Daniel Kraus: „Es macht Spaß und wir entwickeln eine tolle Mannschaft“.
Der FC Bayern München steht wieder einmal als Meister fest, bei den Frauen steht die Entscheidung noch aus. Der FC Bayern München und der VfL Wolfsburg spielen in Fernduellen an den letzten beiden Spieltagen noch um den Titel in der Flyeralarm Frauen-Bundesliga. In „Sprenger spricht“ geht Daniel Kraus nicht auf dieses Thema ein, der Trainer des SC Freiburg zeigt die Entwicklung im Frauen-Fußball auf.
Daniel, für den SC Freiburg steht nichts mehr auf dem Spiel. Wie ist das, wenn man die letzten beide Spiele so entspannt angehen kann?
Daniel Kraus: Irgendwie ist es schön, auf der anderen Seite wäre es natürlich auch schön, wenn wir an den letzten Spieltagen noch oben eingreifen könnten. Jetzt nicht bei der Meisterschaft, aber um den dritten Platz. Es ist ja schon ein lohnendes Ziel ab der kommenden Saison. Deswegen ein lachendes und ein weinendes Auge. Wir sind allerdings auch realistisch genug um uns einschätzen zu können und trotzdem können wir auf eine erfolgreiche Saison zurückblicken.
Du hast es erwähnt und es gibt viele, die sich im Frauen-Fußball nicht so gut auskennen. Über den dritten Platz könnte man sich nach dieser Saison für die Champions League qualifizieren. Von daher ein lohnendes Ziel?
Daniel Kraus: Absolut. Ich glaube es zeigt auch, dass der Frauen-Fußball einen wesentlich höheren Stellenwert in den internationalen Gremien bekommen hat. Für die Bundesliga ist es natürlich top, weil wir mit Bayern und Wolfsburg zwei Vereine haben, die dem Rest ein wenig entrückt sind, und jetzt man dadurch die Möglichkeit doch wieder international zu spielen.
Großen Anteil an dieser neuen Struktur für die Champions League hat Nadine Kessler, die bei der UEFA im Bereich der Frauen mittlerweile einiges zu sagen hat. Deshalb unvorstellbar, dass sie DFB-Präsidentin wird?
Daniel Kraus: Spannende Idee auf jeden Fall. Ich glaube, dass sie gut tut, mit ihrer Art und Weise. An entscheidender Stelle, egal ob in der UEFA oder beim DFB. Ich glaube, sie kann sich gut durchsetzen und es spricht auch für sie, wie sie sich in den Gremien der UEFA hochgearbeitet hat … und wenn man über den Tellerrand blickt, dann haben wir beim Frauen-Fußball eine spannende europaweite Entwicklung und ich glaube, sie ist gut darin, diese Entwicklung zu begleiten.
Lass uns den DFB auch nicht weiter vertiefen. Vor ein paar Wochen habe ich noch gedacht, die Bayern sind durch. Was ist in dieser Phase passiert, dass es doch wieder zum Zweikampf bis zum Schluss geworden ist?
Daniel Kraus: Ich glaube, man hat Wolfsburg einfach unterschätzt. Wolfsburg spielt keine schlechte Saison. Sie waren früh bei uns und habe Punkte liegen gelassen, aber man muss ehrlich sein, der Ausgleich fiel in der 95. Minute. Von daher sind sie gleich hintendran gewesen und haben auch noch das Hinspiel in München verloren, zwar deutlich, aber auch mit Verletzungssorgen. Und daher diese große Abstand … in der Rückrunde hatte Bayern noch die Champions League und scheinbar war der Rhythmus noch ungewohnt. Wolfsburg hat Punkte geholt und aufgeholt. Knackpunkt war bestimmt das Pokalspiel, welches sehr deutlich ausging …
Die Partie am 9. Mai in der Liga zwischen beiden Teams ging unentschieden aus. War dies eventuell dann doch die Vorentscheidung um die Meisterschaft?
Daniel Kraus: Auf jeden Fall war es die größte Chance für Wolfsburg, um an den Bayern vorbei zu ziehen. Aber beide spielen noch gegen Frankfurt und Frankfurt hat eine Saison mit Höhen und Tiefen. Dazu spielen sie im Pokalfinale und haben eine tolle Mannschaft. Für beide ein unangenehmer Gegner … aber die Bayern haben es selbst in der Hand.
