebe, GZSZ), nimmt der Vater von Zwillingen an Extremhindernisläufen teil, veranstaltet das „Getting-Tough-Race“, macht jeden Montag eine Instagram-Live-Talkshow, schreibt ein Buch über Fitness und hat dann noch Zeit gefunden, mit „sportflash.online“ ein Interview zu führen. Es gab viel zu besprechen!
Markus, was bedeutet für Dich Sport?
Markus Ertelt: Sport ist für mich neben meinem Beruf die größte Leidenschaft. Früher habe ich überlegt, in welche Richtung geht es, vielleicht ein Sportstudium, aber dann habe ich mich für den Schauspielerberuf entschieden. Als Jugendlicher und während meines Studiums habe ich als Trainer gearbeitet. Sport hat noch heute einen großen Stellenwert für mich. Mein Tag beginnt mit einer Tasse Kaffee und dann folgt auch schon ein Workout. Wenn ich es zwei oder drei Tage nicht mache, dann fehlt mir etwas und ich werde unausgeglichener.
Was machst Du, wenn Du für die Schauspielerei auf Drehs bist? Hast Du dann dafür Zeit?
Markus Ertelt: Tatsächlich nehme ich mir dann die Zeit. Wenn der Dreh um sechs Uhr anfängt, dann stehe ich früher auf. Ich bin sowieso ein Frühaufsteher. Wenn andere noch schlafen, dann nutze ich die Zeit und mache meinen Sport.
Kannst Du die Kollegen an den Sets motivieren, dass sie mitmachen?
Markus Ertelt: Es ist schwierig … die meisten fragen aber recht schnell. Ich falle ja damit auf. 2019 habe ich bei GZSZ ein halbes Jahr gedreht und dann habe ich in den Mittagspausen meinen Sport gemacht. Den einen oder anderen konnte ich begeistern und ich versuche die Kollegen schon anzustacheln. Man hat ja immer eine Vorstellung von Menschen, die das machen, aber gerade die, von denen man es denkt, dass sie es nicht machen würden, die machen dann mit.
Bist Du einer, der nur Sport treibt oder beobachtest Du den Sport auch in den Medien?
Markus Ertelt: Ich habe leidenschaftlich Boxen verfolgt. Bis nach den Klitschkos … in der Zeit mit Henry Maske, Dariusz Michalczewski, Axel Schulz habe ich sehr viel geguckt. Eine Zeit lang habe ich gerne Basketball geschaut mit Detlef Schrempf so Mitte der Neunziger … dazu bin ich großer Leichtathletikfan und hin und wieder Fußball. Ich bin sportbegeistert.
Seit einiger Zeit machst Du schon auf https://instagram.com/markus_ertelt den Montagstalk. Sprichst Du da mit Deinen prominenten Gästen auch über Sport?
Markus Ertelt: Ja, auch über Sport. Ich habe viele prominente Sportler mit an Bord. Da ich eine Community mit ihren Fragen in diesen Talk mit einbeziehe, kommen dadurch auch Fragen zum Sport. Zum Beispiel, wie ich meine Muskeln aufbauen kann oder was ich für meine Kondition tun kann?
Zu wieviel Prozent bist Du Schauspieler, zu wieviel Prozent bist Du Sportler?
Markus Ertelt: Ich bin beides zu 110 Prozent … wenn ich Sport mache, dann bin ich manchmal wie ein „Bekloppter“. Ich tanze immer auf zu vielen Hochzeiten und habe Interesse, andere Dinge auszuprobieren. Ich wollte boxen. Meine Eltern fanden das nicht so toll. Dann habe ich Leichtathletik gemacht. Mit 14 Jahren zusätzlich Taekwondo und habe sehr lange gekämpft. Anschliessend bin ich zum Kickboxen gekommen, übrigens eine spannende Sportart aufgrund des Trainings. Per Zufall bin ich dann beim Hindernislaufen gelandet, das habe ich in den letzten zehn Jahren sehr aktiv gemacht.
Was heißt Zufall? Bist Du beim Joggen über eine Mülltonne gesprungen und hast es toll gefunden?
Markus Ertelt: Der Anfang war heftig. Ich war 28 und hatte meine ganz eigenen Vorstellungen von Hindernisläufen gehabt. Sehr, sehr nah am militärischen Drill … Hindernislaufen ist die mit am meisten wachsende Sportart. Es gibt auf der ganzen Welt professionelle Wettkämpfe. Ich selber war in ganz Europa unterwegs und in den USA beim World Toughest Mudder. Am Anfang gab es nichts und wir sind über jeden Ast gesprungen, in jeder Fütze haben wir uns gesuhlt. Das meiste dann im Winter, wenn die äußeren Bedingungen nicht so schön sind.
