Julia Zorn: „Alles was wir wollen ist Eishockey spielen“.
Julia Zorn ist deutsche Nationalspielerin, im Eishockey. Ganz genau, auch Frauen spielen heute Eishockey!„Es wäre grandios, wenn sich in zehn Jahren keine Frau mehr erklären muss, wenn sie sagt, dass sie Eishockey-Profi sei“, so die Stürmerin des ESC Planegg und der deutschen A-Nationalmannschaft. Wobei, eigentlich ist Julia Zorn eher eine stürmende Torhüterin, doch mehr dazu im Interview.
Frau Zorn, damit keine Missverständnisse aufkommen, Eishockey war und ist nicht mein Sport. Unabhängig vom Geschlecht. Trotzdem bin ich der Meinung, es darf kein Unterschied zwischen Frauen und Männern gemacht werden! Ihr Post, der viral ging, sagt aber etwas anderes aus. Was ist genau vorgefallen? Bitte in Ihren Worten …
Julia Zorn: Mein Post spiegelt einfach nur einen Teil meiner Gefühle wieder, die ich und viele andere betroffene Spielerinnen nach der Absage verspürt haben. Es war einfach so bitter, denn so viele Menschen, Spielerinnen, Mitglieder vom Staff, Trainer und auch der Verband, haben extrem viel Engagement sowie auch Geld die letzten Monate investiert. Schließlich gab es strenge Vorgaben durch den Weltverband, vor allem bezüglich der „Bubble“. Dass das ganze Konstrukt dann keine 24 Stunden vor Abflug derart zusammen bricht, war natürlich enttäuschend. Und im ersten Moment war nie von einer Verlegung die Rede, lediglich von einer Absage. Mittlerweile ist ein Ersatztermin gefunden, der zwar nicht perfekt, aberunter diesen Umständen okay ist.
Während also eine Eishockey-WM für die männlichen Talente in Nordamerika stattfinden kann, wurde die Eishockey-WM der Frauen in Nordamerika wegen der Pandemie abgesagt. Das ergibt überhaupt keinen Sinn! Was glauben Sie, ist der Grund für diese unterschiedliche Auslegung der Faktenlage?
Julia Zorn: Die Weltmeisterschaft wurde ja durch die kanadische Provinz Nova Scotia auf Grund der steigenden Zahlen abgesagt. Ob also auch eine Männer-WM in Nova Scotia abgesagt worden wäre lässt sich so gar nicht sagen, dafür hätte sie genau zum selben Zeitpunkt wie die Frauen-WM sein müssen. Fakt ist aber, dass die U18 Jungs WM im Vorfeld in einen anderen Bundesstaat verlegt worden ist und die U20 Junioren WM im Dezember stattgefunden haben.
Welchen Stellenwert besitzt denn das Frauen-Eishockey überhaupt? Und was muss sich verbessern?
Julia Zorn: Der Stellenwert ist die letzten Jahre gestiegen, international und auch in Deutschland. Was sich für den Sport im Allgemeinen noch verbessern kann ist aber die Bühne, die den Spielerinnen geboten wird. Sichtbarkeit, Länder sowie Medien übergreifend, damit man auch junge Spielerinnen für den Sport begeistern kann, ihnen eine Zukunft bieten kann. Aber auch um allen anderen zu zeigen, wer wir sind, was wir so draufhaben und wie viel Skill, Leistung und Leidenschaft in jeder Frauenmannschaft steckt. Bei uns trifft man leider immer noch so viele Leute die sagen: „Fraueneishockey? Wusste ich gar nicht, dass es das gibt“ … Es wäre also grandios, wenn sich in zehn Jahren keine Frau mehr erklären muss, wenn sie sagt, dass sie Eishockey-Profi sei.
Die Proteste der weltweiten Spielerinnen wurden gehört, die Weltmeisterschaft wird vom 20. bis 31. August in Kanada nachgeholt. Ist dies ein Sieg?
Julia Zorn: Ich würde hier nicht von einem Sieg sprechen. Vielmehr geht es doch darum, dass Spielerinnen die Chance bekommen sich international zu beweisen und mit den Besten der Welt zu messen. Wir Spielerinnen sind aber sehr froh, dass ein Ersatztermin gefunden wurde und dieser auch zeitnah bekannt gegeben wurde. Denn alles was wir wollen ist Eishockey spielen.
Was bedeutet solch eine Verschiebung um Monate eigentlich für Sie, mit Blick auf Training und Form?
Julia Zorn: Das ist schon nicht ganz so einfach. Schließlich hat man das Jahr über so trainiert, um am Ende der Saison bei seiner maximalen Leistung zu sein. Aber letztendlich geht es allen Athleten ja gleich und es gilt das Beste daraus zu machen. Eine WM im August ist eine neue Herausforderung, der wir uns gerne stellen.
Was war und was wird die Zielsetzung für die WM im August sein?
Julia Zorn: Im Hinblick auf die bevorstehende Olympia Qualifikation im November dient die WM natürlich als eine super Vorbereitung. Das soll aber den Stellenwert des Turniers nicht schmälern. Wir wollen auf jeden Fall das Viertelfinale erreichen.
Kanada und die USA haben bisher alle WM-Titel gewonnen. Ist es nicht ein Anreiz, dort zu spielen?
Julia Zorn: Leider gibt es dort seit mittlerweile zwei Jahren gar keine Liga mehr. Die nordamerikanischen Spielerinnen befinden sich immer noch im Streik. Außerdem haben wir in Deutschland mit der Spitzensportförderung durch die Bundeswehr sehr gute Bedienungen.
Mit 6 Jahren ging es bei Ihnen los. Wie kamen Sie zum Eishockey?
Julia Zorn: Mein Sandkastenfreund hat damals gespielt. Meine Mutter hatte ein bisschen die Hoffnung, dass ich es über den Sommer vergesse, so ganz ist der Plan dann aber nicht aufgegangen …
Dann haben Sie 13 Jahre lang das Tor gehütet, um schließlich als Stürmerin den Puck selbst im Tor zu versenken. Scheinbar keine falsche Entscheidung, immerhin sind Sie seit 2009 Nationalspielerin und die Titelsammlung ist schon beeindruckend. Trotzdem muss ich fragen: Warum der Wechsel? Und stimmt es, dass Sie beim EC Peiting sowohl Torhüterin als auch Stürmerin waren? Gleichzeitig in der Saison …
Julia Zorn: Der Wechsel kam eigentlich so zu Stande, dass es mir im Tor immer weniger Spaß gemacht hat. Das war am Anfang schon ein sehr komisches Gefühl, schließlich hat es mir knapp 15 Jahre sehr viel bedeutet und ich wurde auf dieser Position ausgebildet. Wenn wir dann „freies“ Eis hatten, war ich dann immer öfter als Feldspielerin drauf und hab gemerkt, dass mir das viel Freude bereitet. Dass der Wechsel aber dann so gut läuft, hätte ich mir nie erträumt.
Beim EC Peiting habe ich bis zum Ende meiner Junioren Zeit gespielt. Dabei habe ich für die Jugend tatsächlich auch ein paar Spiele im Feld gemacht. Bei Planegg und auch international bin ich dann ein, zwei Jahre zweigleisig gefahren.
2017 haben Sie Ihr Studium beendet. Was sind Ihre Ziele in der Zukunft?
Julia Zorn: Gesund zu bleiben und einen Job zu finden, der mir Spaß macht. Ob der zwangsläufig was mit meinem Studium zu tun hat, steht allerdings noch in den Sternen! (TX)
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