Velimir Petkovic: „Ich versuche den russischen Handball am Leben zu halten“.
Bei der Partie Füchse Berlin gegen MT Melsungen in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga war mit Velimir Petkovic ein langjähriger Handball-Bundesligatrainer in der Halle. Der im ehemaligen Jugoslawien geborene Deutsche ist seit März 2020 russischer Nationaltrainer und nahm bei „Sky“ ganz offen Stellung zur Lage seiner Mannschaft. Aber vor allem verfolgte Velimir Petkovic sein altes Team, die Berliner.
Herr Petkovic, zwischen 2016 und 2020 haben Sie die Füchse Berlin trainiert und 2018 sogar den EHF-Pokal gewonnen. Wie ist die Rückkehr nach Berlin?
Velimir Petkovic: Ich war ein wenig aufgeregt, in diese Halle zurückzukehren. Ich freue mich aber, alle wiederzusehen. Sie haben mich beurlaubt, das verstehe ich. Das ist der Job, so ist das Geschäft. Ich war ein paar Monate sauer, wir haben uns ein paar Mal gesehen und ausgesprochen. Wir sind wieder Freunde, keine Frage.
Diesen März sind Sie drei Jahre dann Cheftrainer der Nationalmannschaft von Russland. Aufgrund des Angriffskriegs seit einem Jahr keine leichte Aufgabe. Wie stellt sich die Arbeit aktuell dar?
Velimir Petkovic: Ich bekomme viele Fragen zu diesem Thema. Ich arbeite eng mit meinen Jungs zusammen, wir halten alle zwei Monate ein Trainingslager ab. Wir sind von allen internationalen Turnieren ausgeschlossen, haben aber das Glück, mit der belarussischen Mannschaft trainieren zu können. Eine gute Mannschaft. Meine Aufgabe und die des Vorstands sind, den russischen Handball am Leben zu halten.
Während der Weltmeisterschaft wollten Sie eine Reihe von Testspielen für die russische Nationalmannschaft organisieren. Wie geht es in dem Punkt weiter?
Velimir Petkovic: Ich habe viele, viele Gespräche mit meinen Trainerkollegen aus der ganzen Welt geführt. Wir sind beim nächsten Trainingslager weiterhin begrenzt, da in Europa die Qualifikation gespielt wird. Aber ich war erfolgreich, im April werden wir die ersten internationalen Spiele seit Beginn des Krieges spielen. Ich sage nicht, gegen welche Nation. Wir wurden aber eingeladen, das macht uns sehr glücklich.
Natürlich war mit Marin Schwalb auch ein „Sky“-Experte dabei. Wie bewertet er die Arbeit von Velimir Petkovic.
Martin Schwalb: Es ist wichtig, trotz der Situation in Russland, weiter zu trainieren … es überhaupt zu können. Nur so kann man international das Niveau halten. Der russische Handball war über viele Jahre sehr erfolgreich. Es ist sehr wichtig, dass die Sportler sich bewegen können, obwohl die Zeiten äußerst schwer sind. Ich kann verstehen, dass Petkovic sich irgendwann mal aufs sportliche konzentrieren möchte.
Herr Petkovic, von 1991 bis 2020 haben Sie einige Vereine in ganz Deutschland trainiert. Sie kennen sich also im deutschen Handball aus. Nicht nur mit Blick auf das deutliche 35:25 gegen Berlin. Was passt bei Melsungen aktuell nicht?
Velimir Petkovic: So viel Geld, so viele Spiele, sie haben mittlerweile schon so oft den Trainer gewechselt. Irgendwas stimmt nicht mit der Moral in dem Verein. (HBL/TX)
Foto: Velimir Petkovic Copyright LIQUI MOLY HBL