Stefan Cavor: „Unsere Fans geben uns unglaublichen Rückenwind“.
Stefan Cavor hat erst kürzlich seinen bestehenden Vertrag bei der HSG Wetzlar langfristig bis 2026 verlängert. Im Interview erzählt die Nummer 77 unter anderem über seinen Weg zum professionellen Handballer, sein Verhältnis zu seiner Familie in Montenegro und warum die Zuschauer in Wetzlar für den Rückraumspieler sehr besonders sind. Heute um 16:00 Uhr gegen Hannover sind diese Fans gefordert …
Wann hast Du angefangen mit dem Handball?
Stefan Cavor: Mit gut 8 Jahren habe ich das erste Mal Handball gespielt. In meiner Familie hatte vorher noch niemand Kontakt mit Handball und die Geschichte, wie ich dazu kam, ist ganz lustig. Ich war auf einem Kindergeburtstag, dort haben wir Darts gespielt. Der Vater des Geburtstagskindes hatte eine Handballmannschaft trainiert und gesehen, dass ich mit meiner linken Hand werfe und mich gefragt, ob ich nicht mal Handball ausprobieren möchte. Ich bin dann zum Training gegangen, es hat mir viel Spaß gemacht und ich bin dabeigeblieben.
Wann hast Du gemerkt, dass du Profi werden könntest?
Stefan Cavor: Für meine Familie und mich stand die Schule immer an erster Stelle. Als ich 15 Jahre alt war, kam ein Anruf aus Spanien von Ciudad Real, die mich zum Probetraining eingeladen haben. Nach diesem Telefonat habe ich gedacht, dass ich vielleicht Profi werden könnte, aber vorher habe ich das nie im Kopf gehabt.
Warum hast Du Dich für einen Wechsel nach Spanien entschieden?
Stefan Cavor: Im Oktober 2010 war ich für zehn Tage in Spanien und habe dort bei der 1. und 2. Mannschaft von Ciudad Real mittrainiert. Danach gab es Gespräche mit meiner Familie und wir haben beschlossen, dass ich erstmal bis ich 18 Jahre alt bin, in Spanien bleibe, um dort vielleicht Profi zu werden. Die Voraussetzungen bei Ciudad Real waren dabei deutlich besser als in Montenegro.
Wie war die Anfangszeit dort für Dich?
Stefan Cavor: Das war richtig schwer. Ich war sehr jung, das erste Mal richtig weg. Ein bisschen leichter wurde es dadurch, dass ein weiterer Spieler aus meiner Stadt dabei war. Milos Bojovic spielt jetzt in der 2. Liga in Frankreich. Im Nachhinein kann man sagen, dass es für mich schwer, aber noch viel schwieriger für meine Familie war. Wenn das einzige Kind mit 15 Jahren ins Ausland geht, ist das kompliziert.
Von Spanien nach Slowenien. Wie war es beim RK Celje?
Stefan Cavor: Für mich war der Wechsel der absolut Richtige. Celje fördert junge Spieler sehr gut und ich habe viel dazugelernt. Insgesamt war ich anderthalb Jahre in Celje, aber dann nicht so zufrieden mit meinen Einsatzminuten und wollte deshalb wechseln, um mehr zu spielen. In meiner Zeit dort sind wir Meister und Pokalsieger geworden, das waren schöne Momente.
Von Slowenien ging es nach Ungarn zum Csurgói KK …
Stefan Cavor: Der nächste richtige Schritt. Ich bin nach Ungarn gekommen und war immer noch sehr jung. Die Mannschaft war mit vielen guten und erfahrenen Spielern besetzt. Das erste Jahr war dann nicht so einfach, aber im zweiten Jahr wurde ich der beste Torschütze der Liga und wir haben im EHF-Cup gespielt. Dann kam auch schon der Anruf aus Wetzlar.
Wie schnell hast Du dich dann für die HSG Wetzlar entschieden?
Stefan Cavor: Von Ungarn in die Bundesliga war eine neue Herausforderung. Ich war erst 21 Jahre alt und war mir erst nicht sicher, ob ich schon gut genug bin für die stärkste Liga der Welt. Aber dann habe ich darüber nachgedacht und entschieden, dass ich es einfach ausprobiere. Natürlich habe ich mit Vladan Lipovina gesprochen und er hat nur in Superlativen von Wetzlar gesprochen. Mein erstes Spiel habe ich dann bei den Rhein-Neckar Löwen Ende gemacht.
Du bist während der Saison gekommen? Wie groß war die Umstellung?
Stefan Cavor: Ich dachte, die ungarische Liga wäre gut … als ich nach Deutschland kam, war es eine totale Veränderung. Die Bundesliga heißt nicht umsonst stärkste Liga der Welt. Hier kann Kiel gegen Wetzlar verlieren, das geht in Ungarn nicht!
