Milena Nikolic: „Das Jahr hat schon die Entwicklung der Mannschaft gezeigt“.
Milena Nikolic ist Stürmerin bei Bayer 04 Leverkusen. Allein durch die 1,83 Meter kann man die Nationalspielerin von Bosnien und Herzegowina im Strafraum nicht wirklich übersehen, trotzdem zappelt der Ball regelmäßig im Netz der gegnerischen Mannschaft. Kein Wunder, beschreibt sich die Torschützenkönigen der Champions League 2013/14 selbst als „klassische Stürmerin“. Noch mehr im Interview …
Milena, seit zwei Jahren spielst Du für Bayer 04 Leverkusen. Vergleicht man die erste mit der zweiten Saison, hast Du Deine Torquote beinah verdreifacht. Würdest Du sagen, Du bist in Leverkusen angekommen?
Milena Nikolic: Auf jeden Fall. Als ich ankam musste ich mich erst einmal an das Umfeld gewöhnen und in die Mannschaft integrieren. Im zweiten Jahr habe ich mich von Anfang an wohl gefühlt, ich habe mich gut eingelebt. Aber diese Saison läuft es nicht nur besser für mich, sondern für die ganze Mannschaft. Letztes Jahr hatte ich mehr Vorlagen, in diesem Jahr habe ich mehr Tore. Es läuft einfach etwas besser.
Als was für eine Stürmerin würdest Du Dich selbst beschreiben?
Milena Nikolic: Ich denke, ich bin eine klassische Stürmerin. Kopfbälle liegen mir, ich gehe auch die Wege in die Tiefe. Eine klassische Stürmerin vor dem Tor eben.
Mit 1,83 Meter würde man sagen, Du bist eine ganz schöne Kante. Wobei Dir die Masse fehlt, Du eher filigrane Körperformen hast. Vor dem Interview habe ich mich mit meinem Fitness- und Reha-Trainer unterhalten, welcher ebenfalls aus Bosnien und Herzegowina kommt. Er erklärte mir, dass Du sehr laufstark bist, die Situation gut liest und eine gute Technik besitzt. Woher kommt diese Technik? Die berühmt-berüchtigte „Balkan-Schule“ …
Milena Nikolic: Ich gehöre schon zu den größeren Spielerinnen, der Körperbau ist aber eher genetisch bedingt … die Technik? Ich habe früher immer recht viel alleine trainiert. Ich habe, als ich noch jünger war, sehr viel gegen die Wand gearbeitet. Das ist meine fußballerische Grundlage. Später im Verein habe ich mich dann durch das regelmäßige Training technisch immer weiter verbessert.
In den einzelnen Mannschaften habe ich dann auch immer taktisch sehr viel gelernt, aber gewisse Sachen auf dem Platz sind bei mir rein intuitiv. Natürlich der Situation geschuldet, aber durch die Taktik sind gewisse Abläufe natürlich immer vorgegeben.
Wer waren oder sind Deine sportlichen, fußballerischen Vorbilder?
Milena Nikolic: Ich habe mich immer an Fußballerinnen orientiert, die auf meiner Position spielen, also klassische Stürmerinnen sind, und auch ähnliche körperliche Voraussetzungen haben. Also körperlich eher größer sind.
Bayer 04 Leverkusen hat auch eine recht erfolgreiche Mannschaft bei den Männern. Schaust Du ab und zu beim Training zu und nimmst Du dann etwas mit? Findet generell ein Austausch im Verein statt?
Milena Nikolic: Wir trainieren ja am Leistungszentrum Kurtekotten und nicht an der BayArena. Somit sind wir in der Regel eher für uns. Es gibt Berührungspunkte, etwa in der Reha, aber eigentlich sind wir getrennt.
Wobei immer wieder Vereinsverantwortliche, wie Simon Rolfes, Stefan Kießling oder Fernando Carro zu unseren Spielen kommen und uns unterstützen.
Bayer gehört zu den größten Förderern im deutschen Sport, nicht allein nur im professionellen Fußball bei Frauen und Männern. Der Standort Leverkusen steht beispielsweise auch für hochwertige Leichtathletik. Fließen denn solche Elemente auch ab und zu bei Euch ebenfalls ins Training mit ein?
Milena Nikolic: Im Leistungszentrum oder bei der Reha kommt es immer wieder zu einem Austausch, speziell beim Training, dann aber nicht. Durch die Pandemie sind solche Momente aber eigentlich nicht mehr gegeben.
Wenn ich die Tordifferenz betrachte, dann reichen Deine Tore allein nicht aus. Was muss sich in der kommenden Spielzeit alles verbessern, damit es auch in der Tabelle in Richtung internationale Plätze geht?
Milena Nikolic: Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg. Das Jahr hat schon die Entwicklung der Mannschaft gezeigt. Wir waren schon stabiler als in der vorherigen Saison, aber wir müssen natürlich noch routinierter und konstanter werden. Auch ein paar eher leichte Punkte haben wir liegen lassen, auch das müssen wir kommende Saison abstellen.
Einmal bitte ganz selbstkritisch. Wo kannst Du Dich verbessern?
Milena Nikolic: Ich kann mich konditionell noch verbessern, aber auch technisch und taktisch gibt es immer Potenzial für Besserungen.
In der Saison 2013/14 warst Du Torschützenkönigen der Champions League, obwohl schon im Sechszehntelfinale das Aus kam. Bei ZFK Spartak Subotica hattest Du eine unglaubliche Torquote. In Sand und bei Bayer fehlt aber noch etwas, um an diese alte, gute Treffsicherheit anzuknüpfen. Wie würdest Du das spielerische und technische Niveau der Frauen-Bundesliga im Vergleich zum Fußball in Deiner Heimat generell einstufen?
Milena Nikolic: Wir hatten damals auch Glück, weil wir eine leichte Gruppe hatten. Wir hatten alle drei Partien hoch gewonnen und dann hatte ich schon zehn Tore in drei Spielen. Das Niveau in der Bundesliga ist ein komplett anderes. Jedes Spiel ist anstrengend, jede Mannschaft ist unangenehm zu spielen, es ist gar nicht so leicht Punkte zu holen und Tore zu schießen. Es ist ein anderes, besseres Niveau.
Abschließend: Wie bist Du eigentlich zum Fußball gekommen?
Milena Nikolic: Ich habe früher immer auf der Straße gespielt. Mit meinem Bruder und den anderen Jungs in meiner Heimatstadt. Im Jahr 2002 gab es dann dort eine Mannschaft nur für Frauen, erst einmal habe ich dann dort trainiert und später auch gespielt. So fing meine Karriere damals im Fußball an. (LB/TX)
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