Friedhelm Julius Beucher: „Wir wollen Deutschland wieder in Bewegung bringen“.
Beim parlamentarischen Abend des Deutschen Behindertensportverbands, der zum ersten Mal seit drei Jahren wieder beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband in Berlin stattfand, wurde angeregt über die Situation der Menschen mit Behinderung in Deutschland diskutiert. Präsident Friedhelm Julius Beucher fand äußerst kritische Worte für die aktuelle Lage. Das Event stand unter dem Motto #StarteDeinenWeg.
Die fehlende Barrierefreiheit, ausbleibende Hilfsmittelversorgung, zu wenig Angebote … es gibt vielfältige Gründe, warum Menschen mit Behinderungen, die gerne Sport treiben würden, nicht sportlich aktiv sind!
Friedhelm Julius Beucher: Menschen mit Behinderungen sind besonders stark von Bewegungsmangel betroffen … nicht erst durch die Pandemie, die die Probleme jedoch weiter verstärkt hat. Noch immer werden Inklusion und Teilhabe in der Praxis erschwert oder sogar verhindert und unsere Mitmenschen mit Behinderungen somit vom Sport schließlich ausgeschlossen.
Alarmierend waren die Zahlen schon vor COVID-19: Der dritte Teilhabebericht der Bundesregierung stellt fest, dass immerhin 55 Prozent der Menschen mit Behinderungen keinen Sport treiben. Die Datenbasis dafür stammt aus dem Jahr 2017. Die Pandemie hat zudem für einen drastischen Mitgliederrückgang besonders im Sport von Menschen mit Behinderungen sowie mit chronischer Erkrankung gesorgt. Mehr als 110.000 Mitglieder hat allein nur der Deutsche Behindertensportverband verloren. Das Motto #StarteDeinenWeg soll daher aufrütteln, den Blick nach vorne richten und einen Aufbruch verkünden.
Friedhelm Julius Beucher: Wir müssen jetzt die Weichen für die Zukunft stellen. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass sich die problematische Situation für Menschen mit Behinderung in unserem Land endlich verbessern … damit auch im Sport.
Sport kann seine zweifellos positiven Aspekte nur entfalten, wenn er auch ausgeübt werden kann. Gemeinsam wollen wir Deutschland wieder in Bewegung bringen, vor allem die Menschen mit Behinderung. Dafür müssen wir als Gesellschaft auf allen erdenklichen Ebenen … ob in Politik, bei Leistungsträgern sowie in Strukturen des Gesundheitswesens und des Sports, die Voraussetzungen schaffen, damit wir den Menschen mit Behinderung die Tür zum Sport weiter öffnen und den Zugang zum Sport so leicht wie möglich machen. Wir brauchen Lösungen, keine Ausreden!
Sorgen bereitet auch der Rehabilitationssport. Durch den Bewegungsmangel und/oder eine Infektion mit COVID-19 haben sehr viele Menschen chronische Erkrankungen und (drohende) Behinderungen entwickelt. Die Chancen liegen im breiten Angebot des Rehabilitationssports, der vielfältige Potenziale bietet. Bundesweit stehen heute mehr als 100.000 Angebote im Rehabilitationssport zur Verfügung … beinahe 70 Prozent davon werden nur in den Strukturen des Deutschen Behindertensportverbandes durchgeführt.
Friedhelm Julius Beucher: Diese Angebotsstruktur muss mindestens auch künftig gewährleistet sein, beziehungsweise sogar erweitert werden. Wir erwarten, dass die Sozialversicherungsträger die Nöte und Ängste der Vereine im Zuge der Pandemie sowie mit Blick auf die weiteren großen Herausforderungen dieser Zeit erkennen und bessere Entscheidungen treffen. (TX)