Stefan Wagner: „Nachhaltigkeit ist niemals ein Sprint, sondern ein Marathon“.
Die TSG 1899 Hoffenheim und ihr Stadion-Namensgeber wollen gemeinsam einen wichtigen Schritt in Richtung der zertifizierten Nachhaltigkeit gehen, um die PreZero Arena zum ersten „ZeroWaste-Stadion“ der Fußball-Bundesliga zu entwickeln. Mehr zum Prozess unter: https://prezero-arena.com. Im Interview gibt Stefan Wagner, bei 1899 Hoffenheim für Nachhaltigkeitsstrategien zuständige, interessante Einblicke.
Zum Einstieg: Können Sie uns einen kurzen Überblick darüber geben, welche Mengen allein an Abfall während eines Bundesligaspiels in der PreZero Arena anfallen und in wie zudem die Zusammensetzung aussieht?
Stefan Wagner: Wir haben es einmal bei der TSG zusammen mit PreZero, unserem Nachhaltigkeitspartner und Namensgeber des Stadions, analysiert. Wir reden, immer abhängig von der Anzahl der Heimspiele, von 70 bis 100 Tonnen pro Saison. Diese Menge beinhaltet aber nicht nur die Stadionbesucher, sondern beispielsweise auch das gesamte Catering oder die Fanshops.
Wir haben bei dieser Analyse den gesamten Abfall eines Spieltages sondiert und ganz genau sortiert. Es war reichlich Verpackungsmüll, bestehend aus Kunststoffen und Pappe, sogar einige Mehrwegbecher.
Auf Basis dieser Analyse wollen wir nun ein sehr gezieltes Trennkonzept entwickeln, welches möglichst schnell implementiert wird. Zudem werden wir versuchen, unsere Besucher bestmöglich zu sensibilisieren
Ich habe bei meinen Recherchen vor dem Interview gewisse Ansätze zu der ZeroWaste-Theorie gefunden. Was verstehen Sie unter Zero Waste?
Stefan Wagner: Wir verfolgen die Idee des Vermeidens, der Wiederverwertung oder wie man heute so schön sagt, des Recyclings. Ziel ist, eine Verbrennung des Abfalls ohne Energierückgewinnung zu vermeiden. Also möglichst auf Stoffe zu verzichten, die nur entsorgt werden können.
Ziel ist, eine möglichst vollständige Reduktion nicht-verwertbaren Abfalls, also Zero Waste, über geschlossene Kreisläufe zu erreichen. Es gibt aber noch nicht für alles eine Lösung beziehungsweise die Umsetzung der besten Lösungen ist aktuell noch nicht möglich. Wir wollen auf jeden Fall keine Zwischenlösung. Wir versuchen auch eigene Lösungen zu finden, kooperieren mit Start-ups, die sich mit diesen Problemen befassen. Ein breites Thema …
Hinsichtlich dieses verständlichen Ansatzes: Wie weit ist Hoffenheim schon in der Umsetzung? Und was soll zukünftig noch passieren?
Stefan Wagner: Gemeinsam mit PreZero haben wir schon erste Projekte umgesetzt, wie beispielsweise die bessere Wiederverwertbarkeit der Mehrwegbecher, oder die Trennung von Glas und Papier. Wir sprechen in diesem Fall aber nicht von einem Sprint, sondern von einem Marathon. Es liegt noch sehr viel Arbeit vor uns, aber es ist eine gute und inspirierende Aufgabe.
Was wir noch nicht haben, aber daran arbeiten wir intensiv, ist ein Trennkonzept. Dazu versuchen wir Verpackungen zu ersetzen. Ein Beispiel dafür sind Pommes-Schalen. Jeder denkt, die können doch einfach so recycelt werden. Sobald aber zum Beispiel Ketchup an der Schale dran ist, funktioniert es nicht mehr. Daher arbeitet PreZero daran, kompostierbare Pommes-Schalen zu entwickeln. Das ist aber leider auch nicht ganz so trivial, da diese dazu neigen durchzuweichen. Was natürlich auch am Ende des Tages keiner möchte.
Wie gesagt, es gibt einige Projekte!
Und angestrebt ist dann offiziell eine Zertifizierung nach DIN Spec 91436. Was verbirgt sich denn hinter dieser Zertifizierung eigentlich genauer?
Stefan Wagner: Mit dieser Zertifizierung haben wir eine klare Leitlinie, wie wir unser Abfall- und Wertstoffmanagement entsprechend optimieren können.
Zu den Anforderungen dieser Zertifizierung gehören unter anderem: Die Einführung, Pflege und Entwicklung eines Abfall- sowie Wertstoffmanagementsystems im Sinne des fortlaufenden Verbesserungsprozesses, die Realisierung und Weiterentwicklung von Abfallvermeidungsmaßnahmen sowie Sammlungs-, Sortierungs-, Recycling- und Entsorgungsprozessen. Dazu kommen noch die Überwachung und das Mitwirken zur Verbesserung der Kostenstrukturen durch ein kontinuierliches Controlling. Was sich alles im Detail dahinter verbirgt, müssen wir aber selbst noch schauen.
Gibt es bereits gewisse Optionen bei der baulichen Substanzveränderung, wie beispielsweise bei dem Brauchwasser?
Stefan Wagner: Ich habe gerade mit unserem Infrastruktur Facility Manager darüber gesprochen und es gibt noch keine Möglichkeit, Brauchwasser wiederzuverwerten. Wir haben eine große Regenwasserzisterne, die wir zur Bewässerung in der PreZero Arena und für die Spülungen der Toiletten benutzen. Eine Veränderung ist aktuell auch nicht vorgesehen und diese wäre zudem auch sehr aufwendig in Richtung einer Brauchwasserwiederverwertung.
Was kann der Besucher der Heimspiele auf dem Weg umsetzen?
Stefan Wagner: Je mehr die Trennsysteme benutzt werden, umso einfacher ist der ganze Prozess. Wie erwähnt, wir haben auch Pfandbecher im Müll gefunden, obwohl man die Pfandbetrag über eine Rückgabebox einfach spenden kann.
Es ist daher wichtig, jeden einzelnen auf diese Problematik aufmerksam zu machen, durch intensive Kommunikation. Auch das ist die Aufgabe eines Bundesligisten, da wir viele Menschen erreichen. Die Mülltrennung muss für Besucher nachvollziehbar und zudem bequem nutzbar sein.
Als Fan kenne ich die PreZero Arena. Ein Problem, die mir aufgefallen ist, man kann praktisch nicht auf Mehrweg setzen, da es keine Aufbewahrungsoptionen gibt. Gibt es Ansätze dies zu lösen?
Stefan Wagner: Ein interessanter Ansatz, den wir in Betracht ziehen! (LB)