Nia Künzer: „Ich würde mir eine nachhaltige Umsetzung wünschen“.
Nia Künzer gewann mit dem 1. FFC Frankfurt sieben Mal die Meisterschaft und den DFB-Pokal, doch vor allem das „Golden Goal“ bei der Weltmeisterschaft 2003 fällt den meisten Menschen zur Fußball-Weltmeisterin ein. Dabei bietet die Karriere und das Leben der heutigen „ARD“-Expertin so viel mehr. Bei einer Diskussionsrunde von Volkswagen offenbarte Nia Künzer interessante Punkte zum Frauen-Fußball.
Frau Künzer, wie betrachten Sie die ganze Entwicklung des deutschen Frauen-Fußballs in den letzten rund 20 Jahren?
Nia Künzer: Es gibt natürlich ganz viele Aspekte, wie sich der Fußball der Frauen in den letzten 20 Jahren entwickelt hat … schauen wir auf die Mädchen. Nach meinem Empfinden ist es recht normal geworden, dass die Mädchen heute Fußball spielen. Für mich persönlich ist dies ein wichtiger Aspekt, weil ich damals in meiner Jugend fast immer das einzige Mädchen war, das Fußball gespielt hat. Ich möchte, dass so viele Menschen wie möglich an dieser so großartigen Sportart teilhaben können.
Dann gibt es die Liga, die sich aktuell toll entwickelt, aber auch weil sie seit Jahren großes Entwicklungspotenzial hatte. Was Sichtbarkeit, was Professionalisierung und was die Rahmenbedingungen, vor allem für die Spielerinnen, an ging und geht.
Dann gibt es die Nationalmannschaft, die uns im vergangenen Sommer in England alle begeistert hat, auch wenn sie am Ende nicht Europameisterinnen wurden. Wir haben auch schon zuvor gut gespielt und erfolgreich gespielt, aber diese Truppe hat ein sportliches Ausrufezeichen gesetzt. Dieses Turnier war ein großer Booster!
Kurz gesagt: Die Gesamtentwicklung ist schön zu verfolgen, aber es gibt weiterhin genug Aspekte, an welchen auch künftig noch gemeinschaftlich gearbeitet werden muss, damit es auch alles nachhaltig wird. Nachhaltigkeit ist kein Selbstläufer!
In welchen Bereichen sehen Sie Verbesserungspotenzial?
Nia Künzer: Wir wollen immer, dass mehr Mädchen den Fußball für sich entdecken und Fußball aktiv spielen. Dafür brauchen wir jedoch auch mehr Trainerinnen, mehr Schiedsrichterinnen … mehr aktive Frauen. Frauen, die den Mädchen als Vorbilder dienen. Generell fehlen ohnehin Frauen, Frauen die wichtige Funktionen bekleiden. Ich bin kein Freund von Quoten, aber Frauen machen rund 50 Prozent der heutigen Gesellschaft aus, in den Gremien sind Frauen aber massiv unterrepräsentiert. Das ist nur ein Bereich, der dringend in Angriff genommen werden muss.
Anlässlich des drohenden TV-Blackouts. Wie wichtig wäre die Sichtbarkeit für den Frauen-Fußball in Deutschland?
Nia Künzer: Ich glaube, die Europameisterschaft im vergangenen Sommer hat doch eindeutig gezeigt, dass die Menschen den Fußball der Frauen sehen wollen. In der „ARD“ hatten wir ganz, ganz starke Quoten erzielt … alle können eigentlich nur ein Interesse haben, nämlich, dass auch die Weltmeisterschaft 2023 die größtmögliche Sichtbarkeit erfährt. Die Menschen wollen es sehen, und die allergrößte Sichtbarkeit können eben nur „ARD/ZDF“ leisten … keine Bezahlschranke oder Stream.
Welche Konsequenzen drohen aus dem TV-Blackout?
Nia Künzer: Ich finde es schwierig darüber zu sprechen … es wäre natürlich für den Fußball der Frauen und vor allem auch für die Mädchen, die ihren Idolen nacheifern wollen, absolut fatal. Es wäre auch ein gesellschaftlicher Tiefpunkt!
Welche Entwicklungen erhoffen Sie sich persönlich in den kommenden Jahren generell im Frauen-Fußball noch?
Nia Künzer: Es hat sich bereits sehr viel getan und es gibt sehr viele gute Ansätze, mein Wunsch wäre einfach nur, dass nachhaltig an der Umsetzung gearbeitet wird. Es sind so viele Aspekte … ich hoffe nur, dass alle Mädchen ihren Idolen in Zukunft nacheifern können, darum müssen sie den Zugang zum Fußball bekommen. An der Schule, in den Vereinen … ich denke, das ist eine riesige Herausforderung. (TX)
Foto: Nia Künzer Copyright Volkswagen