Karim Jallow: „Es war die erste Jugendmeisterschaft für Bayern München“.
Karim Jallow gehört zu den größten Talenten im deutschen Basketball. Man muss sich bei seinem Vater bedanken, dass der gebürtige Münchner nicht Fußballtorwart geworden ist. Außerdem verrät Karim im sportflash.online-Interview mit Stefan Koch und Olli D. wer sein bester Mitspieler war, wie oft er so mit Dennis Schröder telefoniert, warum man Gambia besuchen sollte und was eigentlich Domoda ist.
Karim, Du bist ein Münchner Kindl. Da fällt einem sofort Fußball mit dem FC Bayern München und dem TSV 1860 München ein. Und was macht Karim? Er geht zum Basketball … wie kam denn das?
Karim Jallow: Natürlich habe ich wie fast jeder deutsche Junge erst einmal Fußball gespielt. Tatsächlich war ich ein Jahr lang Torwart beim TSV 1860 München. Dann habe ich noch Leichtathletik gemacht, nebenbei ein bisschen Basketball. Ich wollte alles einmal ausprobieren und habe alles gleichzeitig gemacht. Ende der 4. Klasse haben dann meine Eltern gesagt, dass ich mich mal für eine Sache entscheiden müsste. Zu der Zeit war ich ein sehr großer Fußballfan. Eigentlich bin ich dann nur meinem Vater zuliebe zum Basketball gegangen. Er hat damals beim FC Bayern in der Regionalliga gespielt und mich immer zu den Spielen mitgenommen. Hätte ich gesagt, dass ich mit dem Basketball aufhöre, dann hätte es ihn sehr getroffen. So hat dann alles angefangen …
Als die Bayern 2011 in die Basketball-Bundesliga eingezogen sind, da warst Du 14. Gab es damals auch im Jugendbereich das Gefühl, dass etwas ganz Großes entsteht?
Karim Jallow: Die haben damals noch in der „Säbener Hölle“ gespielt. Da passten maximal 2.000 Zuschauer rein. Erst dann sind sie in die Eishalle zum EHC München gezogen. Das war schon toll. Aber eine Connection zu den Profis gab es nicht. Nach dem Aufstieg hat man aber gemerkt, dass sich alles komplett geändert hat. Da waren auf einmal mehrere Coaches in der NBBL und in der JBBL. Ich habe von der U10 bis zu den Profis alles mitgemacht und man kann locker sagen, dass dieses Aufstiegsjahr sehr viel im Basketball von unten bis oben ausgemacht hat.
Du wurdest dann ja mit dem FC Bayern Basketball auch NBBL-Meister. Wie hat man denn damals so gefeiert als 18-jähriger?
Karim Jallow: Es war eine ganz besondere Meisterschaft, denn es war die erste Jugendmeisterschaft für Bayern München. Wie man nun mal so feiert mit 18 … ein Bierchen … das war es aber auch. Das war nicht nur für die Spieler sondern auch für die Verantwortlichen ein Riesending.
Mit 18 hast Du ja auch unter Svetislav Pesic in der BBL debütiert. Warum ist es für ein Riesentalent wie Du es bist, so schwer, sich in einem Spitzenteam wie dem FC Bayern München zu etablieren?
Karim Jallow: Bis ich 16 oder 17 Jahre alt war, war ich immer nur ein Rollenspieler und war anderen gar nicht großartig aufgefallen. Ich habe nur verteidigt und wenig gescort. In der NBBL wird mehr auf Scoring geschaut. Das kam bei mir erst von Jahr zu Jahr. Deswegen war es für mich schwieriger, weil ich mehr der Verteidiger, der Energizer war. Das wird leider zu wenig wertgeschätzt. Das Scorer-Gen, was ich heute immer noch nicht wirklich habe, hat gefehlt. Svetislav Pesic war der erste, der ein wenig an mich geglaubt hatte und hat mir mit 18 meine ersten Minuten gegeben.
Erinnerst Du Dich noch gut an Dein erstes BBL-Spiel? Wie aufgeregt warst Du als der große Pesic sagte, dass Du fällig bist?
Karim Jallow: Ich weiß es noch ganz genau. Das war schon eine Riesenaufregung! Ich dachte: „Oh, Gott, zum ersten Mal AUDI-Dome und alle werden da sein“. Da war ich schon sehr, sehr nervös.
