Richard Freudenberg: „Ich bin generell ein positiver Mensch“.
Mit 13 Jahren hat Richard Freudenberg den Basketball für sich entdeckt und nach eigenem Bekunden dann auch jeden Tag gespielt. Wobei, seit Juni 2020 stand der 22-jährige Forward der FRAPORT Skyliners in keiner Partie mehr auf dem Parkett. Eine hartnäckige Verletzung am Fuß, körperlich und mental fordernd, ist der Grund. Aufgeben ist für den in Frankfurt spielenden Heidelberger aber keine Option.
Richard, Du bist ein Gebeutelter … Corona-Virus und dann die Verletzung. Wie sieht zurzeit Dein Tag aus?
Richard Freudenberg: Im Moment ist der Tag vollgepackt. Morgens bin ich bei der Reha mit Physiotherapie und Krafttraining, mit Fahrradfahren und einfach fit halten. Und nächste Woche schreibe ich noch zwei Klausuren. Es ist gut, dass ich genug zu tun habe. Ich bin im Lernstress, aber es macht Spaß, denn so fällt mir auch nicht die Decke auf den Kopf.
Für die, die es nicht wissen: Du hast „Fuß“!
Richard Freudenberg: Die Problematik habe ich schon seit mehr als einem Jahr. Ich hatte letztes Jahr von Januar bis März wegen der Ferse pausiert. Durch eine Strahlentherapie wurde es besser und ich konnte dann das Turnier in München spielen. Leider war das nicht gut für die Ferse. Am 01. Oktober wurde ich operiert. Die Operation ist nicht so gut gelaufen. Jetzt mache ich eine Spritzentherapie.
Wie frustrierend ist diese Zeit für Dich?
Richard Freudenberg: Mega frustrierend. Ich spiele mein ganzes Leben Basketball und nicht zu wenig. Seit ich 13 bin habe ich an jedem Tag Training. Verletzungen gehören dazu. Aber wenn, dann dauert es mal sechs bis maximal acht Wochen. Es ist extrem frustrierend, weil man alles probiert mit den ganzen Therapien. Es ist auch mental nicht einfach. Ich kann es nicht ändern und ich mache das Beste aus der Situation.
Dein Wurfarm muss doch in Übung bleiben. Was machst Du da?
Richard Freudenberg: Ich bin ab und zu in der Halle bei den Jungs, mache dann Standwürfe. Ich darf keine Sprünge aktuell machen. Die richtige sportartspezifische Belastung geht leider nicht.
Was machst Du denn, damit Du nicht in ein mentales Loch fällst?
Richard Freudenberg: Am schwierigsten ist es bei den Spielen. Bei engen Spielen, wie gegen Gießen, da will jeder Spieler spielen. Dann ist es echt hart, da zu sitzen und nichts machen zu können. Man kann die Jungs anfeuern und dabei sein. Aber ich bin Basketballer und kein Teammanager oder Betreuer. Manchmal habe ich Phasen, da will ich lieber Distanz. Wenn ich dann in die Halle gehe, denke ich, dass ich ausflippe, weil ich mitmachen will und es leider nicht geht. Aber im Großen und Ganzen bin ich gut ausgelastet mit Reha. Ich trainiere trotzdem. Es ist ja nicht so, dass ich keinen Sport mache und werfe manchmal auf den Korb. Es ist schon hart.
Machst Du es mit Dir alleine klar oder sprichst Du mit jemanden darüber? Wer hilft Dir in diesen Zeiten?
Richard Freudenberg: Ich spreche mit meinen Eltern darüber, mit meinem Coach Sebastian Gleim, aber auch mit den Athletiktrainern.
Wie nah bist Du an der Mannschaft? Können Dir die Kollegen helfen?
Richard Freudenberg: Ich will nicht der Störenfried sein und den Fokus auf mich lenken. Ich bin schon noch nah am Team, habe Kontakt, auch wenn ich nicht beim Training bin. Es ist immer noch meine zweite Familie.
Denkst Du manchmal an Deinen ehemaligen Kollegen Niklas Kiel, der wegen dreier Gehirnerschütterungen seine Karriere beenden musste? Sagst Du Dir, hoffentlich passiert mir das nicht?
Richard Freudenberg: Ich bin generell ein positiver Mensch. Man macht sich aber schon seien Gedanken. Am 23. Juni 2020 war der letzte Tag, an dem ich Basketball gespielt habe. Das fing an, als ich operiert werden musste. Das schlimmste war bis dahin meine Weisheitszähne-OP … Das ist normal, dass man sich dann Gedanken macht, wie es weitergeht. Aber es bedeutet auf keinen Fall, dass man aufgibt. Über Karriereende will ich gar nicht reden, aber ich würde lügen, wenn ich nicht mal daran gedacht hatte. Natürlich habe ich mit Niklas Kiel Kontakt. Aber ich bin positiv und glaube nicht, dass das das Ende ist.
Setzt Du Dir Ziele, wann Du wieder spielen willst oder hakst Du diese Saison komplett ab?
