Björn Kleinschmidt: „Man kommuniziert nur ab und zu über WhatsApp“.
Die Pandemie trifft im Fußball vor allem die Amateurvereine und ihre Kinder- und Jugendmannschaften. „sportflash.online“-Reporter Christian Sprenger hat sein Herz durch viele Besuche vor Ort an den Post SV Stendal verloren. Da wird es Zeit, in Stendal nachzufragen, wie die Situation in der Altmark in Sachsen-Anhalt ist. Viel Hoffnung … „Sprenger spricht“ mit Björn Kleinschmidt, Jugendleiter beim Post SV Stendal.
Ich bin im Jahr öfter in Stendal, zumindest immer beim Weihnachtsturnier. Aber wegen der Pandemie ist alles ausgefallen. Jetzt will ich aber wissen, wie es meinen Freunden vom Post SV Stendal geht? Wie geht es kleinen Vereinen in diesen schwierigen Zeiten? Deswegen die Frage an Björn Kleinschmidt, den Jugendleiter vom Post SV, wie geht es euch?
Björn Kleinschmidt: Mir geht es soweit gut, ich gehe noch nebenbei arbeiten. Und aus der Trainergruppe und dem Vorstand höre ich auch, dass es ihnen soweit gut geht. Die Vereinsarbeit bleibt leider etwas hängen.
Ostern- und Pfingsten sind normalerweise immer die großen Jugendturniere. Und jetzt ist wieder nichts …
Björn Kleinschmidt: Ob Spielbetrieb oder Turniere, es ist auch gar nichts geplant. Man weiß auch gar nicht, wann man überhaupt wieder etwas durchführen kann. Das liegt am Ermessen des Landkreises, der Kommune oder aber den Bundes- und Landesregierungen.
Wenn wir uns mal die C- und D-Jugend anschauen. Wie oft habt ihr im letzten dreiviertel Jahr trainiert?
Björn Kleinschmidt: Höchstens dreimal! Das letzte wirklich richtige Training war im November 2020. Vor zwei Wochen konnten wir mal etwas machen, allerdings nur einmal die Woche in Kleingruppen. Momentan können wir es nicht durchführen, da die Inzidenzwerte wieder gestiegen sind und entsprechend gemäß des Landkreises das Training nicht ausführen dürfen.
Die Leidtragenden sind die Kinder, die sich gerne bewegen wollen und durch Homeschooling schon eingeschränkt sind. Wie kommen die denn damit klar?
Björn Kleinschmidt: Durch Gespräche mit Kindern und Eltern höre ich, dass die Kinder schon Bock haben, wieder Fußball zu spielen. Sie hatten sich gefreut, dass wir wieder halbwegs angefangen haben. Jetzt sind sie natürlich wieder enttäuscht. Sie haben aber wieder große Lust, mal wieder gegen eine andere Mannschaft und richtig Fußball zu spielen und nicht kontaktloses Training durchzuführen.
Wie gehst Du als Jugendleiter persönlich damit um? Rufst Du mal den einen oder anderen an oder bist Du als Trainer komplett von der Mannschaft gelöst?
Björn Kleinschmidt: Beim ersten Lockdown haben wir uns alle erst einmal Ruhe gegeben. Anfang 2021 haben wir uns im Trainerteam Trainingspläne ausgedacht, die wir per WhatsApp verschickt haben. Sie sollten ein bisschen Laufen, Kraftsport machen, Situps und so weiter. Ob sie es denn umgesetzt haben, weiß ich nicht. Es war wichtig, damit, wenn es wieder losgeht, sie fit starten können und wir nicht wieder bei Null anfangen müssen.
Wie groß ist denn der Frust, wenn man nicht das umsetzen kann, was man plant? Ihr bekommt ja auch eine kleine Aufwandsentschädigung. Finanziell muss man auch Abstriche machen.
Björn Kleinschmidt: Persönlich ist es sehr frustrierend! Früher hatte man einen geregelten Ablauf mit Training und Spiele am Wochenende. Man hat keine soziale Bindung mehr, weil man sich nicht mehr treffen darf. Die Aufwandsentschädigungen werden fast komplett zurück bezahlt, damit auch der Verein überleben kann.
Der Verein in Stendal ist eine große Familie. Wie sehr leidet das Vereinsleben, dieser menschliche Zusammenhalt?
Björn Kleinschmidt: Extrem! Man kommuniziert nur ab und zu über WhatsApp oder man telefoniert manchmal. Ob das dann irgendwann wieder so ist wie vorher, weiß man nicht.
Wie groß ist der Verein? Wie viele Mitglieder habt ihr aktuell? Was macht die Jugendarbeit aus?
Björn Kleinschmidt: Der Post SV Stendal hat aktuell 250 bis 300 Mitglieder, ein mittelgroßer Verein hier in der Region. Von den Bambinis bis zu A-Junioren haben wir jede Mannschaft besetzt, ca. zehn Nachwuchsteams. Dazu haben wir noch zwei Männermannschaften und ein Altherren-Team. Jede Mannschaft ist immer mit zwei Trainern besetzt.
Hast Du Sorge, dass nach der Pandemie viel kaputt gehen kann? Dass der Verein die Krise nicht schadlos überlebt?
Björn Kleinschmidt: Ja, die Sorge ist ganz groß! Finanziell ist es problematisch, weil man laufende Kosten hat. Vielleicht gibt es einen Mitgliederschwund. Noch weiß ich nicht, ob sich Spieler abgemeldet haben. Das wird man sehen. Ich habe Befürchtungen, dass Mannschaften auf der Strecke bleiben.
Es fehlen Einnahmen durch Turniere, es gibt keine Eintrittsgelder, Mitglieder werden auch nicht mehr, so dass man über Mitgliedsbeiträge nur noch mehr Geld bekommt …
Björn Kleinschmidt: Eher werden es weniger Mitglieder … die Einnahmen durch die ganzen Turniere fehlen enorm.
Wie nimmst Du denn den Fußball wahr? Sitzt Du wütend auf dem Sofa vor dem Fernseher?
Björn Kleinschmidt: Mit Demut! Profis dürfen spielen, Schiedsrichter pfeifen. Aber ich achte mehr auf Schiedsrichter und Fehler der Spieler, die passieren, so sehe ich es als kleine Fortbildung für mich als Trainer.
Es trifft nicht nur die Kinder und Jugendlichen, die sich nicht mehr bewegen. Es geht auch um die Unternehmen. Gerade Vereine wie Post SV Stendal leben von regionalen Sponsoren. Sind diese noch alle dabei?
Björn Kleinschmidt: Ich hoffe sehr, dass alle Sponsoren dabei bleiben und nicht abspringen. Ich könnte aber auch nachvollziehen, wenn sie nicht mehr dabei wären, weil sie auf sich selbst konzentrieren müssen, damit sie überleben können.
Wann siehst Du Licht am Ende des Tunnels?
Björn Kleinschmidt: Auf diese Frage habe ich gewartet … ich hoffe, dass wir im Sommer, spätestens in der zweiten Jahreshälfte wieder normal leben und Fußball spielen können. Wenn es mit dem Impfen einigermaßen funktioniert … ansonsten dann erst in einem Jahr. (CS)