Philip Köster: „Ja klar wollen die mich schlagen: So ist das im Sport“.
Las Palmas de Gran Canaria ist der Geburtsort von Philip Köster, doch der fünffache Windsurf-Weltmeister in der Disziplin „Wellenreiten“ startet unter der Segelnummer G44 für Deutschland. Der 27-jährige Vater einer kleinen Tochter gehört zu den Stars der Szene und die nachkommenden Talente wollen in der Welle nicht nur bestehen, sie wollen gewinnen. Daher wird täglich an den Moves und neuen Moves gearbeitet.
Philip, seit knapp einem Jahr bist Du Vater einer kleinen Tochter. Wie geht es Deiner kleinen Familie? Wie kommt Ihr durch die Pandemie?
Philip Köster: Uns geht es sehr gut. Wir ergänzen uns bei der Betreuung unserer Tochter. Die Pandemie ist aber eine echte Herausforderung. Anfänglich hatten wir lange ein komplettes Ausgehverbot, das war anstrengend. Aber mit einem kleinen Baby hat man ja sowieso recht viel zu tun, also alles ok. Was fehlt, sind die Reisen.
Als Vater verschieben sich auch ein wenig die Prioritäten. Was hat sich seit der Geburt von Malia für Dich verändert?
Philip Köster: Nun habe ich eine Priorität mehr in meinem Leben … Beschreiben kann ich die Veränderung nicht, aber es ist ein Gefühl des Zusammengehörens … einfach schön!
Eher Windeln wechseln, oder doch lieber raus aufs Wasser?
Philip Köster: Aufs Wasser!
Aber beides ist mittlerweile Teil meines Alltags, darüber denke ich nicht mehr nach. Haben wir Tage mit sehr viel Wind, bin ich sehr lange auf dem Wasser, an anderen Tagen weniger. Da meine Partnerin auch eine Profisportlerin war, hat sie vollstes Verständnis für mein Training, das von den Wetterbedingungen abhängig ist, und nicht so planbar ist wie bei anderen Sportarten.
Du bis auf Gran Canaria geboren. Eine schöne Insel mit besten Bedingungen für Wassersport. Wann hast Du das erste Mal auf einem Brett gestanden? Und wann wolltest Du vor allem Profi werden?
Philip Köster: Ich glaube, mit sieben Jahren habe ich mit Windsurfen angefangen. Neben dem Schwimmsport, in dem ich ebenfalls an vielen Wettbewerben erfolgreich teilgenommen habe, ist Windsurfen schnell zu meiner Lieblingssportart geworden. Meine Eltern haben ein Haus direkt am Strand von Vargas. Nach der Schule konnte ich sofort raus aufs Wasser gehen. Mit den älteren Windsurfern habe ich viel Zeit zusammen auf dem Wasser in Vargas verbrach, und mein erstes FUNboard wurde mir von einem Windsurfer, mit dem ich oft gesurft bin, geschenkt.
Den Zeitpunkt kann ich nicht mehr genau sagen, ab wann ich Profi werden wollte. Was ich immer wollte, war an Wettkämpfen teilnehmen und dabei Spaß haben. Die Profikarriere hat sich durch den Erfolg dann so ergeben.
Hattest Du in Deiner Jugend ein absolutes Vorbild, ein Idol?
Philip Köster: Das war Scott McKercher.
Wenn ich richtig informiert bin, hast Du mit gerade einmal 12 Jahren Deinen ersten Wettkampf bestritten. Was war das für ein Gefühl, sich auf einmal die Welle mit den Stars der Szene zu teilen?
Philip Köster: Ich habe als kleiner Junge schon an einigen lokalen Wettkämpfen teilgenommen und auch schon gewonnen. Auch bei der PWA Youth war ich vorn dabei. Als ich zwölf Jahre alt war, bekam ich eine Wildcard, um bei den großen Windsurfern teilnehmen zu dürfen. Das war für mich etwas ganz Besonderes und eine Auszeichnung von der PWA! Bei einem „richtigen“ PWA Wave Men Wettkampf mitmischen … das war immer mein großes Ziel.
Bei meinem ersten Heat hatte ich nur einen halben Punkt weniger als mein Gegner. Das war ein erster kleiner Achtungserfolg für mich. Bei der „Youth“ durfte ich dann irgendwann auch nicht mehr teilnehmen, was ich als ungerecht empfand. Bin aber dennoch dreifacher Youth Weltmeister geworden.
Mit 27 Jahren und als fünffacher Weltmeister im Wellenreiten bist Du heute ein Star der Szene. Die jungen Talente fordern Dich heraus, wollen Dich schlagen. Wie viel trainierst Du am Tag, in der Woche, um an der Spitze zu bleiben? Und was trainiert ein Windsurfer eigentlich alles für die Fitness?
Philip Köster: Ja klar wollen die mich schlagen: So ist das im Sport!
Ich trainiere beziehungsweise windsurfe zwischen zwei und vier Stunden täglich, je nach Wind und Wellen. Während des Lockdowns habe ich mir ein Standfahrrad und Rudergerät angeschafft, ich mache auch ein wenig Hanteltraining. Draußen fahre ich ein wenig mehr Mountainbike und schwimme. Das beste Training ist und bleibt aber Windsurfen für mich.
Ist auch Ernährung ein Thema für Dich?
