Gregor Demmer: „Vereine müssen sich wohl auf eine schwierige Saison einstellen“.
Mit der völlig kostenfreien Digitallösung Vereinsticket unterstützt die Total Fansports GmbH Sportvereine bei der Kontaktdatenerfassung, dem Einhalten von Zuschauer-Obergrenzen und der Information von Anhängern. Das klingt interessant, ein Grund sich mit Geschäftsführer Gregor Demmer etwas intensiver darüber zu unterhalten. Ein anderer Grund, der Gründer ist zudem auch noch Schiedsrichter im Fußball …
Herr Demmer, Sie sind einer der Mitbegründer der Total Fansports GmbH. Mit Ihrem Unternehmen wollen Sie Amateur- und Breitensportvereinen helfen. In welcher Form ganz genau?
Gregor Demmer: Wir geben Ehrenamtlichen in den Vereinen kostenfreie Lösungen an die Hand, die ihnen die Vereinsarbeit erleichtern. Dadurch sparen sie Zeit, Geld und Nerven. Und die Vereine bleiben auch in der Zukunft attraktiv für Mitglieder und Sponsoren und können somit ihre Existenz nachhaltig sichern.
Konkret ausgedrückt: In wenigen Jahren wird es kein Kind mehr verstehen, warum es das Ticket im Bus per App bezahlt, am Sportplatz jedoch Bargeld benötigt. Oder warum man einen Friseurbesuch online buchen kann, der Sportverein per Amtsblatt nach freiwilligen Helfern für ein Fest sucht.
Hier setzen wir an und stellen die nötigen Tools zur Verfügung.
Und was ist dann „Vereinsticket“?
Gregor Demmer: Mit unserer Vereinsticket-Plattform bringen wir Sportvereine, ihre Mitglieder und Anhänger sowie Werbepartner, die den Sport unterstützen möchten, zusammen. Das System wird gemeinsam mit Sportvereinen entwickelt und ist daher auf deren Bedürfnisse zugeschnitten.
Sobald sich ein Vereinsverantwortlicher auf der Plattform angemeldet hat und dann seinen Verein im System verwaltet, kann er sich aus den verschiedensten Modulen diejenigen herauspicken, die er für seinen Verein benötigt.
Was machen Sie also ganz genau für die Amateur- und Breitensportvereine? Oder moderner nachgefragt: Wie setzt sich Ihr aktuelles Leistungsspektrum für die Vereine zusammen?
Gregor Demmer: Die Möglichkeiten, die die Plattform bietet, sind so vielfältig wie die deutsche Vereinslandschaft. Sie reichen von einem auf den Verein angepassten Ticketshop über Trainingsplanungs-Funktion und interaktive Mitgliederverwaltung, bei der die Vereinsmitglieder ihre Daten selbst pflegen, bis hin zur News-Funktion für Vereine. Damit können sie ihre Anhänger beispielsweise über Spielverlegungen benachrichtigen, einen Liveticker während der Spiele betreiben oder auch die Fans zu einer „Happy Hour“ nach Abpfiff einladen.
Die Interaktion mit den Vereinsmitgliedern und -anhängern läuft über unsere App VT Fansports, die kostenfrei in den bekannten App Stores bereitsteht.
Wir entwickeln das System stetig weiter. Ich kann bereits heute schon zwei weitere Funktionen ankündigen: In Kürze schalten wir unser Payment-Modul frei. So können Amateurvereine nicht nur Tickets online zur Reservierung anbieten, sondern auch direkt den Eintritt online kassieren. Nicht nur für Einzel-, sondern auch schon gleich für Dauerkarten. Das ist absoluter Zeitgewinn!
Die zweite Neuerung ist vor allem für den Hallensport interessant: Wir werden bald Saal- beziehungsweise Sitzpläne im Ticketshop abbilden können. Dann können in der Zukunft problemlos platzgebundene Karten verkauft werden.
Gibt es ein Angebot, oder Bausteine?
Gregor Demmer: Vereinsticket ist für Amateurvereine komplett kostenfrei. Vereine können sich die Bausteine, wir nennen es Module, herauspicken beziehungsweise freischalten, die sie brauchen. Wenn ein Verein etwa „nur“ das Ticketing benutzen möchte, braucht er die Trainingsfunktion nicht zu nutzen. Und umgekehrt.