Einer Deiner Mitspieler hat einmal gesagt, dass Karim in München auch den Status des jungen Basketballprofis sehr genossen hat. Stimmt das oder ist es eine komplette Fehleinschätzung?
Karim Jallow: Teils, teils … Ich war jung und langsam ging das immer in Richtung Profis. München ist nun mal auch eine Stadt, in der mal was passiert. Ich war auch öfter unterwegs. Aber ich habe da auch in drei Mannschaften trainiert, in der NBBL, in der Pro B und in der ersten Liga. Ich habe nur trainiert und wer jugoslawische Coaches kennt, der weiß was Training bedeutet. Dann ist man auch rausgegangen, um den Kopf frei zu bekommen.
Drei Jahre später hattest Du Dich zu einem NBA-Draft angemeldet und dann wieder streichen lassen. Welche Erfahrungen hast Du gemacht und warum hast Du Dich wieder streichen lassen?
Karim Jallow: Es waren immer mal wieder NBA-Scouts bei den Spielen und wir haben mal mit meinem Agenten gefragt, wie hoch das Interesse sei und es war vorhanden. Ich habe dann diesen Early Entry gemacht und wieder zurückgezogen. Dann bin ich nach Ludwigsburg ausgeliehen worden. Dann wurde das Interesse höher und ich durfte zu einigen NBA Pre-Draft-Workouts. Das war sehr interessant, diese NBA-Luft zu schnuppern. Ich hatte auch nicht so eine gute Saison gespielt. Die Workouts waren alle sehr gut, aber die Teams meinten, dass ich noch ein paar Jahre brauchen würde.
War das für Dich enttäuschend, dass es so lief oder waren es einfach auch gute Erfahrungen?
Karim Jallow: Nein, es war keine Enttäuschung. Es gibt so viele Spieler, die über das Scoring kommen und bei denen alles nice und smooth aussieht. Das war ich aber nie. Ich versuche auf dem Boden zu bleiben und weiß, wie mein Weg bisher lief. Ich war in Ludwigsburg durch ein paar gute Spiele mal auf dem Radar, aber es gab viele andere, über die viel mehr geredet wurde. Allein, dass die NBA-Teams Interesse hatten und ich Workouts machen durfte, war für mich ein Riesenschritt. Ich wäre wahrscheinlich auch gar nicht bereit gewesen, in die USA rüberzugehen.
Du warst eine Saison in Ludwigsburg. Die MHP-Riesen sind letztes Jahr Vize-Meister geworden, stehen jetzt an der Spitze der BBL. Hättest Du gedacht, dass sich die Ludwigsburger so entwickeln?
Karim Jallow: Sie waren ja fast jedes Jahr mit John Patrick in den Playoffs. Als ich da war, war es für den Verein und für mich nicht das beste Jahr. Das ist für mich aber keine Überraschung, dass sie wieder in die Playoffs kommen und dass sie ganz oben stehen.
2019 bist Du dann zu den Braunschweiger Löwen gewechselt. Bundestrainer Henrik Rödl sagte, dass Dein Wechsel eine super Entscheidung sei. Siehst Du das exakt genauso?
Karim Jallow: Auf jeden Fall!
Was waren denn die ausschlaggebenden Faktoren dafür, dass Du gesagt hast, das wird mein Ding?
Karim Jallow: Vor zwei Jahren gab es Gespräche über einen Umbruch mit neuen, deutschen Spielern in Braunschweig. Am Anfang war ich skeptisch. Und nach einem Telefonat mit Coach Pete Strobl war ich dann überzeugt.
Mit welchen Argumenten hat er Dich denn dann geködert?
Karim Jallow: Dass er viel in mir sieht, dass er glaubt, mich auf das nächste Level zu bringen und mir viel Spielzeit geben wird. Ich habe ihm vertraut. Seine Ideen und seine Philosophie haben mich sehr überzeugt. Egal ob Deutscher oder Amerikaner, wenn Du gut bist, wirst Du spielen, wenn nicht dann nicht.
Du bist kein Point Guard, Du bist kein Center, was ist denn Karim Jallow für ein Spieler und wo soll die Entwicklung hingehen?
