Nathalie Pohl: „Ich möchte auf jeden Fall die Ocean´s Seven vervollständigen“.
Das macht Nathalie Pohl so schnell keiner nach: Als erste Deutsche meisterte die Freiwasserschwimmerin die 47 Kilometer zwischen den hawaiianischen Inseln Oahu und Molokai. Was für eine Leistung! Der Kanal gilt als eine der härtesten und längsten Freiwasserstrecken der Welt. Ganze 15:05 Stunden hat sich Nathalie Pohl mit über 50.000 Armzügen bei zeitweise völliger Dunkelheit durch das Wasser gekämpft.
Frau Pohl, Sie setzen regelmäßig neue Rekorde beim Freiwasserschwimmen. Im August 2022 haben sie die gut 47 Kilometer zwischen den hawaiianischen Inseln Molokai und Oahu gemeistert, als erste Deutsche noch dazu. Sie waren 15:05 Stunden allein im Pazifik unterwegs. An was denken Sie in dieser Zeit? Mit welchen Gedanken halten Sie die Motivation hoch?
Nathalie Pohl: Während dem Schwimmen versuche ich so konzentriert wie möglich zu bleiben. Alles andere würde dazu führen, dass ich den Fokus verliere und das möchte ich natürlich vermeiden. Das gelingt jedoch nicht immer. Bei der aktuellen Strecke, die ich geschwommen bin, hatte ich mit starker Übelkeit zu kämpfen. Von daher sind meine Gedanken ziemlich umhergekreist. Meine Motivation nehme ich mir aus meinem Ehrgeiz und meinem festen Glauben an meine Fähigkeiten.
Teilweise sind Sie bei völliger Dunkelheit geschwommen und im Pazifik sind keine Goldfische beheimatet. Haben Sie keine Angst gehabt?
Nathalie Pohl: Um ehrlich zu sein, hat sich die Angst in Maßen gehalten. Es ist schon ein etwas seltsames Gefühl zu schwimmen, ohne viel sehen zu können. Aber das Kajak und mein Team neben mir haben dafür gesorgt, dass ich mich immer gut aufgehoben und beschützt gefühlt habe.
Wenn Sie am Tag X im Wasser unterwegs sind, salopp gesagt, müssen Sie nur noch schwimmen. Doch wie langen dauern die Vorbereitungen und was muss denn alles bei solch einem Projekt bedacht werden?
Nathalie Pohl: Die Vorbereitungen dauern sehr, sehr lange. Ich muss mich nicht nur körperlich, sondern auch mental auf so eine Strecke vorbereiten. Am wichtigsten ist, dass das Team ideal aufeinander abgestimmt ist. Man muss für jede Situation dort draußen gewappnet sein. Das Training fordert mir außerdem einiges ab, damit ich mich ausreichend vorbereitet fühle. Ich muss mich wirklich vorbereitet fühlen!
Beim Marathon kommt rund um Kilometer 33 irgendwann der „Mann mit dem Hammer“. Gibt es so etwas auch beim Extremschwimmen?
Nathalie Pohl: „Der Mann mit dem Hammer“ muss ich in erster Linie selbst sein, denn beim Schwimmen in vollkommener Dunkelheit ist jede Menge Willensstärke gefragt. Zudem habe ich mein Team, das mich ab einem gewissen Punkt motiviert und erinnert, dass ich es schaffen kann.
Wie viele Kilometer müssen schwimmen Sie in der Woche? Und wenn man im Freiwasser schwimmt, trainiert man dann nur dort?
Nathalie Pohl: Ich nehme mir ein Ziel pro Woche vor, das ich dann im besten Fall auch erreiche. Je nachdem können es dann mehr oder weniger Kilometer in der folgenden Woche sein. Im Schnitt schwimme ich pro Woche etwa 20 Kilometer. Das Training findet hauptsächlich im Hallenbad statt. Ich trainiere aber auch im Sommer oft in Portugal im Meer. Bei der mentalen Vorbereitung oder den Atemübungen bin ich überhaupt nicht im Wasser. Dieser wichtige Teil passiert allein an Land.
Nicht jeder Mensch wird Rekorde im Wasser brechen, aber immer mehr Kinder sind heute Nichtschwimmer. Was muss sich hier verändern?
Nathalie Pohl: Ein wirklich wichtiges Thema, das meiner Meinung nach viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Ich denke, dass man in erster Linie aufklären muss. Was sind potenzielle Gefahren? Wie kann man diese verhindern? Außerdem sollte das Schwimmkurs-Angebot für Kinder stark erweitert werden. Besonders Familien, die auf dem Land leben, haben es manchmal richtig, richtig schwer den geeigneten Schwimmkurs für ihre Kinder zu finden.
Welche Projekte stehen für die weitere Zukunft an?
Nathalie Pohl: Ich möchte auf jeden Fall die Ocean´s Seven vervollständigen. Dafür habe ich noch zwei weitere Etappen vor mir: Die Querung der Cookstraße zwischen der Nord- und der Südinsel Neuseelands. Und dann der Nordkanal zwischen Irland und Schottland. Wenn ich ehrlich bin, dann freue ich mich schon darauf! (TX)
Danke und viel Spaß bei den beiden Projekten!