Die letzte Spielzeit war bekanntlich vom Lockdown geprägt. War es denn im Nachgang sinnvoll, genau in solch einer Phase mit diesem neuartigen System auf den Markt zu kommen?
Gregor Demmer: Aber auf jeden Fall! Ein Baustein unserer Lösung ist eine Corona-regelkonforme Kontaktdatenerfassung für Trainingseinheiten und für Spiele. Beides werden Vereine noch eine Zeit lang brauchen, fürchte ich. Und auch unsere News-Funktion hilft, wenn zum Beispiel ein Spiel wegen Infektionsfällen kurzfristig verlegt werden muss … man kann so die Zuschauer informieren. Unsere Tickets werden kontaktlos gescannt, in Sekundenschnelle. Das alles sind Vorteile unseres Systems in der Pandemie und daher war der Lockdown nicht die schlechteste Phase, um an eben diesen Funktionen zu arbeiten.
Hinzu kommt, dass die Vereine in der Krisenzeit gemerkt haben, wie schwer es ist, mit ihren Mitgliedern in Kontakt zu bleiben und ihnen Angebote zu machen, wenn man sich nicht regelmäßig sieht. Als Konsequenz ist ein Umdenken in den Vereinen zu beobachten, sich mehr auf Themen wie die Digitalisierung einzulassen.
Aber ganz klar, der generelle Kontakt zu Vereinen war nicht leicht in der Zeit, die Ehrenamtlichen hatten natürlich andere Sorgen. Umso schöner ist es, das es wieder aufwärts geht und der Ball nun rollt.
Was erwarten Sie für diese Spielzeit?
Gregor Demmer: Ich habe es vorhin schon anklingen lassen: Sportvereine müssen sich wohl auf eine schwierige Saison einstellen. Es wird vermutlich immer wieder zu Spielverlegungen und -absagen aufgrund von Infektionsfällen kommen. Im Herbst könnten zudem die behördlichen beziehungsweise Verbands-Vorgaben verschärft werden, sollten die Zahlen weiter steigen. Da hilft dann nur, flexibel zu bleiben und sich technisch bestmöglich vorzubereiten.
Obwohl Sie aktiver Schiedsrichter im Fußball sind. Das gesamte Angebot der Total Fansports GmbH ist nicht nur für den Fußball! Wäre eine Spezialisierung nicht doch etwas sinnvoller?
Gregor Demmer: Es kommt immer darauf an, was man möchte. Wir möchten den Amateursport ganzheitlich denken, denn in unseren Augen macht es nur auf diese Art und Weise auch langfristig Sinn. Das deutsche Vereinswesen ist stark geprägt von Breitensportvereinen mit zahlreichen Abteilungen in verschiedenen Sportarten. Die reinen Vereine mit nur einer Sportart sind eher die Ausnahme. Und da wir den Anspruch haben, nicht mehr in Insellösungen zu denken, sondern eine zentrale Lösung anzubieten, liegt es nahe, sich nicht zu spezialisieren.
Darin liegt vielleicht auch der größte Unterschied zur Konkurrenz im Markt. Nicht nur, dass wir unser ganzes Angebot kostenfrei aufbauen, sondern, dass wir eben keine Unterscheidung machen. Die große Stärke unserer Plattform ist die Flexibilität, jede Vereinsstruktur, egal wie tief oder breit sie aussehen mag, abbilden zu können.
Wir machen uns damit das Leben anfänglich natürlich nicht wirklich leichter, gerade im Vertrieb, aber wir sind fest davon überzeugt, dass es sowohl für die Vereine als auch für uns die klar nachhaltigere Lösung für die Zukunft ist.
Ist Schiedsrichter eine Leidenschaft?
Gregor Demmer: Das kann man schon so sagen. Auch wenn man manchmal für verrückt gehalten wird, es macht tatsächlich Spaß. Ein alter Schiedsrichterkollege hat es mal als „Persönlichkeitsschule“ bezeichnet, was ich eigentlich sehr treffend finde. Wer es nämlich schafft, ein Spiel, in dem zwei Mannschaften darauf aus sind, zu gewinnen, so zu managen, dass am Ende alle Spieler, gerade die Verlierer, im sportlichen Sinne zufrieden sind und gemeinsam ein Bier trinken, der ist auch in der Lage, im „normalen“ Leben schwierige Situationen zu meistern.
