Eileen Gu: „Im Moment entwickelt sich die gesamte Sportart so schnell“.
Eileen Gu ist gerade einmal 19 Jahre alt, aber schon seit Jahren der Superstar der weltweiten Freestyle-Szene. Bei den Olympischen Winterspielen in Peking holte die gebürtige Kalifornierin, die aber für China antritt, zweimal Gold sowie einmal Silber. Am 8. Mai gab es nun zum ersten Mal den Laureus World Sports Awards für Eileen Gu, in der Kategorie Action-Sportlerin. Nach so viel Gold die richtige Entscheidung!
In Deinem Sport hast Du mit gerade einmal 19 Jahren eigentlich alles bereits gewonnen. Wie fühlt es sich an, solch einen Preis zu bekommen?
Eileen Gu: Ich fühle mich geehrt, bei den LaureusWorld Sports Awards in Paris als Action-Sportler des Jahres ausgezeichnet worden zu sein. Als allererste Freestyle-Skierin, die diesen prestigeträchtigen Preis gewonnen hat, will ich diesen Moment mit allen teilen, die mit dem Sport und der Branche zu tun haben. Da ich weiß, dass junge Menschen die Macht und die Verantwortung haben, die Welt zu verändern, möchte ich, dass mehr Kinder aller Rassen sehen, dass es hier einen Platz für sie gibt. Nelson Mandela sagte, dass „Sport die Macht hat, Menschen zu vereinen“ … jemand muss die Bewegung einfach nur noch anführen!
Du studierst mittlerweile Quantenphysik an der Stanford University, Du bist Model, Du bist Botschafterin und vor allem bist Du seit Jahren der Superstar in der Freestyle-Szene. Wie viele Leben führst Du?
Eileen Gu: Gute Frage, aktuell sind es vier Leben die ich wohl gleichzeitig lebe, mir kommt es aber nur wie ein Leben vor. Wobei es eigentlich nur drei Leben sind, weil ich noch eine alte Verletzung ausheile lasse. Schließlich will ich zur Saison 2023/24 wieder voll angreifen. Ich bin noch lange nicht fertig mit den Sport!
Du bist aus Kalifornien, wie bist Du zum Skifahren gekommen?
Eileen Gu: Ich habe schon als Kleinkind erstmals auf Skiern gestanden, weil meine Mutter sehr gerne Ski fährt. Von San Francisco nach Tahoe, dem nächstgelegenen Skigebiet, sind es etwa vier Stunden, und so bin ich in den verschiedenen Gebieten dort aufund abseits der Piste schließlich aufgewachsen.
Ich habe in einer Skischule angefangen, aber man kann wohl sagen, dass ich vom ersten Tag an ein Adrenalinjunkie war. Meine Mutter war der Meinung, dass ich zu schnell und zu gefährlich fuhr, also schlug ein Skilehrer vor, dass ich einem Skiteam beitreten sollte, weil das eine Möglichkeit wäre, mich weiterzuentwickeln und meine Liebe zum Sport zu erhalten. Da ich, wie schon gesagt, in den Augen meiner Mutter schon zu schnell war, meldete sie mich zum Freeskiing an. Ohne wirklich zu wissen, was das ist … sie dachte sich, es ist sicherer als Racing.
Welche Rolle hat Deine Familie generell gespielt?
Eileen Gu: Meine Familie hat mich immer unterstützt, obwohl niemand erwartet hat, dass ich professioneller Freestylerin oder überhaupt Sportlerin werden würde. Sie haben mich von Anfang an unterstützt, wie es Eltern eben machen.
Meine Oma ist die motivierteste Person, die ich jemalskennengelernt habe, sie hat ein Konkurrenzdenken. Ich glaube, meine Oma hat mir den Wettbewerbsdrang mit auf den Weg gegeben und mich auf diese Weise unterstützt. Meine Mutter hat den Aspekt der Arbeitsmoral in den Vordergrund gestellt. Ich habe so viele Dinge von meiner Mutter und Großmutter durch das Skifahren und über die Jahre gelernt, sie haben mich immer unterstützt, auch wenn meine Mutter mir nicht bei Wettkämpfen zuschauen kann, weil sie sehr nervös wird, nicht zuschauen kann.
Heute bist Du Profi … was macht für Dich Deinen Sport aus?
Eileen Gu: Ich denke, dass bei allem, was man sehr gerne macht, viele Emotionen im Spiel sind. Für mich, wenn ich etwas sehr liebe, sind definitiv viele Emotionen im Spiel. Und diese ganzen Emotionen machen den Sport für mich aus. Bis ich einen Trick wirklich kann, vergeht viel Zeit mit harter Arbeit. Wenn ich dann diesen einen Trick lande, kann nichts auf der Welt dieses Gefühl jemals übertreffen. Und genau diese Emotionen machen den Sport für mich einmalig.
Wie würdest Du Deine Stärken beschreiben?
Eileen Gu: Meine größte Stärke ist mein Gehirn. Ich denke über alles immer ganz gründlich nach und ich visualisiere es bis ins kleinste Detail. Wenn ich etwas tun will, dann setze ich mich wirklich voll dafür ein und ich bin auch in der Lage, mich selbst zu verstehen, indem ich alles analysiere. Ich bin generell ein introvertierter Mensch, dies hilft mir extrem, mich selbst und meinen Punkt zu reflektieren.
Welches ist die größte Herausforderung im Deinem Sport?
Eileen Gu: Ich denke, im Moment entwickelt sich die gesamte Sportart so schnell, deshalb denke ich, dass es darum geht, an vorderster Front zu bleiben und sich auf eine Art und Weise weiterzuentwickeln, wie man es noch nie zuvor gesehen hat. Ein Kernwerte des Freeskings ist Individualität, deshalb denke ich, dass esschwierig ist, seinen eigenen Stil in einer Welt zu finden und zu kreieren, in der es schon so viele erstaunliche und spektakuläre Pioniere gab und gibt, Jeder will etwas völlig Neues und ständig Dinge zu tun, die noch nie gemacht wurden und dabei sicher zu bleiben, ist meiner Meinung nach der schwierigste Teil heute. (Red Bull/SW)
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