Aniol Serrasolses: „Für mich geht es vor allem um die Orte und die Gefühle“.
Für Aniol Serrasolses war bereits in jungen Jahren der Weg vorgezeichnet. Der 31-jährige Spanier wollte mit seinem Kajak den blauen Planeten entdecken, um durch die anspruchsvollsten und gefährlichsten Flüsse und Stromschnellen zu paddeln. Dies ist Aniol Serrasolses zweifelsfrei gelungen. Doch vor allem Chile hat es dem Weltrekordler angetan, selbst wenn es der Vulkan Villarrica samt Schneeabfahrt ist.
Wie war die Erfahrung, einen schneebedeckten Vulkan im Kajak zu befahren, bevor Du mit einem Wasserfall in die Tiefe gespült wurdest?
Aniol Serrasolses: Es war ziemlich lustig. Der Teil auf dem Schnee war irgendwie der schwierigste Teil, da ein Kajak nicht wirklich für Schnee gemacht ist. Also fährt man es wie einen Schlitten. Man fährt wirklich schnell, aber man hat irgendwie keine Kontrolle mehr.
Wie entstand die Idee zu diesem Projekt?
Aniol Serrasolses: Es lag reichlich Schnee, also war es an der Zeit, etwas Lokales zu machen und an dem Projekt zu arbeiten. Wir haben zwei Tage lang gefilmt, wir hatten einen guten Abschnitt, was den Schnee angeht, aber es fühlte sich nicht gut genug an. Also dachte ich, wir sollten es mit dem Fluss durch den Wald verbinden und eine ganze Abfahrt durch die lokalen Flüsse daraus machen. Der Waldboden hatte wirklich steile Abschnitte, die wir immer wieder befahren mussten. Es ist nicht die schönste Kajakfahrt, aber als ich das Ergebnis sah, sah es gut aus.
Und dieser Stunt mit dem Wasserfall hat Dir auch gefallen …
Aniol Serrasolses: Das ganze Konzept bestand darin, das Kajakfahren aus seinem Element zu holen, nicht nur Stromschnellen und Wasserfälle zu befahren. Dieser doppelte Kickflip ist eine doppelte Drehung, die schon oft versucht wurde, aber noch niemandem gelungen ist. Dieses Mal hat es einfach nur super geklappt. Bei meinem ersten Versuch habe ich zwei Drehungen geschafft, aber es hat mich sehr, sehr viel Überwindung gekostet, ihn aus dieser Höhe zu machen. Wenn man da nicht richtig landet, ist der Aufprall auf den Rücken hart, eigentlich ist es sogar hart, wenn man ihn richtig landet!
Woher kommt denn die Kreativität dazu?
Aniol Serrasolses: In den letzten Jahren habe ich mich sehr auf die Entwicklung des Sports konzentriert … also die härtesten Wasserfälle, die größten Flüsse, die höchsten Gewässer. Jetzt, wo ich langsam älter werde, möchte ich kreativer werden und mehr Dreharbeiten und Projekte machen, um Kajakfahren an wirklich coolen Orten zu zeigen, wo man es noch niemals zuvor wohl so gesehen hat.
War es mit dem Kajaksport denn Liebe auf den ersten Blick?
Aniol Serrasolses: Es war keine Liebe auf den ersten Blick. Wir haben mit Leuten angefangen, die 40 oder 50 Jahre alt waren. Ihre Vorstellung von Spaß war, auf den See zu fahren und ein bisschen zu paddeln. Als wir auf die ersten Stromschnellen trafen, hat es bei uns Klick gemacht. Es hat so viel mehr Spaß gemacht als Fußball oder Wasserball, was wir früher gespielt haben. Bei den anderen Sportarten ging es zwar um Körpereinsatz, aber es ging nur ums Gewinnen. Und diese Sportarten hat man nicht in der Natur betrieben. Kajakfahren ist ein super toller Sport, bei dem man jeden Tag andere Orte und andere Flüsse besucht, alles ist abwechslungsreich und am Ende auch riskant.
Was ist es, das Dich am Wildwasser reizt?
Aniol Serrasolses: Für mich geht es vor allem um die Orte und die Gefühle, die ich dabei empfinde. Es gibt einen Adrenalinschub, und der macht süchtig, aber es sind die Orte, die Menschen und die Erlebnisse … das ist es, was einen wirklich fesselt. Der Sport hat viele Aspekte: Kameradschaften und Freundschaften entstehen, man riskiert sein Leben und ist aufeinander angewiesen, um am Leben zu bleiben. Sie sind so etwas wie deine Familie. Es ist eine wirklich coole Erfahrung, an abgelegene Orte zu reisen und an einem bestimmten Punkt zu starten und 100 Kilometer weiter unten zu enden und im Fluss zu leben. Außerdem geht es beim Kajakfahren darum, einfach zu leben. Es versetzt einen in eine andere Zeit, alles ist viel simpler.
Hat Deine Leidenschaft für den Kajaksport je nachgelassen?
Aniol Serrasolses: Sie verändert sich. Wenn ich so zurückblicke, als ich in meinen Zwanzigern war, wollte ich jeden Tag immer Kajak fahren. Wir hatten einen Kalender und mein Bruder und ich wetteiferten darum, wer mehr Tage auf Stromschnellen der Klasse fünf verbringen konnte. Das ging ununterbrochen so. Nach einem guten Tag mit dem Kajak war ich rundum glücklich … das war damals so ziemlich alles, was ich brauchte. Ich musste nichts essen. Es ging nur ums Kajakfahren. Das Kajakfahren füllt mich nicht mehr so aus wie früher, aber das ist normal, wenn man erwachsen wird. Ich brauche mehr vom Leben als nur Kajakfahren, um vollkommen zufrieden zu sein, mit meinem Leben. (Red Bull/TX)