Horst Schultz: „Wir sind ein Museum, das Lehrausstellungen anbietet“.
Das Museum AUTOVISION wurde im Jahr 2002 von Horst Schultz gegründet und ist in dieser Zeit nicht nur zu einer Institution in Sachen Mobilitätstechnik geworden. Die 2012 gegründete Stiftung, die seither in der Pflicht ist, nachhaltige Themen rund um den Individualverkehr zu präsentieren, ergänzte die sechs Ausstellungsbereiche bis heute ganz gezielt mit Exponaten, die viele technische Details wirklich aufzeigen.
Herr Schultz, aus welcher Motivation heraus haben Sie damals im Jahr 2002 das Museum AUTOVISION ins Leben gerufen?
Horst Schultz: Als Unternehmer hatte ich immer schon gewisse Probleme, zeitnah Ingenieure zu finden. Es gab also schon vor Jahren einen Mangel an Ingenieuren. Mit der Gründung dieses Museums wollte ich einen Lernort schaffen, um mehr junge Leute für technische Berufe zu begeistern und somit irgendwie auch versuchen, die Berufswahl nachhaltig zu beeinflussen.
Wenn man sich umschaut, dann hatte Deutschland immer schon eine hohe Dichte an automobilen Museen oder Ausstellungen der unterschiedlichsten Art und Weise. Was macht das Museum AUTOVISION einzigartig?
Horst Schultz: Das stimmt natürlich. Es gibt in Deutschland eine große Anzahl an Oldtimermuseen. Genau davon wollen wir uns mit unserer Lehrausstellung am Ende unterscheiden. Wir wollen zwar nicht nur jüngere Menschen ansprechen, versuchen aber deren Hauptinteressen, wie beispielsweise den Umweltgedanken, abzudecken. Deshalb stellen wir umfassend dar und erklären, wie etwa Wasserstoff als idealer Energieträger für eine CO2-frei Zukunft das Klima retten könnte.
Nur bei Ihnen kann man beispielsweise den legendären Mercedes C 111 als offenes Rolling Chassis bewundern. Wie gelingt es Ihnen immer wieder, solch seltene Stücke als „halbe Autos“ zu zeigen?
Horst Schultz: Sie sprechen richtigerweise das Mercedes C111 Show-Modell an … dies haben wir in großem Auswand bewusst aufgebaut, weil gerade dieser Wankel-Flügeltüren-Versuchswagen wohl das bekannteste Wankel-Automobil überhaupt in der damaligen Wankel-Euphorie war. Wir konnten diesen Dreischeiben Mercedes erwerben, ZF hat das Renngetriebe beigesteuert, ein verunfallter Mercedes W107 war Spender für Vorderachse, Lenkung und Bremsanlage, die Hinterachse kommt aus einem Lotus Formel 1, die Räder stammen von einer Automilia Versteigerung. Das alles wurde zum Wankel-Highlight!
Sie haben eine dauerhafte, große Ausstellung zum Wankelmotor. Für mich ein technisches Highlight „Made in Germany“. Am längsten hat Mazda an diesem System festgehalten und selbst im Motorsport sensationelle Erfolge gefeiert. Sie haben dazu ein überaus lesenswertes Buch verfasst, von daher muss ich Ihnen diese Frage. Warum hat sich dieser Motor nicht gehalten?
Horst Schultz: Diese Korrektur muss sein: Es gibt auch heute noch 20 Hersteller von Wankelmotoren. Leider nicht unbedingt in automobilen Sektor, außer in einem Mazda MX30 als Range-Extender. Die meisten Wankel-Anwendungen sind entweder militärische Drohnen oder er dient als Verdichter, also als Kompressor und nicht als Motor. Zurück zu der eigentlichen Frage. Der Grund, warum der Wankelmotor nicht mehr so verbreitet ist, liegt vor allem an der Tatsache, dass die Autohersteller nicht zwei Motorentypen im Produktionsprogramm nebeneinander führen wollten. Und der Wankelmotor konnte gegenüber dem Hubkolbenmotor auch niemals einen besseren Wirkungsgrad offiziell nachweisen, folglich weniger Verbrauch.
Ein anderes tolles Buch: „Die Jean Bugatti Story“. In der Regel befassen sich Autoren lieber mit dem Firmengründer Ettore Bugatti und seiner Geschichte. Was hat Sie ausgerechnet am Sohn gereizt?
Horst Schultz: Mein Buch „Die Jean Bugatti Story“ ergänzt unsere neu konzipierte Jean Bugatti Ausstellung. Die Ausstellung soll eine kleine, kompakte Hommage an das furios gestalterische, designtechnische und wirtschaftliche Handeln des ältesten Sohnes vom Firmengründer Ettore Bugatti darstellen, nachdem dieser im Jahr 1934 die kommerzielle Leitung vom Vater, welcher nach Paris übersiedelte, übernommen hatte. Da der Sohn bis zu seinem Unfalltod 1939 die schönsten Autos kreierte, aber gleichzeitig eine überschaubare Anzahl nur hervorbrachte, war diese kurze Epoche für unsere Fläche das richtige Thema.
Warum bringt das Museum AUTOVISION generell Bücher raus?
Horst Schultz: Ich sage unseren Museumsbesucherinnen und -besuchern, wenn sie mir diese Frage stellen, immer: „Wer schreibt der bleibt“. Das ist natürlich etwas zu verkürzt, erklärt den eigentlichen Hintergrund der Publizierung auch nicht. Wenn man als Ausstellungs- und Museumsmacher sich ausgiebig in der Vorbereitung mit einem Thema beschäftigt, kennt man sich schließlich mit betreffender Materie recht gut aus. Man hat dann zwangsläufig ein Sachwissen, dass man sinnigerweise die konzipierte Ausstellung mittels eigenen Buchs gebleiten kann.
Mit welchen Sonderausstellungen im Museum AUTOVISION oder Büchern darf man in der näheren Zukunft noch rechnen?
Horst Schultz: Das wird natürlich noch nicht verraten, somit erhöht man auch die Spannung. Aber es wird was kommen! (SW)
Foto:Horst Schultz Copyright Museum AUTOVISION