August Auinger: „Die neue Schikane entschärft, der Charakter blieb erhalten“.
Am 20. August fahren die MotoGP und andere Klassen wieder um Punkte auf dem Red Bull Ring bei Spielberg. Zur letzten Saison wurde die Rennstrecke entschärft, die ehemals dritte Kurve wurde durch die Münzinger Schikane ersetzt. Keiner kennt den Red Bull Ring wahrscheinlich so gut wie August „Gustl“ Auinger, darum erklärt der „ServusTV“-Experte was die neue Schikane bewirkt und noch einiges mehr.
„Gustl“, Du kennst den Red Bull Ring wohl wie kein anderer. Was macht die Rennstrecke aus Deiner Sicht so besonders?
„Gustl“ Auinger: Grundsätzlich sind es drei Eigenschaften, die den Red Bull Ring so speziell machen. Erstens ist der Kurs eingebettet in die Natur. Es ist heute nicht selbstverständlich, eine Strecke in so einem Umfeld zu haben. Zudem ist der Kurs rein auf dem Papier sehr einfach aufgebaut: Es geht die meiste Zeit rechtsherum, dann gibt es ein paar Linkskurven und schon die Runde ist fertig. In der Realität ist der Red Bull Ring in Verbindung mit seiner Topografie eine einzigartige Kombination aus Stop-and-Go und Speed-Kurven. Hier die richtige Balance zu finden, ist für die Rider eine Herausforderung, aber auch für die Technik. Und das ist der dritte Faktor: Nicht nur die Piloten sind hier gefragt, sondern gleichermaßen die Techniker.
Was braucht es, um am Red Bull Ring schnell zu sein?
„Gustl“ Auinger: Grundsätzlich müssen die Teams ein Motorrad bauen, das richtig gut beschleunigt, weil es doch einige Passagen gibt, wo man aus relativ langsamen Kurven auf höchste Geschwindigkeit beschleunigen muss. Die Power im Motor ist grundsätzlich vorhanden und nicht das große Problem, sondern die richtige Traktion zu finden. In der Vergangenheit ist der Stop-and-Go-Charakter der Strecke einigen Piloten zum Verhängnis geworden. Denn das Motorrad sollte über eine fantastische Bremsstabilität verfügen, damit man gegenüber dem Konkurrenten später bremsen kann. Zusammengefasst: Man braucht hier eine Wahnsinnsbeschleunigung, sprich Traktion und gleichermaßen eine Topverzögerung. Auf dem Niveau, auf dem wir in der MotoGP sind, bedeutet dies „die Suche nach dem Stein des Weisen“.
Auf keiner Strecke sonst gab es so viele Entscheidungen in der letzten Kurve wie am Red Bull Ring. Kannst Du uns einmal kurz erklären, was es mit T10 auf sich hat? Was macht T10 so anspruchsvoll?
„Gustl“ Auinger: Das ist nicht so einfach. Es gibt nur wenige legendäre Kurven, die solche Manöver ermöglichen, etwa die Zielkurve in Jerez oder die Ziel-Schikane in Assen. Sie alle haben etwas gemeinsam: Das Risiko ist überschaubar. Wenn also das Manöver misslingt, dann stürzt man nicht mit knapp 300 Sachen, sondern mit einer Geschwindigkeit, die mancher einfach riskiert. Zum anderen spielen die Track-Limits eine große Rolle. Die Rider wittern sofort Lunte, wenn der Gegner zögert und lieber auf Sicherheit geht. Ich weiß aus meiner Zeit, dass es Kurven gibt, von denen es heißt: Dort musst man immer schnell sein! Die T10 gehört definitiv dazu.
So sehr die MotoGP von der Show lebt, so wichtig ist auch die Sicherheit der Piloten. Am Red Bull Ring feierte in der Saison 2022 die Münzer Schikane ihre Premiere. Was hältst Du vom neuen Streckenlayout?
„Gustl“ Auinger: Die Piloten haben in der Vergangenheit auf dem Weg zur T3 eine sehr hohe Geschwindigkeit erreicht und dann haben sie versucht zum allerspätesten Zeitpunkt zu bremsen, nur weil es eine Bergauf-Passage ist. Das stellte ein erhöhtes Risiko dar, es brauchte nur eine Kleinigkeit schiefgehen. Ich will nicht sagen, dass es eine tickende Zeitbombe war, aber es lag immer etwas in der Luft. Mit der neuen Schikane hat man diese Gefahr entschärft, ohne aber den Charakter der Strecke zu brechen. Es wird immer Leute geben, die sagen, die Schikane ist super und andere, die meinen, dass die Schikane auf gut Österreichisch ein „Schmarrn“ ist und einige werden sagen: „Friss oder stirb“. Dies ist eine subjektive Geschichte.
Warum sollte man vor Ort mit dabei sein?
„Gustl“ Auinger: Man kann mit Gewissheit sagen, dass die MotoGP wieder einen Krimi liefern wird, den man auf jeden Fall live verfolgen sollte. Die Fernsehbilder sind fantastisch, aber die Stimmung, dieses Vibrieren in der Brust, erlebt man nur vor Ort. Fans erwartet definitiv ein großartiges Erlebnis mit reichlich Rennaction. Neben der MotoGP und den Klassen Moto3 und Moto2 sind auch die MotoE sowie der Red Bull Rookies Cup am Start. Das heißt, die Fans sehen die MotoGP-Zukunft. (Red Bull/SW)
Foto: Rich van Every / Red Bull Content Pool