Welche Sprachen sprichst Du?
Stefan Cavor: Also natürlich spreche ich montenegrinisch und ich kann eigentlich auch alle Sprachen aus dem früheren Jugoslawien sprechen. In der Schule habe ich schon italienisch gelernt und dann war es einfacher für mich spanisch zu sprechen. Das konnte ich mal sehr gut, aber habe es natürlich ein bisschen verlernt. Während meiner Zeit in Ungarn, habe ich auch ein bisschen ungarisch aufgeschnappt. Sonst spreche ich natürlich englisch und deutsch. Beides kann ich fast gleich gut.
Wann bist Du das erste Mal für die Nationalmannschaft aufgelaufen?
Stefan Cavor: Mein erstes Spiel war in der Qualifikation für die Europameisterschaft in Polen, also im Jahr 2015 gegen Serbien. Wir haben das Spiel zwar verloren, aber dann in der Qualifikation gegen Island und Israel gewonnen und uns qualifiziert. Ich habe schon unglaubliche Emotionen in mir, wenn ich für Wetzlar spiele, aber bei der Nationalmannschaft ist es nochmal anders, weil gefühlt immer meine ganze Familie in der Halle sitzt. Für das eigene Land zu spielen ist ein besonderes Gefühl.
Kommen wir mal zu Deiner Zeit in Mittelhessen. Was war bisher Dein bestes Spiel in Wetzlar?
Stefan Cavor: Das waren sehr gute Spiele gegen Magdeburg, Kiel und Flensburg. Anfang der letzten Saison bin ich mit elf Tore gegen Flensburg gestartet, im Pokal gegen den THW habe ich zehnmal getroffen. Diese drei Spiele waren schon sehr ordentlich, da habe ich sehr gut in der Abwehr und im Angriff gespielt. Wichtiger als meine eigenen Tore ist mir aber immer, dass wir gewinnen.
Hast Du Rituale vor dem Spiel?
Stefan Cavor: Ich habe nicht so viele Rituale, eine besondere Routine. Ich stehe relativ früh auf, esse nur wenig und lege mich nachmittags nochmal kurz hin. Direkt vor dem Spiel schaue ich mir nochmal Statistiken oder Videos an und höre meine eigene Musik. Beim Aufwärmen benutze ich ein Gummiband, das ist mir wichtig.
Wie wichtig sind Dir die grün-weißen Fans?
Stefan Cavor: Das ist für uns das Allerwichtigste! Beim ersten Spiel gegen Lemgo hatte ich einfach ein überragendes Gefühl, denn wenn wir zuhause spielen, können wir wirklich gegen jede Mannschaft gewinnen. Diese Fans geben uns Rückenwind, unglaublich! Als wir ohne Zuschauer spielen mussten, war ich immer ein bisschen traurig … bei der Bekanntgabe meiner Verlängerung hatte ich wirklich Gänsehaut!
Welcher Mitspieler bringt Dich am meisten zum Lachen?
Stefan Cavor: Filip Mirkulovski. „Zuti“ ist quasi der Kapitän von uns Balkan-Boys, immer lustig. Er ist zwar ruhig, aber wenn er Witze macht, sind die überragend.
Welches Amt hast Du in der Mannschaft?
Stefan Cavor: Ich muss mich immer um die Eisbox kümmern. Bei Auswärtsspielen nehme ich sie mit und kümmere mich darum, dass sie gefüllt wird. Inzwischen bin ich ja auch im Kapitänsrat und dort besprechen wir immer wieder einiges rund um die Mannschaft. Das ist eine Ehre für mich!
Was hast Du für ein Verhältnis mit Deinen Eltern?
Stefan Cavor: Ich bin Einzelkind und das ist natürlich eine besondere Beziehung. Familie bedeutet für mich wirklich alles! Ich freue mich immer, wenn ich die Familie in Montenegro besuchen kann. Der Abschied fällt besonders meiner Mutter schwer.
Wie sieht ein perfekter Tag ohne Handball für Dich aus?
Stefan Cavor: Ein perfekter Tag ist für mich in meiner Heimat Budva. Ich frühstücke gemeinsam mit meinen Eltern und gehe mit Freunden Kaffee trinken, lese Zeitung. Wer am Meer geboren ist, geht erst später zum Strand. Ich würde spätnachmittags mit Freunden dorthin gehen, ein bisschen schwimmen und Volleyball spielen.
Wie würdest Du Dich in drei Worten beschreiben?
Stefan Cavor: Lustig, kämpferisch und loyal.
Wer ist Dein Lieblingsspieler aller Zeiten?
Stefan Cavor: Ich kann nicht nur einen nennen. Auf meiner Position würde ich Kiril Lazarov nennen, Kim Andersson und Ólafur Stefánsson. Diese drei Spieler waren immer meine Idole. (HSG Wetzlar/TX)
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