Martin Kaymer: „Ich möchte schnell in die Top 50 der Weltrangliste zurückkehren“.
Martin Kaymer hat 2010 die PGA Championship und 2014 die US Open gewonnen. Damit hat der 36-jährige Düsseldorfer zwei Major-Turniere gewonnen. Im Jahr 2011 führte der mehrfache Gewinner des Ryder Cups zudem die Golfweltrangliste an, als zweitjüngster Golfer überhaupt. Doch Martin Kaymer durchlief auch schwere Jahre. Im exklusiven Interview geht es um die Hochs und Tiefs, oder einfach nur um Golf.
Herr Kaymer, die Olympischen Sommerspiele stehen endlich vor der Tür. Das größte Sportevent der Welt. Doch Sie verzichten freiwillig auf Tokio. Warum?
Martin Kaymer: Ich bin ein riesengroßer Fan von Olympia, ich habe in Rio 2016 Erfahrungen machen dürfen, die mich mein Leben lang begleiten werden und mich sowohl als Sportler als auch als Mensch beeinflusst haben.
In diesem Jahr fühlt es sich unter den gegebenen Umständen aber nicht richtig an, nach Tokio zu reisen.
Paris 2024 und Los Angeles 2028 peilen Sie also wieder aktiv an? Oder hängt ein Start, um bei den zwei Daten zu bleiben, auch vom Kurs ab?
Martin Kaymer: Absolut, ich werde alles dafür tun, um bei beiden Spielen wieder aktiv dabei sein zu dürfen. Insbesondere Paris 2024 würde mir sehr liegen, da es höchstwahrscheinlich auf Le Golf National stattfinden wird, einem Platz, auf dem ich schon gewonnen habe und der mir sehr liegt.
Ansonsten spielt der Platz aber nur eine untergeordnete Rolle.
Neben Ihnen fehlen auch noch ein paar andere prominentere Namen in Tokio. Erhöht dies die Chancen von Golf Team Germany auf Edelmetall? Wie würden Sie generell die nominierten Golferinnen und Golfer für „Team D“ einstufen?
Martin Kaymer: Sowohl Max als auch Hurly haben bis jetzt eine sehr gute Saison gespielt und absolut das Zeug, in den Kampf um die Medaillen einzugreifen. Sophia hat ein Major gewonnen, sie weiß also, wie sich entscheidende Phasen in einem großen Turnier anfühlen und Caro hat durch ihre Solheim Cup Teilnahmen sehr viel Erfahrung. Ich würde mich nicht wundern, wenn eine Medaille im Golf gewonnen wird und wünsche den Vieren nur das Beste.
Auf Tokio verzichten Sie. Was sind die Ziele generell für 2021?
Martin Kaymer: Ganz kurzfristig möchte ich mich noch für die Open in drei Wochen qualifizieren, da brauche ich in den kommenden zwei Wochen noch ein absolutes top Ergebnis in Irland oder Schottland. Außerdem möchte ich schnellstmöglich in die Top 50 der Weltrangliste zurückkehren, um meine Turnierplanung der kommenden Monate etwas zu erleichtern.
Sie sind gebürtiger Düsseldorfer und in einem alten Beitrag hatte ich gesehen, Sie sind der rheinischen Kulinarik nicht ganz abgeneigt. Passt denn diese Art der doch eher deftigen Ernährung zum Leben eines professionellen Golfers?
Martin Kaymer: Ab und zu braucht doch jeder einmal eine ganz kleine kulinarische Sünde. Ich bin jedenfalls immer sehr froh, wenn ich mal im Rheinland bin und dort heimisches Essen auf dem Tisch ist. Aber Spaß beiseite, natürlich geht das nicht jede Woche, aber ab und an schmeckt es einfach gut.
Ein guter Freund hat in seiner Jugend ambitioniert Golf gespielt. Ich habe ihn damals dafür belächelt, weil Golf kein Sport ist! Dann war ich einmal in Madrid sein Caddie und habe meine Meinung geändert. Wie viel müssen Sie in der Regel trainieren? Und was machen Sie dazu für die Kondition?
Martin Kaymer: Ich arbeite täglich rund eine Stunde nur an meiner Fitness, sowohl golfspezifisch als auch generell. Dazu gehören unter anderem Joggen, Stretching oder auch Indoor-Cycling. Gerade mit den vielen Reisen sowie unterschiedlichen Zeitzonen ist Fitnesstraining auch zur Verletzungsvorsorge wichtig.
Golf fordert auch in vielen Punkten den Kopf. Nutzen Sie mentale Übungen?
Martin Kaymer: Ab und an streue ich eine Stunde Yoga oder Meditation ein, lese viel. All das hilft mir, um mich auf dem Platz besser konzentrieren zu können.
Ziel aller Golfer ist scheinbar immer die PGA Tour. Was ist an der European Tour denn falsch? Was ist der Unterschied zwischen den kleinen und großen Turnieren in Nordamerika und den vielen Turnieren in Europa?
Martin Kaymer: Gerade im Moment zeigen sich die Unterschiede am deutlichsten. Wenn beispielsweise in den USA ein Turnier ausfallen muss oder etwa ein Sponsor wegfällt, stehen direkt ein anderer Golfplatz und ein anderer Sponsor bereit, um den normalen Spielfluss bestmöglich am Laufen zu halten. Außerdem spielen immer die besten Spieler, auf top Plätzen unter top Rahmenbedingungen. Das Gesamtpaket der PGA Tour für Spieler ist einfach vielfältiger, sei es zum Beispiel auch durch die gesundheitliche Absicherung der gesamten Familie, Rentenvorsorge, etc.
Bitte nicht falsch verstehen, ich bin ein großer Fan von der European Tour … aber in den USA ist alles mehrere Nummern größer.
Sie wurden zum Vize-Kapitän für den Ryder Cup im September bestimmt. Was macht denn so ein Vize-Kapitän, und was macht dieses Format generell aus?
Martin Kaymer: Der Ryder Cup hat eine ganz eigene Faszination, da selbst Nicht-Golfer sehr schnell verstehen können, worum es geht und mitfiebern können. Team gegen Team, Europa gegen die USA, Matchplay. An jedem Loch passiert etwas, die Spielform ist sehr kurzweilig.
In der Woche kann es allerdings auch ab und an sehr hektisch werden, wenn man kurzfristig auf Ergebnisse reagieren oder sich um einzelne Spieler kümmern muss. Meine Rolle als Vizekapitän ist so angedacht, dass ich durch meine Erfahrung mit zwei Major-Siegen in den USA und der Drucksituation 2012 in Medinah den Spielern vor Ort ein gutes Gefühl gebe und dem Kapitän zuarbeite.
Was denkt ein professioneller Golfer über Crossgolf oder X-Golf?
Martin Kaymer: Das ich das eigentlich gerne einmal selbst probieren würde, da es zwar „meine“ Sportart ist, aber sicher etwas ganz Neues wäre! (TX)
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