Lucas di Grassi und René Rast: „Dieses Kribbeln hast du bei keiner Testfahrt“.
Die Formel E ist in ihre neue Saison, die allererste als offizielle Weltmeisterschaft der FIA, gestartet. Doch die Audi-Piloten Lucas di Grassi und René Rast sprechen im Interview nicht über die Nachtrennen zum Auftakt in Saudi-Arabien, es geht mehr um die lange Pause ohne Rennen, über das besondere Kribbeln vor dem Start, ein Versprechen an die Fans und ganz besondere Freizeitbeschäftigungen.
Hand aufs Herz: So lange ohne ein Rennen in der Formel E, wie war diese Zeit für Sie?
Lucas di Grassi: Wenn man es genau nimmt, sind wir in der Formel E innerhalb eines Jahres nur eine Woche Rennen gefahren. Natürlich waren wir beim Testen, aber das ist nicht das Gleiche, denn es fehlt die ganze Routine bei der Vorbereitung auf einen Renntag, die Anspannung, das Adrenalin. Es wird also höchste Zeit, dass das alles wiederkommt.
René Rast: Für mich war die Pause ja zum Glück nicht so lang: Nach dem Finale der Formel E im August ging die DTM-Saison mit noch 16 Rennen erst richtig los und hat mit dem Titelgewinn im November ein richtig gutes Ende gefunden.
Was war das Ungewöhnlichste, das Sie in dieser Zeit angestellt haben?
René Rast: Vielleicht nicht besonders ungewöhnlich, aber richtig, richtig schön: Meine Verlobte und ich haben unserem Sohn das Skifahren beigebracht. Bei uns in Österreich waren unter allen geltenden Regeln die Skilifte für Einheimische geöffnet. Das haben wir genutzt, und mittlerweile macht er sich schon richtig gut.
Lucas di Grassi: Bei mir war es auf jeden Fall die Konzeption und Gründung einer Weltmeisterschaft für elektrische Scooter. Die Idee ist hier eine weltweite Rennserie mitten in den Städten, es gibt ein hohes Preisgeld und jede Menge Aufmerksamkeit für das Thema Mikromobilität. Ein wirklich aufregendes Projekt. Die Verkündung war im vergangenen Sommer, gerade laufen die ersten Tests und noch 2021 wollen wir das erste Rennen fahren.
Was vermissen Sie am meisten am Rennen fahren?
Lucas di Grassi: Den Druck, das Adrenalin und das Gefühl, mit meinem Rennauto am Limit zu sein …
René Rast: Dieses Kribbeln eine Minute vor dem Start, dass man ab jetzt ganz auf sich allein gestellt ist, dass gleich der Kampf beginnt, dass 45 Minuten wie zehn Sekunden vergehen, dieses Gefühl kriegst du bei keiner Testfahrt und bei keinem Tag im Simulator.
Lucas di Grassi: Und das Gefühl, nach einem erfolgreichen Rennen zum Podium zu gehen, am liebsten natürlich durch ein Meer von Fans, wie wir es hoffentlich bald wieder erleben.
Die beiden Nachtrennen in Diriyah bildeten den Auftakt der ersten Saison als offizielle Weltmeisterschaft. Was bedeutet das für Sie?
René Rast: Eine Weltmeisterschaft, allein dieses Wort ist etwas ganz Besonderes und löst in jedem Rennfahrer etwas aus. Ich zumindest habe davon schon immer geträumt und bin jetzt echt stolz darauf, ein Teil dieser WM sein zu dürfen.
Lucas di Grassi: Dieser Titel gibt der Formel E weltweit noch einmal eine größere Bedeutung. Für uns Teams und Fahrer ist der Druck genauso hoch.
Was können die Fans von der neuen Saison erwarten?
René Rast: Wenn wir das bloß selbst wüssten! Aber das macht die Formel E eben so einzigartig und ganz anders als beispielsweise die Formel 1: In der Formel E ist es immer turbulent, immer unvorhersehbar und mehr als die Hälfte aller Teams und Fahrer kann gewinnen.
Lucas di Grassi: Alles, was das Herz eines Motorsportfans begehrt, das können wir auf jeden Fall versprechen: Hartes Racing, enge Duelle, viele verschiedene Sieger und bestimmt auch einen bis zum Schluss spannenden Kampf um den dann ersten offiziellen Weltmeistertitel. (Audi/SW)