Marla Bergmann und Hanna Wille: „Unser langfristiges Ziel ist Paris 2024“.
Marla Bergmann und Hanna Wille segeln zusammen in der 49er FX Klasse und das große Fernziel sind die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris. Wobei eigentlich vor Marseille gesegelt wird. Erst einmal müssen sich die Gewinnerinnen in der U21-Wertung der letzten Junioren-Weltmeisterschaft bei den Seniorinnen etablieren. Ihr Können werden Marla Bergmann und Hanna Wille bei der Kieler Woche zeigen.
Was ist für Euch das faszinierende beim Segeln?
Marla Bergmann: Es sind viele verschiedene Faktoren. Ich find die Komplexität des Segelsports faszinierend. Es kommt auf die eigene Fitness an, ist das Boot perfekt getrimmt, dazu muss man auf dem Wasser die richtige Strategie und Taktik finden. Man muss das Wetter richtig lesen und die Position zu den Mitbewerbern einordnen … beim Wettkampf muss man das alles auf den Punkt bringen. Das ist es, was das Segeln so cool macht. Die Kombination aus dieser Komplexität zusammen mit der Freiheit, die der Segelsport bietet, ist pure Faszination.
Warum die 49er FX Klasse?
Hanna Wille: Es gibt nicht so viele Bootsklassen, in denen man als Frauen zu zweit starten kann. Bis zur letzten Olympiade gab es noch zwei und jetzt gibt es eigentlich nur noch eine. Da wir auf jeden Fall zusammen segeln wollten, war es ein logischer Schritt. Die 49er FX Klasse hatten wir uns aber auch schon vorher ausgesucht, da es eine coole und schnelle Klasse ist.
Das vergangene Jahr war äußerst erfolgreich für Euch. Was habt Ihr Euch für das laufende Jahr noch so alles vorgenommen?
Marla Bergmann: Wir sind eigentlich im letzten Jahr ohne große Erwartungen in die Saison gestartet. Durch die Pandemie waren wir den ganzen Winter über in Kiel und hatten länger keinen internationalen Vergleich mehr. Die ersten Wettkämpfe liefen dann super und wir haben auch selbst im Training gemerkt, dass wir einen großen Schritt nach vorne gemacht haben. Das hilft natürlich.
Diesen Winter waren wir in Lanzarote, haben intensiv an bestimmten Kleinigkeiten gearbeitet und alles auf Segeln gesetzt. Das Studium schleifen lassen. Daher haben wir unterbewusst schon eine hohe Erwartungshaltung an uns selbst und haben uns auch große Ziele gesteckt. 2022 ist das Ziel uns bei den Senioren im vorderen Feld zu platzieren. Und langfristig ist Paris 2024 unser Ziel.
Worin liegt beim Segeln denn der größte Unterschied zwischen Juniorinnen und Seniorinnen für Euch?
Hanna Wille: Der eindeutig größte Unterschied ist, dass man im Nachwuchs, wenn man schnell ist, auch mit einem schlechteren Start noch nach vorne kommen kann. Im Seniorenfeld wird ein schlechter Start nicht verziehen. Man hat fast keine Chance mehr nach vorne zu segeln. Das liegt einfach daran, dass alle sehr schnell sind. Im Nachwuchs sind Fehler leichter zu korrigieren. Im Seniorenfeld muss man beinahe perfekt segeln, für vordere Ränge.
Euer langfristiges Ziel ist Paris beziehungsweise Marseille 2024. Was müsst Ihr für die Olympischen Spiele optimieren?
Marla Bergmann: Wie Hanna bereits sagte: Das Starten ist ein wichtiger Punkt. Der Start ist ein Punkt, an dem wir definitiv immer viel arbeiten müssen. Bei einer hohen Leistungsdichte ist die Verteidigung einfacher als der Angriff. Wir wissen, dass unser Speed gut ist … bei freier Fahrt. Es geht um den Start!
Ein weiterer, oft unterschätzter Punkt, der mentale Aspekt. Es ist ein Teamsport und man verbringt sehr viel Zeit auf engstem Raum miteinander. Man kann es beinah mit einer Ehe vergleichen, In einer Ehe gibt es auch immer gewisse Punkte, an denen man arbeiten muss. Daher sollte man den mentale Aspekt nicht vernachlässigen … gerade in Drucksituationen ist es wichtig, dass man gefestigt ist, um seine Routine abzurufen und nicht plötzlich ein anderer Mensch wird.
Wie bereitet Ihr Euch eigentlich generell bei einer Regatta auf den Wettkampf vor? Gibt es eine Routine?
Hanna Wille: Wenn wir bei einer Regatta antreten, reisen wir in der Regel ein paar Tage vorher an, um das Revier zu erkunden. Bei großen Wettkämpfen schauen wir auf die Wetter- und die Tiefenkarten. Da analysieren wir die interessanteren Punkte. Wo kann es beispielsweise Strömungen geben oder auch Windabdeckungen durch Landerhöhungen oder Konvergenzzonen. Am Wettkampftag selbst ist erst mal eine Tasse guter Kaffee angesagt. Wir brauchen entweder eine Kaffeemaschine oder ein Café in der Nähe, damit wir unseren Kaffee bekommen. Wichtig für uns ist, dass wir entspannt sind, ohne Druck an die ganze Sache herangehen und das machen, was uns Spaß macht. Das ist Segeln!
Seit Ihr bei der Kieler Woche mit dabei?
Marla Bergmann: Natürlich! Was für eine Frage … es ist wirklich ein riesiges Event. Toll ist, dass es den Segelsport in den Vordergrund stellt. Der Segelsport wurde in letzter Zeit etwas vernachlässigt und es ging viel mehr um die Festlichkeit der Kieler Woche. Es ist diesmal anders. Durch die erfolgreichen Olympischen Spiele liegt der Focus wieder auf dem Sport. Das find ich einfach toll!
Hanna Wille: Dabei schon, aber ob man uns sehen kann, muss man abwarten. Es ist ein riesiges Feld, mit insgesamt 71 gemeldeten Booten. Wenn wir vorne fahren, dann sieht man uns auf jeden Fall. (LB)