Florian Modlinger: „Für Porsche war es eine erfolgreiche Saison“.
Das TAG Heuer Porsche Formel E-Team feierte in der gerade erst abgelaufenen Saison vier Siege mit dem Porsche 99X Electric. Insgesamt war es die beste Saison in der Formel E für die Mannschaft des deutschen Sportwagenbauers. Die Truppe aus Weissach kämpfte bis zum letzten Rennen in London um den Titel. „Wir sind als Team stärker geworden“, sagt Florian Modlinger, Gesamtprojektleiter Formel E.
Herr Modlinger, wie sieht die Saisonbilanz aus?
Florian Modlinger: Für Porsche war es eine erfolgreiche Saison, weil wir mit dem Porsche 99X Electric ein siegfähiges Fahrzeug entwickelt haben und als Team im Vergleich zum Vorjahr stärker geworden sind. Wir sind zu einem Topteam gereift. Mit vier Siegen haben wir uns in der Spitze festgesetzt. Trotzdem haben wir jedoch nicht das erreicht, was wir uns vorgenommen hatten und was erreichbar gewesen wäre. Wir werden das alles sauber analysieren und versuchen, in der neuen Saison noch einen Schritt nach vorne zu machen.
Wie groß ist die Enttäuschung, dass es trotz guter Voraussetzungen doch zu keinem Weltmeistertitel gereicht hat? Was waren die Ursachen?
Florian Modlinger: Ausschlaggebend war unsere Qualifying-Performance speziell an den beiden letzten Rennwochenenden in Rom und vor allem in London. Unsere Rennperformance war sehr gut, wie wir im ersten Rennen in London wieder einmal gesehen haben, als António sensationell vom P17 auf P2 gefahren ist. In der Team- und in der Fahrerweltmeisterschaft nur den vierten Platz erreicht zu haben, ist eine Enttäuschung, wenn man bedenkt, dass wir die Teamweltmeisterschaft die meiste Zeit angeführt haben und nur zeitweise auf den zweiten Platz zurückgefallen waren. Für uns wäre in dieser Saison deutlich mehr möglich gewesen.
Und was waren trotzdem die Highlights 2023?
Florian Modlinger: Da fällt mir die starke Mannschaftsleistung in Hyderabad ein. Trotz des schweren Trainingsunfalls von Pascal haben wir im Rennen P3 und P4 erkämpft. Das war ein sensationeller Erfolg. Höhepunkte waren natürlich die Siege. Ich denke da vor allem an Kapstadt, wo António mit einer sensationellen Aufholjagd und spektakulären Überholmanövern seinen ersten Sieg als Porsche-Werksfahrer holte. Und an Jakarta, wo Pascal mit einem beherzten sowie fehlerfreien Rennen gezeigt hat, was er wirklich alles leisten kann. Der Double Header in Diriyah war für Pascal sensationell. Beide Rennen auf der Strecke zu dominieren und zu gewinnen, war in meinen Augen nur faszinierend.
Warum hat es für Pascal Wehrlein am Ende nicht ausgereicht?
Florian Modlinger: Pascal war der einzige Fahrer, der in dieser Saison nur einen Nuller hatte und sonst bei allen Rennen in den Punkten war. Doch er hat zu wenige „Big Points“ gemacht. Er hat zwar drei Rennsiege, doch was Podiums betrifft, war er nicht ganz vorne dabei. Er hat oft auf den Plätzen sechs bis zehn gepunktet, und das war bei der enormen Leistungsdichte im Feld zu wenig. Keiner war öfter in den Punkten als er, doch er war nicht immer weit genug vorne. Wir müssen daher daran arbeiten, künftig öfter „Big Points“ mit nach Hause zu nehmen.
Das Kundenteam Avalanche Andretti hat zwei Rennen und mit Jake Dennis im Porsche 99X Electric die Fahrerweltmeisterschaft gewonnen. Was sagst Sie zu dieser starken Leistung des Kundenteams?
Florian Modlinger: Avalanche Andretti und Jake Dennis haben das Paket, das wir ihnen zur Verfügung gestellt haben, maximal genutzt. Herzlichen Glückwunsch. Wir sind stolz darauf, dass sie diese Erfolge mit unserem Porsche 99X Electric erreicht haben. Sie hatten einen starken Saisonstart und sind nach einem Durchhänger stark zurückgekommen. Die zwei Siege und elf Podiumsplatzierungen sprechen für sich. Team und Jake haben es verdient.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Avalanche Andretti?
Florian Modlinger: Die Kooperation mit Avalanche Andretti war gut. Beide Teams haben sich voll eingebracht. Von Anfang an waren alle Daten, Setups verfügbar. Für uns war es hilfreich, die Daten von vier Wagen analysieren und die entsprechenden Erkenntnisse gewinnen zu können. Nicht vergessen sollte man allerdings, dass sich ein Kundenteam voll darauf konzentrieren kann, das Fahrzeug im Rennen optimal einzusetzen, während wir als Hersteller die Verantwortung dafür tragen, das Paket ständig weiterzuentwickeln und die Legalität hinsichtlich des komplexen Systems in der Formel E sicherzustellen. Die höhere Arbeitslast liegt also bei Herstellern. Von unserem Team wurden diese Herausforderungen extrem gut gemeistert. Allein dafür möchte ich allen meinen persönlichen Dank aussprechen.
Porsche hat sein Formel E-Engagement vorzeitig bis zu der Saison 2025/2026 verlängert. Was heißt das für das Team?
Florian Modlinger: Dieses frühzeitige Commitment ist ein großer Vertrauensbeweis und bringt natürlich eine gewisse Stabilität mit sich. Wir können unsere Ressourcen damit auf die Zukunft ausrichten und sie richtig dafür einsetzen. Letztlich ist es auch eine Motivation für die Mannschaft. (Porsche/SW)
Foto:Florian Modlinger Copyright Porsche