Oliver Zeidler: „Mein Ziel ist es eine Medaille mit nach Hause zu bringen“.
Oliver Zeidler war bis zum Jahr 2016 erfolgreicher Schwimmer, seit 2016 ist der 2,03 Meter Hüne im Einer unterwegs. Welt- und Europameister 2019 im Rudern sowie erneut Europameister 2021. Damit gilt der 24-jährige Bayer als der große Favorit auf Gold bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio. Im exklusiven Interview erklärt Oliver Zeidler den Grund für den späten Wechsel und seine persönlichen Ziele …
Oliver, Du bist Weltmeister 2019 sowie Europameister 2019 und 2021. Wer soll Dich bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio bezwingen?
Oliver Zeidler: Die letzten Jahre verliefen fast bilderbuchmäßig für mich und auch die aktuelle Form in der Saison 2021 kann sich sehen lassen. Allerdings sollte man auf Weltklasseniveau und in der am härtesten umkämpften Bootsklasse, nämlich dem Männer-Einer, niemanden unterschätzen. Kleinste Fehler und die Tagesform entscheiden hier über Sieg und Niederlage. Die stärksten Konkurrenten ums Gold kommen meiner Meinung nach aus Norwegen und Dänemark.
Seriöser gefragt: Mit welchem Ziel fährst Du nach Tokio?
Oliver Zeidler: Ich fahre nach Tokio, um mir den Traum einer Olympia-Teilnahme zu erfüllen. Mein Ziel ist es eine Medaille mit nach Hause zu bringen, vorzugsweise natürlich aus Gold!
Wie hast Du Dich auf Olympia in Tokio vorbereitet? Schließlich haben wir 2021 und nicht mehr 2020. Wie hast Du diese Monate also überbrückt?
Oliver Zeidler: Dadurch, dass Rudern eine Outdoor Sportart ist und ich natürlich im Einer auch keinen Kontakt zu anderen Menschen hatte, waren die letzten Monate trainingstechnisch relativ normal. Zudem hat es geholfen, dass allen Kaderathleten Ausnahmeregelungen zugesprochen wurden. Ich konnte also an der Regattastrecke Rudern, im Olympia Stützpunkt mein Krafttraining machen und Technogym hat mein Home Gym ausgestattet, wodurch ich für das Training teilweise nicht einmal mein Elternhaus verlassen musste. Im Rudern auf Hochleistungsniveau kann man sich keine längeren Pausen leisten, die Ausdauerfähigkeit und das Bootsgefühl nehmen viel zu schnell ab, man kommt in Trainingsrückstand.
Auch mit Blick auf den Lockdown samt Sportverbot. Ich habe gelesen, Du bist kein großer Fan von Rudermaschinen. Wie trainierst Du?
Oliver Zeidler: Wie gesagt, vom ganzen Sportverbot war ich bis auf zwei Wochen nicht betroffen, da ich mir Ausnahmegenehmigungen einholen konnte. Dass ich kein großer Fan von Ergometern bin, halte ich für ein Gerücht …
Natürlich bevorzuge ich das Training im Boot, aber auch das Ergometer nutze ich ganzjährig und gehöre auch dort zu den stärksten der Welt!
Du bist ja ehemaliger Schwimmer und jeder kennt den Satz: „Das Wasser war heute nicht so griffig“. Gibt es so etwas auch beim Rudern? Also gibt es auch bestimmte Bedingungen, bei denen es besser/schlechter läuft?
Oliver Zeidler: Durch das jahrelange Schwimmtraining habe ich aber ein besseres Wassergefühl als viele andere, wodurch ich mich auch schneller anpassen kann. Der größte Faktor im Rudern ist allerdings der Wind, dieser kann ein Rennen extrem hart und lang werden lassen oder einen über die Strecke tragen.
Bei mir an der Schule wurde damals in der Oberstufe Rudern ganz normal im Sport angeboten. Auf dem Main fühlte ich mich wohl, auf dem Rhein eher nicht so. Eure Wettkämpfe finden auch auf komplett unterschiedlichen Gewässern statt, beispielsweise künstlicher Kanal oder natürlicher See. Macht dies einen Unterschied für Dich, in der Vorbereitung im Wettkampf?
Oliver Zeidler: Jede Strecke hat seine Besonderheiten und das Wasser fühlt sich überall anders an, da muss man sich erst einmal zurechtfinden und gegebenenfalls auch die Skull-Länge anpassen. Grundsätzlich finden jedoch die Elite-Regatten auf stehendem Wasser statt, was natürlich schon einmal den Faktor von Strömungen eliminiert und faire Bedingungen ermöglicht.
Wie teilst Du Dir generell ein Rennen ein? Bist Du eher der dominante Ruderer im Wettkampf, oder reagierst Du generell auf die Situationen …
Oliver Zeidler: Gerne lege ich mich vors Feld und dominiere das Rennen, allerdings muss auch das Reagieren gelernt sein. Beide Taktiken habe ich diese Saison und die letzten Jahre geprobt und sind für Tokio einsatzbereit.
Du hast erst mit 20 Jahren mit dem Rudern begonnen. Gleich mit dem Einer. Ich saß damals auf der letzten Position im Vierer und jeder Wechsel rüber in den Einer war mit sehr viel Wasserschlucken verbunden. Wie lange hast Du gebraucht, für den reibungslosen technischen Ablauf?
Oliver Zeidler: Das hat bei mir etwa ein halbes Jahr gedauert, obwohl ich weiterhin Probleme hatte, die Länge in den Schlag reinzubekommen. Wirklich wohl habe ich mich erst nach etwa einem Jahr gefühlt.
Wie hat eigentlich Deine Familie damals reagiert, als Du Schwimmer und nicht Ruderer werden wolltest? Immerhin ist Dein Großvater Olympiasieger, Dein Vater stand in Endläufen bei Weltmeisterschaften, Dein Onkel ist Weltmeister und Deine Tante Olympiasiegerin … Du willst Schwimmer werden?
Oliver Zeidler: Meine Familie hat mich immer unterstützt und im Alter von 7 Jahren, als ich mit dem Schwimmen begonnen habe, war ich fürs Rudern auch noch viel zu jung. Ich blieb im Wasser, da ich dort erfolgreich war und meine Familie war auch auf meine Schwimmerfolge stolz.
Oliver, per dezentraler Einkleidung hast Du schon Deine Sachen für Olympia bekommen. Wie hat Dir dieses aus der Not geborene Konzept gefallen? Hat die Roadshow, der Truck, die Kleidung die Vorfreude entfacht?
Oliver Zeidler: Das war endlich etwas Greifbares und das Zeichen, dass es nun wirklich losgeht. Ich bin voller Vorfreude und die Tatsache, dass die Sachen zu mir gekommen sind, finde ich persönlich echt gut, so brauchte ich mein Training nicht einschränken. (TX)
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