Mitja Borkert: „Wir bearbeiten immer jedes Modell bei Lamborghini nur für sich“.
Mitja Borkert leitet bereits seit Anfang des Jahres 2016 das Design der italienischen Sportwagenmarke Lamborghini und ist folglich hauptverantwortlich für alle Modelle der Marke seit dem Lamborghini Urus. Wobei Mitja Borkert in der Endphase auch noch beim SUV Hand angelegt hat. Im Gespräch mit Jens Meiners von der Autoren-Union Mobilität gibt der Designer Einblicke in die Strategie in Zeiten des Umbruchs.
Herr Borkert, in welche Richtung möchten Sie die Marke weiterentwickeln?
Mitja Borkert: Das Tolle an Lamborghini ist die unglaublich reiche Historie. Und deshalb kann ich mir jeden Lamborghini vorstellen, die Formensprache passt in die unterschiedlichsten Segmente. Natürlich haben wir Schubladen voller Ideen. Mein philosophisches Manifest ist dabei der Terzo Millennio: Daraus wird man immer viele Elemente sehen, zum Beispiel das Y-Motiv oder die Flächenbehandlung.
Wenn alles ginge, geht auch ein Stadtauto?
Mitja Borkert: Als Designer würde ich immer eine Antwort geben: Ja. Die Frage ist allerdings, was produktstrategisch Sinn ergibt. Wir arbeiten an einem Konzept auf Basis des Lamborghini Huracán, das nicht nur offroad gut aussieht, sondern auch einen städtischen Aspekt hat. Ein „everyday supercar“.
Sie spreizen die Modellpalette bei Lamborghini also zukünftig weiter auf?
Mitja Borkert: Wir werden beim Huracán schon in dieser Generation ein Angebot haben, das nicht diverser sein kann. Künftig stehen unsere zwei Supersportwagen auf einer eigenständigen Plattform, hier erleben wir jetzt das Jahrzehnt der Hybride. Beim Urus gehen wir hingegen perspektivisch in die Vollelektrifizierung, genau wie bei unserem für 2028 angekündigten vierten Modell. Die genaue Ausprägung sowie Positionierung ist aber noch völlig offen ist. Es wird aber ein Lamborghini!
Was ändert sich mit der Elektrifizierung?
Mitja Borkert: Sie eröffnet uns maximale Freiheitsgrade. Heute haben wir einen großen Motor mit Getriebe, die Seitenansichten werden durch die Kühler definiert. In der Zukunft kann ich mehr im Layout arbeiten, der Auspuff wird entfallen und das kann ich wunderbar nutzen für Durchströmung und intelligente Aerodynamik. Beim Terzo Millennio habe ich zum Beispiel ein pures Lamborghini-Heck, aber die Kabine läuft hinten zusammen wie ein Boot, es ist alles durchströmt. Elektroautos atmen anders und das möchte ich visualisieren. Sie müssen zum Beispiel im Stand, beim Laden gekühlt werden. Da müssen Öffnungen sein.
Sprechen wir über das Felgendesign. Planen Sie eher ein Aero-Design?
Mitja Borkert: Gegen Scheibenräder sperre ich mich; wir können starke Ergebnisse erzielen, ohne die Dreidimensionalität aufzugeben. Wir haben die unterschiedlichen Vorbilder aus der Historie, etwa die Countach-Felge mit den fünf Löchern.
Der dann brandneue Lamborghini Countach verweist ganz eindeutig auf die Nachfolger von Huracán und Aventado?
Mitja Borkert: Er steht in erster Linie für sich ganz alleine. Wir bearbeiten immer jedes Modell bei Lamborghini nur für sich, das kann jeweils ein „Spaceship“ werden oder auch ein essentielles, ikonisch reduziertes Auto.
Sie arbeiten aktuell sehr, sehr viel mit Kohlefaser. Was kommt danach?
Mitja Borkert: Danach kommt der 3D-Druck in den verschiedensten Ausprägungen. Ich erwarte da einen Durchbruch, man kann da auch mit Metall und Glas arbeiten und optische Transparenz hineinbringen. Aber CFK wird uns noch eine ganze Weile begleiten, weil es einfach ein tolles Material ist. Es bleibt weiter spannend. (cen)