Karl Schwarzenbrunner: „Wir orientieren uns an internationalen Entwicklungen“.
Bereits seit 2017 ist Karl Schwarzenbrunner beim Deutsche Eishockey-Bund e.V. (DEB), der sich damals in seiner Trainerausbildung breiter aufstellen wollte. „Bisher hatten wir eine uneinheitliche Ausbildungsstrategie für die Trainerinnen und Trainer im deutschen Eishockey. Das ist nicht mehr zeitgemäß“, erklärte der Bundestrainer Wissenschaft und Ausbildung, Stefan Schaidnagel, bei der damaligen Vorstellung.
Herr Schwarzenbrunner, Sie sind bei DEB hauptsächlich für die Organisation, Koordination und Durchführung der Trainer-Ausbildung und -Weiterbildung zuständig. Wie steht es um den Trainernachwuchs im deutschen Eishockey?
Karl Schwarzenbrunner: Das Interesse, sich im Eishockey zum Trainer ausbilden zu lassen, ist weiterhin sehr hoch. Ein Problem ist die Haltwertzeit in den Vereinen. Leider ist die nicht so, wie wir uns das wünschen. In den unteren Klassen wird vor allem auf Basis des Ehrenamtes gecoacht. In diesem Bereich scheiden dadurch zu viele Trainer immer wieder aus. Wir müssen diese Verluste dann erst einmal akkurat auffangen. Ziel muss es von daher sein, diese Verluste zu reduzieren. Das heißt, es muss vermehrt auf das erweiterte Umfeld geachtet werden, die Kompatibilität mit dem Beruf und natürlich auch auf die Entlohnung. Es darf in dem Zusammenhang nicht vergessen werden, dass die Arbeitszeiten eines Trainers atypisch zu denen in anderen Branchen ist. Durch die Spiele primär an den Wochenenden ist der Trainer immer im Einsatz, wenn andere frei haben.
Grundsätzlich ist es zum Glück immer noch so, dass sich viele für den Trainerberuf interessieren. Es ist ein spannender Beruf!
Wie ist die Trainerausbildung beim DEB grundsätzlich aufgebaut?
Karl Schwarzenbrunner: Das Ausbildungssystem beim DEB gliedert sich in C-, B- und A-Trainer. Wir bilden beim DEB nur für den Leistungssport aus, wir haben keine Breitensportlizenzen. Strukturbedingt sind die deutschen Trainerscheine also allein nur für den Leistungssport ausgelegt. Wir haben in Deutschland aktuell über 24.300 aktive Eishockeyspielerinnen und -spieler, dabei praktisch keinen Breitensport.
Um eine C-Lizenz zu erwerben, sollte man mindestens 18 Jahre alt sein und zudem ein gewisses Eigenkönnen besitzen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, bewirbt man sich für die C-Lizenz. Die Ausbildung zum C-Trainer selbst ist in drei Module gegliedert. Beim ersten Modul wird das Können in Schlittschuh- sowie Stocktechnik überprüft und schießt mit einer theoretischen Prüfung ab. Nur nach der bestandenen Prüfung folgen die beiden weiteren Module, die sich dann mit der komplexen Arbeit des Trainerberufs im Eishockey befassen. Zum Abschluss folgen eine theoretische Prüfung sowie eine praktische Videolehrprobe. Diese Videolehrprobe umfasst eine gestellte Aufgabe, die in exakt 60 Minuten im Verein gelöst werden muss. Das Video schicken die Prüflinge ein und wir bewerten die Arbeit anhand eines Notensystems. Das Ziel ist es zu sehen, wie der angehende Trainer in seinem Umfeld agiert.
Als Inhaber einer C-Lizenz könnte man sich für eine B-Lizenz anmelden, wenn man einen Notenschnitt von 2,5 aufweist. Durchläuft man diese Ausbildung erfolgreich und mit einem Schnitt von 2,0, könnte schließlich noch eine A-Lizenz folgen. Es gibt aber eine Sonderregelung, falls man den geforderten Notenschnitt nicht aufweist. In einem Besserungsgespräch mit dem Bundestrainer Wissenschaft und Ausbildung, also mit mir, können die Trainerin oder der Trainer mir ihre sehr gute Entwicklung aufzeigen. So kann die Zulassung für eine höhere Ausbildung erteilt werden.
Auf welche Punkte bei einer Trainerausbildung wird besonders Wert gelegt?
Karl Schwarzenbrunner: Wir versuchen uns an den internationalen Entwicklungen zu orientieren, was den technischen und taktischen Bereich betrifft. Wir setzen uns jedes Jahr mit den Bundestrainerinnen und Bundestrainern zusammen und nichts ist in Stein gemeißelt. Wir wollen völlig neutral feststellen, wo das deutsche Eishockey gewisse Probleme hat und diese im Nachgang durch eine angepasste Ausbildung im Trainerbereich im besten Fall lösen.
In den jeweiligen Ausbildungsstufen setzen wir inhaltliche Schwerpunkte. Bei der C-Lizenz sind Sportpsychologie und die Kommunikation mit den Eltern recht wichtige Punkte, da die C-Trainer sehr oft im Nachwuchs unterwegs sind. Der Schwerpunkt bei der B-Lizenz ist die Videoanalyse, diese ist Bestandteil der Prüfung. Ein weiterer elementarer Aspekt ist zudem die allgemeine Menschenführung. Im Endeffekt sind alle Trainerinnen und Trainer auch Menschenfänger. Was nützt das beste Training, wenn einem die Mannschaft nicht folgt.
Ich habe gesehen, Sie sind auch Podcaster. Sie betreiben den Podcast „Coach the Coach“. Wen versuchen Sie mit Ihrem Podcast zu erreichen?
Karl Schwarzenbrunner: Die Idee kam von einer Mitarbeiterin. Da ich auch schon andere Podcasts mache, meinte diese Mitarbeiterin, könnte ich doch auch einen für uns machen. Aus dieser Idee heraus ist der Podcast „Coach the Coach“ entstanden, der sogar vom DOSB gefördert wurde. Wir haben gut 1.400 Follower pro Folge und aktuell 12.800 Abos. Das ist deutlich mehr als wir jemals erwartet hatten.
Über die Avatare haben wir unsere Zielgruppen definiert, in erster Linie Trainerinnen und Trainer. Wir wollen aber auch Spielerinnen und Spieler sowie die Eltern mit dem Podcast erreichen. Schließlich wollen wir auch die verantwortlichen Personen in den Vereinen einbinden, natürlich mit dem Schwerpunkt im Nachwuchsbereich. In jeder Folge versuche ich, die Inhalte für die genannten Gruppen aufzubereiten.
In Finnland gibt es eine „Eishockey-Akademie“. Wäre das etwas für den DEB?
Karl Schwarzenbrunner: Das könnte ich mir gut vorstellen. Es steht immer wieder auf der Agenda beim DOSB. Eine Diplom Trainerausbildung gibt es bereits, wo die größeren Verbände aktuell ihre Trainer vorschlagen dürfen, die dann ein Studium an der Trainer Akademie in Köln absolvieren. Es ist eine sehr gute Ausbildung, aber es ist leider kein universitärer Abschluss. Eine zentrale universitäre Trainerausbildung wird immer wieder angedacht und ist gewünscht. Wir haben im Bereich Eishockey schon viel gemacht und wären im Prinzip sofort startbereit. Ich denke, dass wir zum Wintersemester 2023 in Ismaning mit einer kleinen Gruppe diesen Studiengang auf der Bachelorbasis starten könnten! (LB)