Fabian Pellegrini: „Viele Weltklassetorhüter im Handball sind über 30“.
Lisa Schmitz trifft diesmal auf Fabian Pellegrini. Der 24-jährige Schweizer hütet das Tor beim 1. VfL Potsdam. Seit mittlerweile vier Jahren ist „Pelle“ bei dem Handball-Drittligisten unter Vertrag und in dieser Saison geht es für die Potsdamer noch um den Aufstieg in die 2. Liga. Die „sportflash.online“-Reporterin ist vor allem Torhüterin beim französischen Fußball-Erstligisten HSC Montpellier. Torfrau befragt also Torwart …
Fabian, alle nennen Dich „Pelle“. Wo kommt das her?
Fabian Pellegrini: Das ist schon ewig so. Kommt vom Nachnamen Pellegrini. Dazu gibt es eine witzige Anekdote, denn ich habe mal in einem Verein gespielt, der sich zum Saisonabschluss bei Fabian bedankte, dass er da war. Der Kreisläufer schaute und wunderte sich, da es doch kein Fabian geben würde. Ich musste dann erklären, dass ich Fabian bin. Mich kennt man in der Schweiz nur als Pelle.
Warum bist Du als Schweizer nach Deutschland gegangen?
Fabian Pellegrini: Handball hat heute in der Schweiz einen höheren Stellenwert als früher. Aber wenn man Handball spielt, dann ist Deutschland in Europa schon das Aushängeschild. Die deutschen Ligen sind die besten auf der Welt. Ich will einfach den nächsten Schritt machen. Über vier Ecken hatte ich einen Spielerberater aus Berlin kennengelernt. Über ihn bin ich dann nach Potsdam gekommen. Jetzt schon im vierten Jahr und nun mit der Chance aufzusteigen.
Vergleiche doch mal die 3. Liga in Deutschland mit der in der Schweiz.
Fabian Pellegrini: Das ist ganz anders. Die gesamte Einwohnerzahl ist ja schon unterschiedlich. Da hast du niemals so viele Leute wie in Deutschland, die Handball spielen. Es geht in der Schweiz etwas weiter nach vorne mit vielen jungen Spielern, da die Nationalmannschaft auch etwas Erfolg hat. In der 1. Liga hast du schon ein großes Gefälle. In der deutschen 1. Liga mithalten könnten höchstens Schaffhausen und Winterthur. Die beiden könnten Bundesliga spielen und der mittlere Teil in der 2. Liga. Wir mit Potsdam könnten gut in der 2. Liga in der Schweiz mitspielen.
Ihr habt ja jetzt die Chance in die 2. Liga aufzusteigen. Wie sähe es dort aus?
Fabian Pellegrini: Das ist in Deutschland ein großer Schritt von der 3. Liga in die 2. Liga. Es gibt vier 3. Ligen in Deutschland. Einige haben eine Profimannschaft, da gibt es semi-professionelle Teams und auch Vereine, die nur dreimal in der Woche Handball trainieren. Sie spielen mit und wollen den Großen mal ein Bein stellen. In der 2. Liga ist alles viel professioneller und die Qualität deutlich besser.
Erläutere mal, wie Potsdam gerade in der Finalrunde steht.
Man konnte sich für die Finalrunde bewerben. Insgesamt gibt es 14 Teams aus den 3. Ligen in Deutschland, die in zwei Staffeln eingeteilt wurden, Nord und Süd. Wir mit Potsdam sind in der Nordstaffel mit drei weiteren Mannschaften aus unserer Liga und drei anderen Teams aus anderen Ligen. Du hast drei Heim- und auch drei Auswärtsspiele. Das Ziel ist es, in die Top 4 zu kommen. Danach gibt es dann einen Überkreuzvergleich, beispielsweise spielt dann der erste aus dem Süden gegen den vierten aus dem Norden mit Hin- und Rückspiel. Danach gibt es ein Halbfinale. Und wenn du das gewinnst, dann gibt es gegen einen anderen Gewinner ein Hin- und Rückspiel. Die beiden Teams im Finale steigen in die 2. Liga auf.
Bist Du guter Dinge?
Fabian Pellegrini: Wir müssen von Spiel zu Spiel gucken. Das erste Spiel haben wir in Hagen verloren, den Topfavoriten in unserer Gruppe. Letzte Woche haben wir zu Hause gegen Hildesheim gewonnen, das sind so die Konkurrenten. Jetzt geht es gegen Rostock. Wenn wir Rostock schlagen, haben wir eine gute Chance in die Top 4 zu kommen. Danach entscheidet auch die Tagesform.
Man muss auch weiterhin das Thema „Corona“ ansprechen … Wie wart oder seid Ihr davon belastet?
Fabian Pellegrini: Wir konnten nicht voll trainieren. Die Frage ist, gehört die 3. Liga zum Handball-Profibereich oder ist es Amateursport. Man ist irgendwie dazwischen und weiß gar nicht, wo man steht. Zum Glück durften wir dann trainieren. Das ist ja auch ein Privileg. Allerdings wurden keine Spiele seit November ausgetragen. Jetzt diese Finalrundenspiele. Ansonsten lassen wir uns jede Woche testen. Zum Glück sind wir bisher mit positiven Fällen verschont geblieben.
