Malaika Mihambo: „Persönlich finde ich Umweltthemen sehr interessant“.
Die aktuell wohl weltbeste Weitspringerin Malaika Mihambo findet es sehr gut, wenn Athleten für menschliches Miteinander einstehen. Sieht aber auch keine Pflicht, sich jenseits des Sports als Sportler öffentlich zu äußern. Wer es jedoch tue, müsse sich seiner Vorbildfunktion in der heutigen Gesellschaft wohl bewusst sein, findet die 26-jährige Heidelbergerin beispielsweise im Magazin „go!d“ der Deutschen Sporthilfe.
Malaika, ist es Deiner Meinung nach wichtig, dass Athletinnen und Athleten ihre Stimme nutzen, um wichtige Themen jenseits des Sports anzusprechen?
Malaika Mihambo: Ich denke, dass Athleten das immer für sich selbst entscheiden müssen. Nur, weil man Sportler ist, muss man sich nicht in der Öffentlichkeit äußern, man kann es aber. Und wer es tut, sollte sich seiner Vorbildfunktion bewusst sein und verantwortungsvoll mit seiner Rolle in der Gesellschaft umgehen.
Hast Du den Eindruck, dass solche Wortmeldungen unter Athleten in letzter Zeit zunehmen?
Malaika Mihambo: Das hängt immer von den Themen ab. Manche sind schon länger präsent und ziehen sich durch die ganze Gesellschaft, sind vielleicht auch mit der jeweiligen Landesgeschichte verknüpft. Ich finde es wirklich schön, wenn Sportler für Menschlichkeit und Zusammenhalt einstehen. Und es ist eine gute Entwicklung heute, dass Themen wie menschliches Miteinander oder Nachhaltigkeit mit dem Sport verknüpft werden, denn der Sport steht ja nicht alleine für sich, sondern ist ganz konkret eingebettet in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext.
Wie definierst Du dabei selbst Deine Rolle?
Malaika Mihambo: Gute Frage. Ich bin hauptsächlich erst einmal ein Mensch und dann auch noch eine gute Sportlerin, dadurch findet man natürlich mehr Gehör. Ich bin aber auch sehr vielseitig interessiert und spreche gerne über viele verschiedene Dinge. Das Feedback darauf ist meist sehr positiv, das freut mich.
Malaika, Prominente werden von Medien gerne mit Attributen charakterisiert: Was sollte bei Dir hinter dem Komma stehen?
Malaika Mihambo: Allein nur die Dinge, die mich wirklich ausmachen. Also: Malaika Mihambo, Sportlerin, Studentin und einfach Mensch.
Welche Themen sind es denn, die dem Menschen Malaika Mihambo besonders am Herzen liegen?
Malaika Mihambo: Persönlich finde ich Umweltthemen sehr interessant, Fragen der Nachhaltigkeit. Ich bin, was viele nicht wissen, Studentin der Umweltwissenschaften. Diese Themen kommen meiner Meinung nach immer noch zu kurz, sind aber mit die wichtigsten für das Zusammenleben der Menschen.
Du selbst hast seit 2016 kein Trainingslager mehr gemacht. Dein Beitrag zum Thema der Nachhaltigkeit in einer zunehmender globalisierten Sportwelt?
Malaika Mihambo: Definitiv. Ich bin auch nicht auf Höhentrainingslager angewiesen und kann gut in Deutschland trainieren. Außerdem versuche ich, viel mit dem Fahrrad zu erledigen und, wenn es geht, mit der Bahn zu fahren. Ansonsten verzichte ich fast komplett auf Plastikflaschen und ernähre mich häufig vegan, sonst vegetarisch. Diese Punkte versuche ich so in meinen Alltag zu integrieren, dass es sich gut und sehr einfach anfühlt. Von heute auf morgen alles komplett zu ändern, ist schwierig, aber schon Kleinigkeiten helfen. Wenn jeder bei sich anfängt, an kleinen Stellschrauben zu drehen, kann man viel für die Umwelt erreichen.
Malaika, kommen wir zu Deiner Arbeit mit Kindern, die Du schon länger betreibst. Erst mit einer Grundschul-AG und während der Pandemie-Zeit mit einem Online-Projekt. Nun hast Du einen eigenen Verein gegründet, „Malaika‘s Herzsprung“. Was steckt dahinter?
Malaika Mihambo: Mein neuer Verein will es deutlich mehr Kindern ermöglichen, Leichtathletik zu betreiben. „Malaika‘s Herzsprung“ übernimmt für die Kinder, deren Familien es sich gar nicht leisten können, den Jahresbeitrag im Sportverein und gibt ihnen so die Möglichkeit, sich zu bewegen. Das ist gut für die Feinmotorik, die Koordination, aber auch für das Soziale. Sport ist ein verbindendes Element und lehrt am Ende viel mehr als nur Bewegung, etwa Fairplay, Toleranz sowie Miteinander. Mit Kindern zu arbeiten und etwas weiterzugeben, macht mir großen Spaß. Gleichzeitig können wir so den Vereinen etwas helfen, die in dieser kritischen Phase unter Mitgliederschwund zu leiden haben.
COVID-19 hat auch Deine Pläne umgeworfen. Eigentlich wollest Du ab diesem Jahr in den USA bei der Weitsprung-Legende Carl Lewis trainieren. In den USA nimmt das Sportler-Involvement auch enorm zu, hat inzwischen sogar eine politische Komponente. Wie nimmst Du das wahr?
Malaika Mihambo: Das ist das, was ich eingangs meinte: Man muss immer den Gesamtkontext sehen. Wenn wir über die USA sprechen, dann ist bekannt, dass es eine Geschichte gibt, die u.a. von Sklaverei und Gräueltaten an den Ureinwohnern erzählt, die noch gar nicht richtig aufgearbeitet wurde und im Alltag noch immer sehr präsent ist. Dann ist es verständlich, dass diese Themen hochkochen und sich die Menschen dazu äußern, auch im Sport. Es ist einfach wichtig, dass man solche Dinge als Einzelperson und auch als Gesellschaft aufarbeitet. Und wenn Sportler dazu einen Beitrag leisten können, dann finde ich, ist das etwas sehr Positives.
In den USA willst Du Dich dann optimal auf die Olympischen Spiele in Tokio vorbereiten, von denen heute noch niemand weiß, ob Sie stattfinden können. Hast Du Angst davor, dass Olympia ganz abgesagt werden?
Malaika Mihambo: Nein, Angst habe ich davor gar nicht. Ich versuche Dinge, die ich nicht steuern kann und auf die ich nur sehr wenig Einfluss habe, nicht so nah an mich heranzulassen. Von daher weiß ich auch nicht, welche Entscheidungen 2021 in Hinblick auf die Olympischen Spiele getroffen werden. Aber das ist etwas, das wir alle aus der Krise lernen dürfen: Loszulassen von dem, an das wir sicher geglaubt und worauf wir uns gefreut haben. Es sind jetzt andere Zeiten und damit müssen wir alle klarkommen. (go!d/TX).