Russell O’Hagan: „Wir haben definitiv eine Vielzahl von Zielen für 2022“.
Wenn über die Formel E in deutschsprachigen Medien berichtet wird, findet das NIO 333 Formel E Team nicht wirklich statt. Dabei sollte man aber niemals vergessen, in der Saison 2014/15 gewann der Rennstall als NextEV mit Nelson Piquet jr. die erste Meisterschaft der Formel E und 2019/20 blieb man als erstes Team ohne Punkte. Im Interview mit COO Russell O’Hagan geht es jedoch allein um die aktuelle Saison.
Was waren die Ziele des Teams für die Vorsaisontests?
Russell O’Hagan: Wir haben im letzten Jahr einen erfolgreichen Test in Valencia durchgeführt, wobei die Weiterentwicklung der zentralen Kontrollsysteme einen sehr wichtigen Teil des Programms darstellten.
Mit Einführung des neuen Qualifyings, das nach dem K.O.-Prinzip abläuft, haben alle Teams eine komplette Qualifying- und Rennsimulation durchgeführt, und wir als Team haben uns an diesen Tagen auf die Abläufe, die Umsetzung der Strategie und das Fahrzeugmanagement konzentriert. Wir nutzten die Zeit in Spanien auch, um unseren neuen Rennfahrer Dan Ticktum sowie den zurückgekehrten Entwicklungs- und Reservefahrer Adam Carroll mit dem NIO 333 001 und der neuen Teamstruktur vertraut zu machen. Alles in allem haben wir erreicht, was wir uns vorgenommen hatten, und wir haben Bereiche aufgezeigt, die wir weiter bewerten und verbessern müssen, und wir werden es auch machen.
Wie hat sich Dan Ticktum bisher angepasst?
Russell O’Hagan: Dan hat sich wirklich gut geschlagen und arbeitet fleißig an den einzigartigen Herausforderungen in der Formel E. Die Leistung an den ersten Tagen in Valencia übertraf die Erwartungen und unterstreicht sein natürliches Talent. Wir sind zuversichtlich, dass noch wesentlich mehr möglich gewesen wäre, wenn er die verbleibenden Tage in Spanien hätte absolvieren können, aber das alles fügte sich in das sorgfältig geplante Programm ein, mit dem wir ihn auf die gesamte Saison in der Formel E vorbereiten wollten.
Es ist jedoch auch sehr wichtig zu verstehen, dass die Zeit, die man braucht, um die Formel E zu meistern, nicht unterschätzt werden darf, und die Zeit auf der Strecke ist knapp bemessen. Es wäre realistisch zu erwarten, dass Dan sein Potenzial erst später in der Saison zeigen kann. Die Formel E hat ihre eigenen Feinheiten, und die Qualität und Erfahrung des aktuellen Feldes ist außergewöhnlich. Für Dan und das Team wird es entscheidend sein, in der Anfangsphase der Saison eigene Erfolge zu definieren und sich darauf zu konzentrieren, einen kleinen Schritt nach dem anderen zu machen. Wir sind bereit für die Herausforderung, und obwohl zudem einige harte Lektionen vor uns liegen, ist es wirklich aufregend, sich vorzustellen, was die Saison für das Team und Dan bereithält.
Was denkt das Team über das neue Qualifying-Format?
Russell O’Hagan: Wir verstehen die Gründe für diese Änderungen, es wäre jedoch unaufrichtig, wenn wir sagen würden, dass wir von ganzem Herzen einverstanden sind. Es gab bekanntlich einen Mittelweg, der unserer Meinung nach einen besseren Kompromiss dargestellt hätte, aber das wird die Zeit zeigen … gleichzeitig sind wir eine Gruppe von wettbewerbsfähigen und sehr ehrgeizigen Individuen, so dass wir uns wirklich darauf freuen, rauszugehen und unter allen Bedingungen zu kämpfen. Mit elf Autos auf dem Kurs am Ende jeder Gruppensitzung wird es Chancen geben, und wir werden alles tun, um sie nutzen!
Was ist die Zielsetzung des Teams für 2022?
Russell O’Hagan: Wir haben eine Vielzahl von Zielen für 2022, sowohl auf als auch neben der Strecke. Es ist ein riesiges Jahr, wir arbeiten hart daran, das Maximum herauszuholen. Es wird natürlich unglaublich anspruchsvoll, denn wir müssen uns auf die stetige Verbesserung der Gen2-Boliden konzentrieren und gleichzeitig auch die Fristen für Design, Entwicklung und Umsetzung des Gen3-Programms einhalten. Glücklicherweise sind viele der Schlüsselfaktoren für den Erfolg in beiden Bereichen ähnlich. Die zugrundeliegenden Kernelemente der Kontrollsysteme, des technischen Prozesses und der Betriebsverfahren werden immer weitergeführt. Wir sehen uns in diesen Punkten sehr gut aufgestellt.
Unser Ziel für Saison 8 ist es, wirklich mitzumischen. Wir haben uns vorgenommen, einen guten Schritt nach vorn zu machen, wenn uns das gelingt, könnten wir uns in einer völlig anderen Rennlandschaft bewegen. Ein Blick auf die Tabelle des letzten Jahres genügt, um dies zu belegen. Mahinda belegte mit 132 Punkten den 9. Platz in der Teamwertung, während Mercedes FE mit 181 Punkten Meister wurde. Das ist unglaublich knapp! Die Natur der Formel E macht dies möglich … eines der Dinge, die wir lieben, und eine Meisterschaft mit elf wirklich konkurrenzfähigen Teams in dem Jahr ist durchaus gut möglich.
Wie laufen so die Vorbereitungen für die Gen3-Boliden?
Russell O’Hagan: Unser ganzes Gen3-Programm kommt aktuell äußerst gut voran. Wir haben eine hervorragende Gruppe von technischen Partnern zusammengestellt, die unser internes Team ergänzen. Das Projekt wird von dem sehr erfahrenen Duo unseres Designchefs, Chris Gardner, und unseres CTO, Duncan Laycock, geleitet. Wie bei jedem Design- und Entwicklungsprojekt gibt es natürlich auch immer wieder Herausforderungen sowie Hürden, bis jetzt sind wir jedoch mit unseren Fortschritten sehr zufrieden. In den nächsten Monaten wird ein Großteil der harten Arbeit Früchte tragen, und wir können es kaum erwarten.
Wir nutzen derzeit die Gelegenheit, die sich durch die Änderungen im Rennkalender ergibt, um die kurze Rennpause ideal zu nutzen und früher als ursprünglich geplant weitere Ressourcen für die Gen3 bereitzustellen, was zu einem wichtigen Zeitpunkt sehr positiv ist. Natürlich sind wir sehr enttäuscht, dass wir auf die Veranstaltungen verzichten müssen, insbesondere auf unser Heimrennen in China, aber das ist ein unerwarteter Luxus, den wir mit beiden Händen ergreifen wollen. Wie immer sind wir unserem vielseitigen sowie engagierten Team zu Dank verpflichtet und stolz darauf, dass es uns ermöglicht, so viel zu erreichen. (SW)