Philip Köster: Nicht akribisch mit einem extra Ernährungsplan. Ich esse gesund, aber gerne auch mal eine Pizza oder worauf ich gerade Appetit habe.
Neben der Fitness musst Du natürlich auch die Moves für Dein Set trainieren. Musst Du Dein Repertoire täglich wiederholen? Musst Du Dein Repertoire an Moves zu jeder Saison anpassen? Was ist mit dem Triple?
Philip Köster: Ich trainiere so wie der Wind und die Wellen es zulassen. Ich habe schon Ideen, die ich umsetzen möchte, probiere sie aus, spiele herum. Der Tripple ist nach wie vor mein Ziel. Nur kann man ihn nicht üben, die Bedingungen müssen einfach passen und dann kann es schon mal komplett spontan losgehen … wie im Finale beim PWA, da hatte ich ihn fast geschafft.
Einige Moves sind tatsächlich schon standardisiert, aber es geht natürlich immer noch radikaler und höher, oder als Kombination mit anderen. Da sind keine Grenzen gesetzt. Windsurfen entwickelt sich ständig weiter. Ich möchte mich schon ans Limit bringen. Mit meinem neuen Pro-Board „Pyro“ wird es sicher noch ein klein wenig besser gehen.
Im Mai soll die neue Saison in Marignane starten. Glaubst Du, der Termin wird mit Blick auf die Pandemie eingehalten? Siehst Du im Reisen in diesen Zeiten ein Problem? Und was ist Dein Ziel 2021?
Philip Köster: Mein Ziel ist, an Wettkämpfen der PWA oder auch beim REDBULL Stormchase teilzunehmen. Falls möglich, den Weltmeistertitel zu verteidigen. Auch habe ich einige spannende Projekte in Zusammenarbeit mit meinen Sponsoren vor.
Reisen ist derzeit natürlich ein Problem, und wird es sicherlich das gesamte Jahr 2021 auch bleiben.
Du bist fünffacher Weltmeister im Wellenreiten. Die beiden Legenden Robby Naish und Björn Dunkerbeck stehen mit sieben Titeln in dieser Disziplin an der Spitze. Willst Du sie in den kommenden Jahren zumindest hier ablösen? Wie lange planst Du überhaupt noch aktiv auf der Tour zu sein?
Philip Köster: Ich bleibe dabei, solange es körperlich geht und ich Spaß und Erfolg habe. Solange bleibe ich aktiv dabei.
Es waren früher ein wenig andere Zeiten, und ich denke nicht so in dem Schema „wer hat die meisten Titel“. In ihrer Generation haben die beiden wirklich eine ganz enorme Karriere hingelegt. Das ist schon beeindruckend. Was mir bei Robby aber sehr gut gefällt ist, dass er immer noch diesen Spaß hat und in die Wellen geht, er überträgt einen wirklichen Spirit des Windsurfens und lebt den Moment auf dem Wasser. Ich glaube schon, dass ich dem Sport viele neue und auch gute Impulse gegeben habe und Windsurfen sich wieder als coole Trendsportart etabliert hat.
Welcher von den Titeln hat für Dich die größte Bedeutung? 2011, weil es der erste Titel war. 2012, weil Du den Titel verteidigen konntest. Oder 2017, weil Du aus einer schweren Verletzung kamst…
Philip Köster: Das ist ganz schwer zu sagen, denn es ist immer eine Geschichte dahinter und jeder Titel hatte seine ganz besonderen Momente. Natürlich fühlt sich der erste Titel anders an, als ein Comeback nach einer Verletzung. Alle Titel sind völlig anders von der Bedeutung, aber 2011 war eine supertolle Überraschung.
Warum hast Du Dich eigentlich auf das Wellenreiten konzentriert?
Philip Köster: Ich glaube, weil es viele verschiedene Komponenten vereint, Speed, Sprünge, etwas Freestyle, Kreativität und der riskante Höhenrausch.
Beim Slalom allerdings sind die Bewertungskriterien klar, im Wave manchmal strittig, dennoch bin ich derzeit lieber im Wave, für mich liegt da der besondere Anreiz darin, alles aus mir herauszuholen.
Mein Idol, Robby Naish, hat nach dem Windsurfen eine zweite professionelle und weltmeisterliche Karriere im Kitesurfen begonnen. Könntest Du Dir einen späteren Wechsel der Disziplin vorstellen?
Philip Köster: Ja, auf alle Fälle! Ich habe jetzt mit Takoon einen WINGFoil Partner, und glaube, dass ich nächstes Jahr einfach mal ein paar Wettkämpfe mitmachen werde. Aber noch muss ich ein wenig üben. Slalom ist auch eine Option, das geht gut wenn man älter ist.
Als Schlusspunkt, Philip: Hat die Nummer G44 eine Bedeutung?
Philip Köster: Ich hatte anfänglich die Nummer E44. Als wir beschlossen hatten, auf eine deutsche Nummer zu wechseln, wollte ich unbedingt bei der 44 bleiben. Damit hatte ich schon Erfolg und man kannte mich mit der Nummer. Die G44 war aber schon vergeben. Philip Richter hatte sie, aber zum Glück wollte er zu diesem Zeitpunkt seine Profikarriere beenden. Meine Eltern haben ihn nach Gran Canaria eingeladen und mir wurde offiziell die G44 übergeben. (TX)
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