Du bist sogar Weltmeister …
Markus Ertelt: 2017 bin ich Teamweltmeister geworden.
Damals in Las Vegas, eine Runde 8 Kilometer lang, 21 Hindernisse … 24 Stunden lang …
Markus Ertelt: Ich hatte am Ende 25,5 Stunden auf dem Konto, weil man eine angebrochene Runde zu Ende laufen darf.
Das ist dann der „World Toughest Mudder“ … was steckt sonst dahinter?
Markus Ertelt: Es sind so 1.700 bis 2.000 Teilnehmer. Allerdings sind nur 10 bis 15 Prozent auf den Wettkampf aus. Der Rest läuft, um das zu erleben, wie es sich anfühlt 24 Stunden auf den Beinen zu sein. Wir haben Hindernisse, die ähnlich dem Ninja-Warrior-Parcours und auf insgesamt 21 Kilometer ausgedehnt sind. Nach einer Laufstrecke zwischen 500 und 800 Meter kommt wieder ein Hindernis. Es sind Hangelhindernisse, Kletterhindernisse, Tauchhindernisse, Seile dabei. In Las Vegas gab es noch eine 13 Meter hohe Klippe, von der man dann ins Wasser springen musste und einen Trageparcours, wo man etwas tragen musste. Alles dabei, mit dem man den ganzen Körper fordern kann.
Klingt schon stressig …
Markus Ertelt: Wenn Du mich für 25 Stunden zum Laufen in die Wüste geschickt, hättest, dann hätte ich gesagt, dass Du einen Vogel hast. Mit Hindernissen ist es ziemlich abwechslungsreich.
Wie sieht denn so ein Team aus? Wechselt Ihr Euch ab?
Markus Ertelt: Du läufst 25 Stunden! Ja, es gibt auch einen Staffelwettbewerb, aber ich bin mit einem Partner zusammen komplett gelaufen. Klar, Du hast mal die Situation, wo du sich mal hinsetzt, Wasser trinkst, Dich umziehst, aber im Prinzip bist du Immer auf den Beinen.
Wie viele Tage danach spürst Du noch die Strapazen?
Markus Ertelt: 2017 war es die Hölle! Ich hatte gut zwei Monate keine Lust auf irgendetwas gehabt. Ich war ziemlich durch. Die letzte Runde werde ich niemals vergessen. Nach 24 Stunden noch mal 8 Kilometer laufen, wo Du eigentlich keinen Schritt mehr gehen kannst. Aber in der Gewissheit, dass man nach dieser Runde gewinnt, ging es irgendwie. Es war eine Höllenrunde!
Weißt Du noch, was Du gedacht hast, als Du als Sieger nach so langer Zeit durch das Ziel gelaufen bist?
Markus Ertelt: Interessanterweise war das nicht mein bester Tag. Ich hatte schon beim Startschuss das Gefühl, dass das nicht mein Tag war. Darüber hatte ich mich vier, fünf Stunden geärgert. Ich konnte auch nicht so richtig gut essen und trinken. Nach sechs Stunden hatte ich für mich dann die Entscheidung getroffen, dass ich mein eigenes Rennen mache. Meinem Partner Felix sagte ich, dass ich es nicht schaffen würde und dass er durchziehen sollte. Daraufhin hatte er mir eine richtige Ohrfeige gegeben, eine richtig geklatscht! Dann versuchte ich mich durchzuboxen, irgendetwas zu essen. So hatte ich mich durchgekämpft. Es war kein schöner Wettkampf … aber am Ende hatte es gereicht!
Wie sah so eine neunmonatige Vorbereitung aus? In Stuttgart zu Hause sind die Bedingungen anders als in der Wüste von Las Vegas …
Markus Ertelt: Man muss immer an seinen Schwächen arbeiten. Hindernisse lagen mir schon immer recht gut. Ich bin nicht der schlechteste Turner und habe auch eine Zeit intensiv trainiert. Das Problem ist, dass ich für einen Langstreckenläufer viel zu stabil und muskulös bin. Zu 90 Prozent habe ich meine Zeit mit Laufen verbracht. Ich habe geschaut, dass ich zwischen 110 und 200 Kilometer in die Woche packe. Dazu habe ich so einen Ganzkörper-Wetsuit gekauft und bin damit in den letzten Monaten gelaufen, um so ein Hitzegefühl zu bekommen. Aber im November in der Wüste ist nicht die Hitze so das Problem, sondern, dass es nachts sehr kalt ist.
Wie oft hast Du teilgenommen?
Markus Ertelt: Ich war dreimal dabei. 2015 sind wir mit einem großen Team gestartet und sind sogar überraschend Vize-Weltmeister geworden. 2016 bin ich Fünfter geworden und dachte mir, dass ich kurz vor meinem 40. Geburtstag das noch einmal machen muss. Mit Familie ist es auch schwierig, denn der Zeitaufwand ist brutal. Das sind 20 Stunden in der Woche, die man dafür Zeit nehmen muss, fast wie bei einem Triathleten.
