Lisa Schmitz: „Ich bin sehr froh, dass wir weiterhin spielen können“.
Lisa Schmitz steht seit fast zwei Jahren schon beim französischen Erstligisten HSC Montpellier zwischen den Pfosten. Sie erzählt im Interview mit Christian Sprenger exklusiv für „sportflash.online“ über den Fußball in Frankreich, über eine Rückkehr ins Tor der deutschen Nationalmannschaft und über das mögliche zweite Standbein nach der Karriere. „sportflash.online“ könnte dabei sogar eine sehr interessante Rolle spielen!
Lisa, Du spielst in der ersten französischen Liga in Montpellier. Jetzt schon im zweiten Jahr …
Lisa Schmitz: Genau. Das ist jetzt hier meine zweite Saison in Frankreich. Bisher läuft alles ganz gut.
Warum wechselt man von der Frauen-Bundesliga nach Frankreich?
Lisa Schmitz: Ich habe sehr lange in der Bundesliga gespielt, erst sieben Jahre in Leverkusen, vier Jahre in Potsdam. Dann habe ich gedacht, dass es an der Zeit ist, etwas Neues zu probieren. In Deutschland sind es immer die gleichen Gegner und ich war einfach im Trott. Mein Traum war es, mal ins Ausland zu gehen. Da war der Zeitpunkt gekommen zu sagen, ich gehe und bereue diesen Schritt definitiv nicht.
Montpellier ist eine tolle Stadt. Was sagst Du allen, die diese Stadt nicht kennen?
Lisa Schmitz: Ich bin sehr begeistert! Montpellier gefällt mir sehr gut. Ein großer Pluspunkt für mich: Der Strand ist von meiner Wohnung nur 10 Minuten entfernt … das Wetter ist toll. Die Stadt ist groß, aber nicht zu groß. Es macht Spaß hier, die Leute sind gut drauf. Ich kann Leuten nur empfehlen, Montpellier mal zu besuchen.
Die Sprache konntest Du schon oder warum gerade Frankreich?
Lisa Schmitz: Damals in der Schule habe ich Französisch gelernt, ca. vier Jahre. Aber man kann Schulfranzösisch nicht mit dem „richtigen“ Französisch vergleichen. Ich hatte ein paar Grundkenntnisse. Wir bekommen hier ein- bis zweimal Unterricht, vier Spielerinnen mit einer Lehrerin. Das hilft natürlich weiter Französisch zu lernen.
Viererkette in Englisch heißt „back four“, was heißt Viererkette in Französisch?
Lisa Schmitz: Da fragst Du mich was … da gibt es gar keinen richtigen Begriff …
jetzt hast Du mich erwischt …
Was ist der Unterschied zwischen dem Torwartspiel in Deutschland und dem in Frankreich?
Lisa Schmitz: Kein großer Unterschied. Unser Trainer hier in Montpellier möchte gerne, dass wir hinten raus spielen, gar nicht unbedingt nur die Bälle lang nach vorne spielen, wie das zum Beispiel in England der Fall ist. Das liegt mir auch. Ich spiele gerne hinten mit, ich habe sehr gerne guten Kontakt zu meiner Abwehr. Die Kommunikation war natürlich am Anfang etwas schwieriger. Da musste ich mir schnell die wichtigsten Begriffe erarbeiten, um dann mit meiner Abwehr auch richtig kommunizieren zu können. Das ist natürlich ein wichtiger Faktor. Vom Spielaufbau, vom Miteinander ist es ähnlich.
Wie sieht denn so die Liga in Frankreich aus?
Lisa Schmitz: An der Spitze ist Olympique Lyon, die sind eigentlich auch nicht wirklich schlagbar. Allerdings ist Paris St. Germain mittlerweile sehr nah dran, sind aktuell auf Platz 1 und das kann dieses Jahr noch ein sehr spannende Titelrennen mit den beiden Vereinen werden. Dahinter gibt es Bordeaux und uns (Montpellier), das sind dann so die Topteams. Dann gibt es ein breites Mittelfeld und zwei Teams die unten abgeschlagen sind. Auch das ist ziemlich ähnlich wie in Deutschland mit dem VfL Wolfsburg und dem FC Bayern München ganz oben und der Rest bleibt dann leider immer hinter diesen beiden Teams.
In Deutschland dürfen demnächst drei Teams Champions League spielen, wie ist es in Frankreich?
Lisa Schmitz: Genauso. Ab dieser Saison ist es so, dass auch der Drittplatzierte in die Champions League kommt. Ich finde, dass es an der Zeit war, dass es endlich so passiert, weil die deutsche Liga und die französische Liga gute Ligen sind und die es verdient haben, mit drei Klubs in der Champions League zu spielen.
Wie würdest Du die verschiedenen Ligen in Europa einordnen?
Lisa Schmitz: Die englische Liga hat sehr stark aufgeholt, dadurch dass die ganzen Männerteams die Frauenmannschaften mit aufgebaut haben, eingebunden haben. Dadurch ist die englische Liga weit oben, wenn nicht sogar vor der deutschen Liga. Die deutsche Liga hat etwas nachgelassen in der letzten Zeit. Es war an der Zeit, dass zum Beispiel Eintracht Frankfurt die Frauenmannschaft vom 1. FFC Frankfurt übernommen hat. Es ist natürlich schade für die reinen Frauenteams wie Turbine Potsdam. Aber die Frauenmannschaften können ohne die Männerteams nicht mehr überleben, die Gelder reichen nicht mehr aus. Also, die englische Liga ist aktuell ganz oben, die anderen Ligen in Spanien, Frankreich und Deutschland sind ähnlich, aber Deutschland noch ein wenig besser als Spanien und Frankreich und hinter England aktuell.