Frankfurt kann nicht nur das Zünglein an der Waage spielen, die Mannschaft kann auch selbst noch den DFB-Pokal gegen Wolfsburg gewinnen. Erstmals als Eintracht Frankfurt. Wie wichtig wäre denn dieses Signal?
Daniel Kraus: Es ist auf jeden Fall ein tolles Projekt, dass die Eintracht sich auch im Frauen-Fußball positioniert hat. Dass man dort auch klar und ganz deutlich sagt, wir wollen da oben rein, wir wollen die beiden großen Vereine ärgern. Ich glaube, genau das macht den ganzen Wettbewerb interessanter. Es zeigt einfach die Richtung. RB Leipzig ist ein ambitionierter Zweitligist und ich glaube, wenn wir in die Zukunft in der Bundesliga blicken, haben wir über kurz oder lang nur noch große Vereine dort. Die Frage, die sich dann stellt ist, muss man diese Liga eventuell nicht vergrößern? Das Beispiel Frankfurt zeigt, Investition lohnt und die Bundesliga macht es attraktiver.
In Freiburg geht es Dir nicht anders als Deinem Kollegen Christian Streich, am Ende einer Saison musst Du Dich regelmäßig von Deinen besten Spielerinnen verabschieden. Wie empfindest Du so einen Abschluss nach einer Saison?
Daniel Kraus: Natürlich ist es der Wunsch von uns allen, dass wir eine Mannschaft aufbauen können, die wir immer weiterentwickeln können. Auf der anderen Seite ist es für uns wichtig, dass wir uns einordnen können in der Liga. Dass wir wissen, was unsere Rolle ist … unsere Rolle ist, Spielerinnen für die Nationalmannschaften, für die großen Vereine zu entwickeln. Dafür wollen wir natürlich entschädigt werden, und dies ist mittlerweile ein sehr realistischer Weg für uns im Frauen-Fußball. Es hat alles sein Für und Wider, ich würde natürlich auch gerne um Titel spielen, auch der SC Freiburg würde gerne um Titel spielen … hier ist der Pokal eher die Möglichkeit, daher ärgern wir uns auch über das Aus im Halbfinale … es ist auch schön, Talente zu entdecken und dann zu entwickeln.
In der Regel gab es im Frauen-Fußball eher von der Laufzeit kurze Verträge und damit auch nur „kleines Geld“. Freiburg hat in der Vergangenheit einige große Spielerinnen geformt. Findet also ein Umdenken statt?
Daniel Kraus: Das spricht für die Arbeit die hier geleistet wird, das spricht für den Standort hier … im europäischen Vergleich entwickelt es sich aktuell. Es gibt einige Vereine die jetzt Geld in die Hand nehmen. Und ich glaube, wir müssen sagen, wir haben eine ganz gute Infrastruktur, wir wissen auch was wir schon können und wir sind selbstbewusst genug zu wissen, dass wir ein guter Ausbildungsverein sind. Wir können so positionieren und können gut umgehen mit dem Für und Wider. Es macht Spaß und wir entwickeln eine tolle Mannschaft. Und die besten Spielerinnen werden dann gehen, trotzdem wollen wir erfolgreichen Fußball spielen. Wir wissen beim SC Freiburg was wir können und wofür wir stehen.
In #books&sports geht es in dieser Woche um das Buch von Günter Klein über „Hansi“ Flick und Du hast das Buch schon gelesen. Was hat Dich fasziniert?
Daniel Kraus: Ich bin natürlich auch selber Trainer und möchte von Leuten lernen die schon Erfolg hatten. Ich möchte verstehen, welche Dinge sie beschäftigen. Ich glaube, die große Kunst für uns Trainer ist nicht, wir sind irgendwann fertig, sondern wir brauchen eine klare Idee wie man spielt, aber wir haben es auch mit Menschen zu tun. Hansi Flick ist aus der Rolle des Co-Trainers ins Scheinwerferlicht beim FC Bayern München getreten, wo bekanntlich jedes einzelne Wort seziert wird, und hat es geschafft, einen tollen und begeisternden Fußball spielen zu lassen. Und er hat es geschafft, die Spieler hinter sich zu bekommen und den kompletten Verein.
Ich glaube, man kann ganz, ganz viel aus dem Buch rausziehen. (CSP)
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