Karim Jallow: Zwischen den Positionen Zwei und Vier kann man mich variabel einsetzen. Ich habe letztes Jahr viel auf der Vier gespielt, das hat gut funktioniert. Dieses Jahr spiele ich nur auf der Drei, wo ich mich auch sehr wohl fühle. Um ein kompletter Spieler zu werden, muss ich an meiner Entscheidungsfindung arbeiten. Da bin ich manchmal noch zu wild. Mein Wurf muss noch stabiler werden. Diese beiden Dinge muss ich noch verbessern.
Blicken wir doch mal auf die Nationalmannschaft. Da gibt es einen Robin Benzing, einen Paul Zipser, einen Niels Giffey … alles Jungs, die auf der Drei spielen können. Spricht es für Dich, dass Du von denjenigen, der bist, der auch mal auf der Zwei verteidigen kann, der mal einen großen Point Guard verteidigen oder mal einen Shooter besser durch die Screens jagen kann?
Karim Jallow: Mich kann man etwas variabler einsetzen. Von Zwei bis Vier kann ich alles verteidigen, auch mal die Eins. Aus Sicht der Verteidigung würde ich sagen, ja.
Du warst beim FC Bayern München. Du warst in Ludwigsburg. Jetzt bist Du in Braunschweig. Dazu bist Du Nationalspieler. Wer war denn in Deiner Karriere bisher Dein bester Mitspieler? Sind wir da schnell bei Dennis Schröder?
Karim Jallow: Jein … es ist schwierig zu sagen. Ich habe mit ihm nur zwei Spiele gemacht. Dennis steht dabei außer Frage. Er hat mich gleich unter seine Fittiche genommen und ist ein Supertyp. Mein bester Mitspieler war aber Anton Gavel, weil man von ihm so viel lernen konnte und er so ein Arbeitstier war. Ich konnte mich mit ihm identifizieren, weil sein ganzer Weg durch harte Arbeit gekommen ist. Das war gerade in meiner Bayern-Zeit vorbildmäßig.
Noch mal zu Dennis Schröder. Auf der einen Seite ist er Alleingesellschafter der Braunschweiger Löwen, auf der anderen Seite trägt er im Sommer bei Olympia vielleicht das gleiche Trikot wie Du. Ist das ein bisschen komisch?
Karim Jallow: Nein, gar nicht. Er ist überall gerne involviert. Er war im Sommer in Braunschweig und wir hatten die ganze Zeit Kontakt und viel trainiert, da er hier die Off-Season verbracht hat. Wir waren jeden Tag in der Halle. Wenn es der Fall sein sollte, dann würde ich mich riesig darauf freuen. Das wäre schon ein ganz cooles Ding, wenn ich mit Dennis für Deutschland auf dem Platz stehen könnte.
Gibt es denn einen regelmäßigen Austausch? Meldet er sich bei Dir oder bei den anderen in der Mannschaft?
Karim Jallow: Er meldet sich mindestens einmal in der Woche. Ich versuche, trotz Zeitverschiebung, Spiele von ihm in L.A. zu schauen. Wir sind eigentlich die ganze Zeit, auch über seinen Bruder, in Kontakt. Er versucht auch, wenn er es irgendwie kann, unsere Spiele zu gucken und gibt danach auch Tipps. Das ist ganz cool.
Er wird bei Euren Gesprächen sicher auch viel über die NBA erzählen. Ist durch die Gespräche mit Dennis Dein Traum in die NBA zu gehen, noch größer geworden?
Karim Jallow: Dadurch, dass ich mit Dennis in Kontakt bin, bekomme ich viel mit. Das bestätigt sicher meinen Traum. NBA. Der Traum war aber schon immer da und wird auch immer bleiben.
Kommen wir zu Deiner Familie. Du hast einen Bruder, der ist fünf Jahre jünger und spielt auch Basketball. Wie weit ist Noah?
Karim Jallow: Leider fällt er mit zwei Kreuzbandrissen aus. Ist in der Reha- und Aufbauphase. Er hat ein sehr großes Potential. Er war auf dem selben Weg wie ich.
Du hast Wurzeln aus Gambia. Dein Vater ist dort geboren. Warst Du öfter in Gambia?
Karim Jallow: Da war ich viermal, zuletzt 2019. Es ist dort wunderschön, direkt am Meer mit tollen Stränden. Man kann richtig gut Urlaub machen. Klare Empfehlung!
Dort gibt es auch Domoda. Was ist das?
Karim Jallow: Das ist das gambische Nationalgericht: Reis mit Lamm und alles in Erdnußbuttersoße. Schmeckt fabelhaft! (SK/OD)