Wie fanden Sie eigentlich, als aktiver Schiedsrichter, die Einführung und bis heutige Umsetzung des „VAR“ in den internationalen und vor allem höheren deutschen Fußball-Ligen?
Gregor Demmer: Ich habe da gemischte Gefühle. Die Hoffnung, dass damit alle Diskussionen verschwinden, hat sich jedenfalls klar zerschlagen. Ich hatte eh schon vermutet, dass sich die Diskussionen einfach auf ein anderes Level begeben. Jetzt fragt man halt nicht mehr, „Wie konnte er das nicht sehen?“, sondern „Warum hat er es sich nicht angesehen?“, weil es ja nun die Möglichkeit gibt. Aber die technische Unterstützung finde ich gut, allerdings begibt man sich immer tiefer in ein Dilemma: Man erwartet mit technischer Unterstützung auch Perfektion, also klare schwarz-weiß Entscheidungen. Die wird es aber im Sport niemals so geben, weil es immer einen gewissen Ermessensspielraum gibt.
Bei Fouls oder Handspielen muss auch mit Einführung von Technik immer klar sein, dass der Schiedsrichter allein die letzte Einschätzung vornimmt. Diese klarstellende Kommunikation fehlt mir eigentlich immer. Aber sind wir auch mal ehrlich: Diese Diskussionen machen doch auch irgendwie den Reiz aus. Wäre alles eindeutig, gäbe es doch nichts mehr, worüber die Gemüter sich erhitzen und die Journalisten berichten könnten. Diese Fehlbarkeit ist in meinen Augen ohnehin ein elementarer Bestandteil des Sports … weil eben Menschen am Werk sind.
Was für mich in diesem Zusammenhang auch zählt: Mit zunehmender Technik in den höheren Ligen geht der Kontakt zu den unteren Ligen verloren. Früher hatte ich noch das Gefühl, dass der Sport, welchen ich am Samstagnachmittag im Fernsehen sehe, der Gleiche ist, den ich dann auch am Sonntag betreibe. Dieses Gefühl geht aber immer mehr verloren. Gerade als Schiedsrichter. Es ist ein anderes Pfeifen, mit VAR, Headset oder Hawk-Eye Toralarm.
Wie denken Sie über die Altersgrenze?
Gregor Demmer: Ich bin Fan des Leistungsprinzips: Das Alter ist in meinen Augen heute nicht mehr so aussagekräftig, da das Gesundheits- und Leistungsbewusstsein ein ganz anderes ist. Wer in der Lage ist, die erforderliche Leistung zu bringen, soll sie auch bringen können, in meinen Augen. Andere Ligen machen es uns vor, wo auch Schiedsrichter mit über 50 Jahren noch top Leistungen abliefern.
Man weiß ja aber auch, wo es herkommt. Es gibt halt nur eine gewisse Anzahl an Bundesligapartien, die nur von ein paar Dutzend Schiedsrichtern gepfiffen werden können. Um da Platz für den Nachwuchs zu schaffen, muss eine Regelung her. Ob diese allerdings am Alter greifen muss oder ob man nicht tatsächlich auf Leistung abstellen könnte, würde ich gerne zur Diskussion stellen. Denn wenn man sich mal anschaut, wie wenige Schiedsrichter im Leistungsbereich doch tatsächlich auf- und absteigen, im Vergleich zum Amateurbereich, dann sieht man schon, dass Leistung eher eine untergeordnete Rolle spielt.
Man ist immer so alt, wie man sich fühlt. Wenn alle immer älter werden und dann auch noch die Arbeitnehmer immer länger arbeiten sollen und müssen, dann ist es schwer vermittelbar, dass jemand, sofern er den sportlichen Anforderungen genügt, ausgemustert wird, nur weil er eine bestimmte Anzahl an Jahren „auf dem Buckel“ hat. Andererseits wissen wir aber auch aus anderen Lebensbereichen: Ohne klare Regeln funktioniert es nicht und man kann es nie allen recht machen. (TX)
You must be logged in to post a comment.