Thomas Mack: „Leider ist unser Sport nicht wirklich medienwirksam“.
Deutschen Meisterschaften im Fallschirmspringen. In insgesamt sechs Disziplinen suchten die rund 250 Athletinnen und Athleten ihre Besten. Im Formationsspringen sicherte sich das Team „AIRBUS 4-way Oceanside Illertissen“ die Meisterschaft und hat sich damit für die Weltmeisterschaft 2022 in Arkansas qualifiziert. Thomas Mack, Kapitän des Teams, erzählt ein wenig über das Fallschirmspringen in seinem Team.
Thomas, was fasziniert Dich generell am Fallschirmspringen?
Thomas Mack: Es ist die absolute Freiheit, die man im freien Fall erlebt, die mich begeistert. Sich nur mit einem Fallschirm auf dem Rücken in der Luft zu bewegen beziehungsweise zu fliegen, alles hoch über der Erde, macht den Reiz aus.
Deutscher Meister 2022 im 4er Formationsspringen! Bedeutet, Du stürzt Dich mit drei Kameraden in die Tiefe. Wie viel Abstimmung ist dafür erforderlich?
Thomas Mack: Wir sind ein sehr eingespieltes Team, sonst könnten wir nicht auf diesem Level performen. Bedeutet, der ganze Ablauf, also vom Absprung aus dem Flugzeug über das Fliegen der einzelnen Formationen während der 35 Sekunden im freien Fall, die wir beim 4er Formationsspringen im Wettbewerb haben, muss so gut als möglich „automatisiert“ sein. Wir sprechen hier vom „Muscle Memory“, also alle Bewegungen, natürlich auch die Art wie wir kommunizieren, müssen in Fleisch und Blut übergegangen sein. Je besser jeder Handgriff, jedes Detail sitzt, desto besser kann man am Ende performen.
Wie darf man sich generell ein Training im Team vorstellen?
Thomas Mack: Unser Training ist sehr vielfältig. Im Winter nutzen wir die vorrangig in Deutschland sprungfreie Zeit und trainieren im Windtunnel. Dort können wir ideal Formationen wieder und wieder trainieren, neue Techniken einstudieren, an unseren individuellen Skills oder an der generellen Grundgeschwindigkeit arbeiten.
Neben der sportlichen Fitness, an der wir permanent arbeiten, ist Sprünge bildhaft machen ein ganz wichtiger Trainingsbestandteil. Man stellt sich potentielle Sprünge mit allen Details vor. Wie ich schon erwähnte, jeder Handgriff muss sitzen!
Dann natürlich auch noch das eigentliche Springen aus dem Flugzeug. Im Training machen wir an einem guten Tag rund 13 Sprünge, in denen wir in der frühen Phase der Saison viel an Techniken, Kommunikation und Geschwindigkeit erarbeiten. Und je näher wir an die Wettbewerbsphase kommen, desto mehr trainieren wir.
Wie oft übt man die Formationen im freien Fall, bis Sie wirklich alle passen?
Thomas Mack: Egal auf welchem Level, es wird nie alles passen. Man kann nur versuchen, immer weniger Fehler zu machen. Denn 4er Formationsspringen ist ein permanentes Ausgleichen von Fehlern, wie man so schön sagt. In Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft in Eloy haben wir seit vergangenem November 460 Sprünge gemacht und sind 22 Stunden im Windtunnel geflogen. Wir haben wirklich sehr viel gearbeitet, sind aber noch lange nicht perfekt. 4er Formationsspringen ist eine super komplexe Sportart. Es bedarf Training über Jahre und sehr viel Erfahrung, um es auf ein hohes Level zu bringen.
Du bist Kapitän beim Team Airbus Oceanside Illertissen. Was ist denn genau damit verbunden? Oder darfst nur Du Kommandos geben?
Thomas Mack: Der Kapitän ist sozusagen das Mädchen für alles … Spaß beiseite, ein 4er Team wie unseres ist wie eine kleine Firma. Es gibt sehr viel zu organisieren während und neben der Saison: Trainingsplanung, Koordination von Terminen mit Windtunneln und Sprungplätzen, oder auch Coaches. Dazu noch die Reisen und die gesamte Kommunikation, sowohl innerhalb des Teams als auch beispielsweise mit den Sponsoren. Und auch Finanzen und Buchhaltung müssen korrekt sein.
Nicht alle Themen macht ein Kapitän selber, aber wie der Geschäftsführer eines Unternehmens, sehe ich mich als „verantwortlich“ dafür, dass die Bude läuft. Zudem
ist man als Kapitän bei Wettbewerben der Ansprechpartner für Veranstalter.
Rein sportlich betrachtet: Kann man vom Fallschirmsport eigentlich leben?
Thomas Mack: Nein … im Gegenteil, man muss viel Geld investieren, wenn man dabei richtig gut werden möchte. Leider ist unser Sport nicht wirklich medienwirksam und Sponsoren sind nur limitiert vorhanden. Vorwiegend erhalten wir Unterstützung von den Herstellern der unterschiedlichen Ausrüstungen, von Sprungplatzbetreibern partiell und durch Beziehungen zu Unternehmen, welche dann bereit sind, Geld als Unterstützung zu geben. Am Ende bezahlen wir aber alle recht viel Geld dafür, um unseren Sport zu betreiben.
Alles für Ruhm und Ehre …
Ihr habt Euch für die Weltmeisterschaft in Eloy qualifiziert. Was ist Euer Ziel für Arizona? Was sind generell Deine Ziele in der Zukunft?
Thomas Mack: Es ist der Saisonhöhepunkt und wir wollen unser höchstes Niveau abliefern. Das heißt den bestmöglichen Punktedurchschnitt aus den zehn Runden des Wettbewerbs rausholen. Zu welcher Platzierung es reicht, wird man sehen. Ich denke, wir werden irgendwo zwischen dem fünften und achten Rang landen.
Unser Plan mit dem Team ist, in dieser Konstellation noch bis 2024 zu springen. Die Weltmeisterschaft in Israel als Abschluss für dieses Team. Bis dahin werden wir wie im letzten Jahr weiter trainieren. Das Ziel ist, mit einer der besten Performances, die ein deutsches Team je erreicht hat, die Weltmeisterschaft 2024 zu beenden! (TX)