Dann bist Du noch der Gründer vom „Getting tough-Race“ …
Markus Ertelt: Die Idee kam vom „Tough Guy“, dem ältesten Hindernislauf der Welt, den es seit 1987 in England gibt. Ich bin da 2009 zum ersten Mal gestartet und war Feuer und Flamme. Das war genau das, was ich immer gesucht hatte. Ein Jahr später haben wir gesagt, so etwas brauchen wir auch in Deutschland. 2011 haben wir mit „Getting Tough“ angefangen und hätten jetzt zehnjähriges Jubiläum, wenn Corona nicht dazwischen gekommen wäre.
Wie bist Du auf Rudolstadt bei Jena gekommen? Das liegt nicht gerade vor den Toren Stuttgarts …
Markus Ertelt: Wenn man so etwas auf die Beine stellt, dann braucht man Partner, die auch ein wenig so ticken, wie man selber. Ich hatte beim Laufen einen tollen Partner, einen Polizisten aus Rudolstadt, der den gleichen Anspruch hatte, so einen Lauf nach Deutschland zu holen. Wir brauchten etwas mit Hügeln, sehr viel Wasser und eine Region, die das unterstützt. Im Schwabenländle, in Stuttgart ist man sehr satt, was Veranstaltungen anbelangt. In Rudolstadt sind wir zumindest auf ein paar offene Ohren gestoßen.
Vor zehn Jahren habt ihr mit „Getting Tough“ Angefangen, wie hat es sich bis heute entwickelt?
Markus Ertelt: Überraschenderweise hatten wir beim ersten Mal schon über 600 Teilnehmer. Es kam dann ganz Rudolstadt zum Zuschauen. Die dachten, es bricht Krieg aus und es gibt Tote und Verletzte, dann mit Stacheldraht, robben, kalter Winter … natürlich ist nichts passiert, nichts schlimmeres als bei jedem Stadtlauf. Es waren zwischen 4.000 und 5.000 Leute da. Mittlerweile sind wir ausgebucht mit bis zu 3.500 Startern und zwischen 15.000 und 20.000 Zuschauern.
Dann kam Corona und ihr musstet für 2020 alles komplett absagen. Da es eine Winterveranstaltung ist, wie plant ihr 2021?
Markus Ertelt: Es soll am ersten Dezemberwochenende stattfinden und wir gehen davon aus, dass es dieses Jahr klappt. Immerhin konnten wir das Sommerevent in Oberhof 2020 mit einem Hygienekonzept durchführen. Oberhof ist eine Sportregion, die ticken anders, haben uns unterstützt. Wir hatten es geschafft, eine Veranstaltung mit 1.000 Teilnehmern durchzuziehen. Ich gehe davon aus, dass wir wieder Mitte August in Oberhof mit einem Hygienekonzept starten werden und dann bin ich auch optimistisch, dass es im Dezember auch klappen wird. So optimistisch sollte man schon sein.
Du hast ja einen Tag, der voll ist. Du hast den Sport, die Schauspielerei und Du hast ja auch noch Zwillinge … alles extrem … was hast Du noch für Ziele, was hast Du noch vor?
Markus Ertelt: Ich schreibe gerade an meinem Sportbuch. Es ist bald fertig. Der Arbeitstitel heißt: 365 Tage fit! Ich kann nichts richtig gut, aber viele Sachen nicht so schlecht. Das hat dazu geführt, dass man eine gewisse Physis bekommt. Nicht so wie ein Bodybuilder, der schafft es nicht, fünf Kilometer zu laufen. Oder wenn ein Marathonläufer 50 Kilogramm heben muss, das funktioniert nicht. Über die Jahre habe ich ein gutes System gefunden. Das habe ich versucht, für mich festzuhalten. Vorher habe ich sehr viel ins Blaue herein trainiert.
Das Buch ist nun auch fast fertig. Dann noch ein Buch?
Markus Ertelt: Vielleicht zum Thema Motivation. Das hat mich immer interessiert und darüber habe ich auch immer mit spannenden Leuten gesprochen. Zum Beispiel mit Axel Schulz, wie man mit einer Niederlage umgeht. Wenn man betrogen wird und den Elan bekommt, weiter zu machen. Ich hätte gerne noch ein, zwei Wettkämpfe, die ich machen würde.
Was ist denn mit Ninja Warrior?
Markus Ertelt: 2018 habe ich bei der Show „Showdown – Die Wüstenchallenge“ mitgemacht. Das war für mich persönlich der beste Wettkampf. Dadurch habe ich Lust bekommen, auch mal durch den Ninja-Warrior-Parcours zu gehen. (OD)