Jürgen Keller: „Die N-Modelle wollen und können wir uns erlauben“.
Hyundai kam 1991 als Low-Tec-Anbieter auf den deutschen Markt. Heute gehört die Marke mit 25 Modellen im Portfolio, darunter batterieelektrische mit 800 Volt Technik und Brennstoffzellen-Fahrzeugen zu den Innovationstreibern. Über den recht steilen Aufstieg nach oben sowie die Gründe, warum man an der IAA festhält, sprach die Autoren Union Mobilität mit Jürgen Keller, Hyundai-Geschäftsführer für Deutschland.
Herr Keller, nicht alle Hersteller sind auf der IAA Mobility vom 6. bis zum 12. September in München präsent. Hyundai schon. Was sind die Gründe?
Jürgen Keller: Die neue Form der IAA ist ein ideales Präsentationsfeld für unsere Marke, zumal wir in 2021 das 30-jährige Jubiläum in Deutschland begehen. 1991 ist Hyundai in Deutschland gestartet, am Anfang als asiatischer Underdog belächelt worden. Damals waren ganze vier Modelle im Programm, der Kleinwagen Pony, die Mittelklasselimousine Lantra, das sportliche S-Coupé und dann das Spitzenmodell Sonata. Hyundai konnte vor allem mit äußerst günstigen Preisen punkten, war aber eher ein Low-Tec-Anbieter. Heute gibt es 25 Modelle im Portfolio und sie bilden das komplette Spektrum der fortschrittlichsten Automobil-Technologien ab. Wir bieten saubere Verbrennungsmotoren, Hybrid-Fahrzeuge, batterieelektrische Autos und als eine der wenigen Marken in Deutschland auch einen Wagen mit Brennstoffzelle an. Die IAA ist die perfekte Bühne, das zu kommunizieren.
Hyundai hat in Deutschland zwar die meisten Brennstoffzellen-Autos auf die Straße gebracht, aber die Entwicklung scheint etwas in Stocken gekommen zu sein. Täuscht dieser Eindruck?
Jürgen Keller: Im Gegenteil. Wir haben über 500 Nexomit Brennstoffzelle verkauft, ein absoluter Spitzenwert in Deutschland. Aber es gilt wie beim batterieelektrischen Automobil das Henne-Ei-Prinzip. Kunden zögern mit der Anschaffung, weil es keine flächendeckende Versorgung mit Wasserstoff gibt, die Energieversorger warten ab, wie sich die Verkäufe entwickeln, um darauf ein Geschäftsmodell zu gründen. Die Errichtung einer Wasserstoff-Tankstelle kostet schnell einen sechsstelligen Betrag. Da wissen wir, wovon wir reden, wir haben ja eine eigene Station hier auf unserem Betriebsgelände in Offenbach gebaut. Aber auch für dieses Thema ist unser Auftritt auf der IAA in München wichtig. Im Rahmen der Messe werden wir unsere Visionen zur Zukunft der Mobilität und auch unsere Strategien zur Klimaneutralität vorstellen. Hyundai Motor wird zudem Gesellschafter bei H2 Mobility, einem Unternehmen, das seit 2015 den Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur in Deutschland voranbringt.
Dennoch leisten Sie sich beim Verbrennungsmotor noch Ausführungen, die so gar nicht der Nachhaltigkeit entsprechen. Die Zahl der hochmotorisierten N-Versionen, die sich eng an Ihre Motorsport-Aktivitäten anlehnen, nimmt zu. Jetzt ist gar ein SUV, der Kona N, mit einem 280 PS starken Vierzylinder-Turbo erschienen. Passt das zum Bild einer die Umwelt schützenden Marke?
Jürgen Keller: Die N-Modelle wollen und können wir uns erlauben. Sie zeigen, was Hyundai mittlerweile auf die Räder stellen kann und sprechen so Auto-Enthusiasten an. Das müssen sie vor dem Hintergrund sehen, dass unsere Technologien für die Nachhaltigkeit umfassend greifen. Nur in Deutschland liegt der Zulassungsanteil von elektrifizierten Fahrzeugen insgesamt bei 38 Prozent. Das betrifft Plug-In-Hybride und batterieelektrische Autos. Bei Hyundai liegt der Anteil bei 66 Prozent. Der Kona Elektro ist, gemessen an den Verkäufen, die Nummer 4 auf diesem Markt. Und der CO2-Durchschnittswert unserer Flotte liegt bei unter 100 g/km, das ist Platz 1 unter den nicht rein-elektrischen Marken in Deutschland.
Werden die Kunden nicht wählerischer? Fordern sie bei der Elektromobilität nun nicht kompetente Beratungen?
Jürgen Keller: Das ist in der Tat heute wirklich so. Wir schulen deshalb nicht nur die Servicetechniker, damit sie die Arbeiten an den Elektrofahrzeugen zuverlässig und sicher erledigen können, sondern auch die Verkäufer. EV-Coaching nennen wir das. So kann das Personal kompetent beraten und die regionalen Besonderheiten berücksichtigen. Da geht es nicht nur um die Ladeinfrastruktur, sondern auch noch um die Förderungen durch die öffentliche Hand oder durch die Energieversorger.
Wie sehen die nächsten Ziele von Hyundai in Deutschland derzeit aus?
Jürgen Keller: Wir wollen erstmal im Flottengeschäft stärker werden. Heute stehen wir vor allem bei privaten Kunden auf der Einkaufsliste, dorthin wollen wir verstärkt auch bei den gewerblichen Abnehmern kommen. Außerdem widmen wir uns wieder dem boomenden Markt für leichte Nutzfahrzeuge. Schon bald zeigen wir den Staria, zunächst als People-Movermit bis zu sieben Sitzen, später auch als Transporter. Später ist er dann natürlich auch mit Brennstoffzelle geplant. Damit sammeln wir im Nutzfahrzeugsegment bereits erste Erfahrungen. In der Schweiz werden bis 2024 im Rahmen eines Pilotprojektes rund 1.600 Lastwagen mit diesem Antrieb bei Kunden im Einsatz sein, in München ist ein Wasserstoff-Linienbus von Hyundai unterwegs. Auch der wird bei der IAA seinen Auftritt haben! (ampnet/SW)
Fotos: Copyright Hyundai
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