Wie viele Zuschauer hat man im Normalfall in Frankreich und wie froh bist Du, dass ihr in diesen Zeiten spielen dürft?
Lisa Schmitz: Von den Zuschauern her ist es ähnlich wie in Deutschland. Natürlich hängt es davon ab, gegen wen man hier spielt. Bei unseren Heimspielen kommen zwischen 300 bis knapp 1.000 Zuschauer. Wenn Lyon kommt, dann ist das Stadion voll, spielt man gegen den Letzten dann ist weniger los.
Ich bin sehr froh, dass wir weiterhin spielen können und da gibt es im Moment auch keine großen Diskussionen. Im letzten Jahr war es noch anders, da wurde im April beschlossen, dass der Ligabetrieb beendet wird, also anders als in Deutschland, da konnten sie weiterspielen. Das war schon letztes Jahr eine ganz komische Situation als gesagt wurde, es geht nicht mehr weiter. Es waren drei bis vier Monate Leerlauf, man musste sich selber fit halten, da man natürlich auch nicht mehr gemeinsam trainieren durfte. Das Schöne war, dass man einfach nach Hause zur Familie fahren konnte. Aber aktuell bin ich froh, dass wir weiterspielen können.
Wie groß ist für Dich der Unterschied vor Zuschauern zu spielen oder vor leeren Rängen?
Lisa Schmitz: Wir haben eine Gruppe von ca. 30 engen Fans, die normalerweise immer da sind und mit Trommeln und Gesängen Stimmung machen. Das pusht. Ich freue mich, wenn wieder Zuschauer kommen dürfen und dann das ganze Gefühl von einem Ligaspiel wieder zu spüren. Manchmal fühlt es sich zurzeit an wie ein Testspiel. Das dauert aber noch, bis es soweit ist.
Hast Du noch Verbindungen nach Deutschland?
Lisa Schmitz: Ich habe in Potsdam noch zwei, drei Mädels, mit denen ich immer noch schreibe und in Kontakt bin, mich austausche wie es so im Verein läuft. Zu Leverkusen habe ich nicht mehr so viel Kontakt hin.
Und zu Martina Voss-Tecklenburg, der deutschen Bundestrainerin? Hat sie Dich noch auf dem Zettel?
Lisa Schmitz: Ich hoffe, dass sie mich noch auf dem Zettel hat. Ich habe immer mal wieder mit Michael Fuchs, dem Torwarttrainer Kontakt gehabt. Das Problem war, dass ich in den letzten knapp zwei Jahren immer mal wieder verletzt war und wenn es zur Nationalmannschaft ging, dann wieder verletzt war. Ich hoffe, dass ich jetzt verletzungsfrei bleibe, dann kann ich auch durchgehend längere Zeit spielen, und dass sie mich dann noch auf dem Schirm haben und ich wieder angreifen kann.
Wie viele Jahre möchtest Du noch spielen?
Lisa Schmitz: Das ist schwer zu sagen. Das hängt auch damit zusammen, was der Körper sagt. Vier Jahre kann ich mir noch vorstellen. Ob ich vier Jahre hier bleibe oder vielleicht noch ein anderes Land ausprobiere, das wird man sehen. Ich glaube, dass ich die nächsten zwei, drei Jahre nicht nach Deutschland komme. Ich bin bereit für ein weiteres Abenteuer und dann werde ich vielleicht ganz am Ende in meiner Heimatstadt beim 1.FC Köln meine Fußballkarriere ausklingen lassen.
Das Herz hängt nach wie vor noch in Köln?
Lisa Schmitz: Ich möchte eines Tages schon wieder zurück nach Köln ziehen. Da wohnt meine Familie, viele Freunde.
Der Vater ist Fußball-Kommentator bei Sky, der Bruder arbeite beim Sport-Informations-Dienst, also beide sind Richtung Sportreporter gegangen. Was ist mit Dir?
Lisa Schmitz: Das ist ein toller Bereich. Ich kann mir das in diese Richtung auch vorstellen. Mein Ziel früher war immer mal Moderatorin zu werden, gerne dann vor der Kamera zu stehen. Aber unbedingt im Sportbereich, denn der Bezug zum Sport ist natürlich da. Es ist naheliegend, dass man dann im Sport etwas macht. Ich kann mir aber auch vorstellen, Richtung Management in einem Sportverein zu gehen. Ich habe ja Sportkommunikation und Marketing an der Sporthochschule in Köln studiert und die Basis ein bisschen gelegt, mal bei der DFL gearbeitet, oder in Potsdam ein Praktikum beim RBB gemacht. Das Grundwissen ist da und dann schauen wir mal, wo es hingeht.
Na, wie wäre es dann mal für „sportflash.online“ Interviews zu machen?
Lisa Schmitz: Das neue Portal „sportflash.online“ klingt total spannend. Warum nicht mal ausprobieren, selber aktiv werden und parallel zur Fußballkarriere schon das zweite Standbein als Journalistin aufzubauen. (CS)
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