Es gibt da ja noch einen Schweizer, der aber in der Bundesliga spielt. Andre „Andy“ Schmid. Das ist ja mittlerweile auch ein großer Name im deutschen Handball. Er ist fünfmal bester Spieler in der HBL geworden. Kennst Du ihn persönlich oder hast Du ihn mal kennengelernt?
Fabian Pellegrini: Nein, leider nicht. Andy hat den Grundstein dafür gelegt, dass Schweizer Spieler nach Deutschland kommen und folglich den Schritt ins Ausland wagen. Ihn kenne ich persönlich nicht, aber ich kenne ein, zwei andere Spieler aus der Schweiz, die jetzt Bundesliga spielen. Es kommen immer mehr. Es ist cool, wenn immer mehr aus einem nicht so großen Land es schaffen, nach Deutschland zu wechseln.
Es ist schon das Ziel, dass Du auch mal in der Bundesliga spielst?
Fabian Pellegrini: Step by step, aber es ist ein Ziel. Gucken wir mal, wo der Weg hinführt, aber deswegen bin ich nach Deutschland gekommen.
Jetzt mal von Torwart zu Torwart. Ich habe echt großen Respekt vor Dir und Deiner Leistung. Ich glaube jetzt nicht, dass man uns vergleichen kann. Deine Bälle sind kleiner, schneller, immense Geschwindigkeiten … kannst Du einmal Unterschiede aufstellen?
Fabian Pellegrini: Ich hatte auch mal überlegt, ob ich mich lieber ins Fußballtor stellen will oder ins Handballtor. Ich habe das Gefühl, man hat mehr Kontrolle über den Ball mit der Hand als mit dem Fuß. Aber das ist dann, wenn Handballer Fußball spielen … Die Distanz im Handball ist näher. Du hast aber auch ein kleineres Tor. Es kommt mehr auf das Stellungsspiel an und die Reflexe müssen schneller sein. Beim Fußball brauchst du mehr den Überblick, von wo kommt der Ball geflogen, wen hast du vor dir, weil du ja mehr Gegenspieler hast.
Wir spielen durchgehend 90 Minuten. Ich muss zwar den Fokus bewahren, allerdings habe ich meistens wenige Aktionen. Du hast viele Situationen und Aktionen, fast im Sekundentakt. Wie ist da Deine psychologische Sicht? Du musst den Fokus und die Intensität halten.
Fabian Pellegrini: Das ist schon anders als bei Dir. Egal, ob Du ein Tor gekriegt oder einen Ball gehalten hast, Du hast nicht die Zeit, Dich über etwas aufzuregen. Im Angriff versuchst Du abzuschalten. Wenn Du merkst, dass sie wieder auf Dich zukommen, dann musst Du peripher sehen und hochfahren. Du hast diesen Intervall von mental runter und wieder hochfahren, den du auch früh üben musst.
Wie lernt man denn auf jede Situation gefasst zu sein? Wie trainierst Du das?
Fabian Pellegrini: Durch viel Erfahrung. Viele Weltklassetorhüter im Handball sind über 30. Viel Erkennen, agieren und reagieren darauf. Dazu noch die Absprache mit den Abwehrspielern. Wir haben im Handball sehr viele Absprachen.
Während des Spiels wechseln die Torhüter. Das passiert im Fußball gar nicht!
Fabian Pellegrini: Das ist das Gute im Handball. Du kommst rein, du kommst raus. Das ist auch nicht schlimm. Es ist wichtig, dass man einen Partner hat, mit dem man gut zusammen spielt. Klar, man will immer spielen, aber der Erfolg des Teams steht immer im Vordergrund. Du kommst raus, fährst erst einmal runter und kannst dann ja wieder reinkommen. Es ist auch immer von der Tagesform abhängig. Wenn du von der Bank kommst, dann hast du vielleicht diese fünf Minuten und dann musst du da sein. Das ist der Leistungsdruck bei uns.
Du bist ja nicht nur Sportler, Du studierst auch noch. Dazu hast Du auch noch eine Ausbildung in Medieninformatik gemacht.
Fabian Pellegrini: Die Ausbildung habe ich damals noch in der Schweiz bei einer Großbank gemacht. Jetzt studiere ich Bachelor Informatik und will mich da vertiefen auf Video- und Tonbearbeitung. Es ist sehr interessant, was da alles möglich ist.
In Potsdam geht man auch gerne mal feiern, aber die Pandemie schränkt das Ganze ein. Wie sehr fehlt Dir die Art von Leben?
Fabian Pellegrini: Man ist Profi und geht höchstens mal ein Alkoholfreies trinken … den Austausch mit Freunden in dieser wunderschönen Stadt vermisst man. Aber ich möchte auch mal wieder nach Hause. Dort war ich schon ein Jahr nicht mehr … (LS)
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