Richard Freudenberg: Ich habe mir sonst immer Ziele gesetzt. Ich habe durch diese Verletzung gelernt, dass ich mir keine Ziele setzen kann. Es ist schwierig sich jeden Tag aufzuraffen, wenn man gar kein Ziel vor Augen hat. Ich arbeite gerne auf etwas hin und habe Substanz. Die Therapie ist nicht auf einen bestimmten Zeitraum konzipiert, sondern man macht sie so lange, bis es gut ist. Das kann zwei Wochen sein, ein bis zwei Monate oder sogar ein halbes Jahr. Gar keine Therapie ist eine hundertprozentige Garantie, dass es wieder so wird wie vorher. Und auch wenn ich wieder spielen werde, wird mich diese Sache begleiten. Es gibt wenige Spieler, die keine Wehwehchen haben. Man muss geduldig sein und trotzdem motiviert bleiben.
Wie ist da der Austausch mit Headcoach Sebastian Gleim? Lässt er Dir alle Zeit? Wie hilft er Dir vielleicht auch?
Richard Freudenberg: Wir sprechen relativ häufig. Wenn ich ein Problem habe, kann ich ihn immer anrufen. Manchmal telefonieren wir und reden gar nicht über die Verletzung, reden nur über Basketball und das Team. Ich bin ja auch schon ein Frankfurter Veteran. Es ist mein viertes Jahr in Frankfurt. Ich kenne das Team, die Philosophie und Sebastian kenne ich auch schon lange. Zum ersten Mal habe ich mit ihm in der U16-Nationalmannschaft zusammen gearbeitet.
Er kann Dich ja gut nutzen, weil Du die Spiele der Skyliners von außen siehst, die Spiele dann wunderbar analysieren kannst. Wie fällt denn Dein Fazit nach zwei Drittel der Saison für die aus?
Richard Freudenberg: Es hätte etwas besser laufen können, weil wir ein paar Spiele verhauen haben. Ich finde es eigentlich in Ordnung, was die Jungs machen. Am Anfang der Saison habe ich mich über die Zielsetzung „Klassenerhalt“ geärgert. Mein Mindset als Spieler ist nicht, dass wir nur in der Liga bleiben wollen. Ich will Playoffs spielen, jeder will Playoffs spielen. Die Chance ist da. Die Ausgangsposition ist okay, könnte aber besser sein, allerdings auch schlechter … Ich bin positiv auf das letzte Drittel gestimmt. Vielleicht können wir die Playoffs noch packen und mal sehen, eventuell bin ich dann auch dabei.
Hängt bei Euch zu viel an Matt Mobley? Wenn er nicht so funktioniert, wird es dann schwierig, ein Spiel zu gewinnen?
Richard Freudenberg: Er ist ein super Spieler und ein mega Scorer! In manchen Spielen wird sich extrem auf Matt Mobley verlassen. Aber jeder hat auch mal einen schlechten Tag. Doch wir haben ein ausgeglichenes Team. Es gab schon Spiele, da hat Rasheed Moore super gespielt. Auch Michael Kessens spielt eine gute Saison. Manchmal verlassen wir uns aber zu viel auf Matt.
Joe Voigtmann und Danilo Barthel waren auch in Frankfurt und spielen jetzt bei etablierten Euroleague-Klubs. Sind die beiden Vorbilder für Dich?
Richard Freudenberg: Auf jeden Fall. Das Ziel ist immer aufzusteigen. Ich will von der Bundesliga in die Euroleague. Und ich glaube immer noch an meine Chance in Amerika zu spielen. Die beiden sind schon Vorbilder. Frankfurt hat aber auch das Ziel in die Euroleague zu kommen und mal schauen, wie das Projekt „neue Halle“ weitergeht. Ich fühle mich hier sehr wohl, will aber auch höherklassig spielen.
Wie verfolgst Du die deutsche Qualifikation für Olympia?
Richard Freudenberg: Ich kenne die meistens Jungs. Ich hoffe, dass sie sich qualifizieren. Das Problem ist aber, wer in der Qualifikation spielen kann. Es gibt die Spieler aus der Euroleague und die Jungs aus der NBA sind in diesen Fenstern oft nicht dabei. So ist das die Chance, für Spieler wie mich, an so einer Qualifikation teilzunehmen. Wenn ich die Saison gespielt hätte, hätte ich die Chance bekommen. Es ist eine schwierige Aufgabe ohne die ganz großen deutschen Namen, aber wir sind trotzdem gut aufgestellt.
Wenn sich die deutsche Mannschaft dann qualifiziert, dann kommen diese großen Namen wieder. Wie siehst Du das? Man hilft in der Qualifikation und dann darf man den Platz wieder räumen …
Richard Freudenberg: Okay sage ich dann auf keinen Fall. Wenn man mithilft, sich zu qualifizieren, dann will man dort spielen. Das wäre auch verdient. Deutschland ist in der Basketballwelt nicht mehr irgendwer. Wir haben einige Spieler in der NBA, die spielen würden, wenn sie könnten. Aber jeder will spielen. Und genau dafür gibt es Henrik Rödl, den Bundestrainer, der das entscheiden muss. Wenn Du mich fragst, auch ein Jahr nach der Verletzung, ich würde spielen. (OD)