Dr. Klaus Reuter: „Wir wollen den Akteurinnen und Akteuren im Sport helfen“.
Die Kampagne „Ziele brauchen Taten“ verstärkt die Nachhaltigkeit im Sport. Auf der offiziellen Kampagnen-Seite gibt es informative sowie inspirierende Materialien, von Clips über Broschüren bis zu Webtools. Ins Leben gerufen hat diese Kampagne Dr. Klaus Reute. Darum hat es sich angeboten, ein intensives Gespräch über die Ziele und Inhalte der Kampagne „Ziele brauchen Taten“ mit dem Ideengeber zu führen.
Herr Dr. Reuter, Sie sind Ideengeber der Kampagne „Ziele brauchen Taten“. Welches Ziel verfolgt die gesamte Kampagne genau?
Dr. Klaus Reuter: Die Kampagne „Ziele brauchen Taten“ verfolgt zwei Ziele. Einmal wollen wir die von den Vereinten Nationen bereits erfolgreich verabschiedeten 17 globalen Nachhaltigkeitsziele im Breiten- und Spitzensport auf eine gewinnende Art und Weise kommunizieren. Hierfür haben wir zahlreiche bekannte Sportlerinnen und Sportler gewinnen können, die als ein Multiplikator in Vereine wirken können. Dazu ist es unser Ziel, die Sportvereine in ihrem Handeln weiter zu unterstützen und somit für die politische Ebene entsprechende Empfehlungen zu erarbeiten.
Um welche Nachhaltigkeitsziele geht es genau?
Dr. Klaus Reuter: Prinzipiell unterstützen die 17 Nachhaltigkeitsziele die Umsetzung einer sozial-ökologischen Transformation. Konkret geht es um Fragen des sozialen Zusammenhalts, Umwelt und Klimaschutz, einer deutlich gerechteren Verteilung von Ressourcen und eines fairen Ausgleichs. Auf wirklich jeder Ebene, ob international, in Deutschland, den Bundesländern sowie den Kommunen, müssen die Ziele jeweils auf die konkreten Herausforderungen angepasst und durch strategisches Vorgehen und konkrete Umsetzungsschritte mit Leben gefüllt werden. Es ist dabei ein Sprint, weil ein enormer Zeitdruck, wie beim Klimaschutz besteht. Gleichzeitig ist es jedoch ein Marathon, da dieser Wandel sehr viel Ausdauer in der Umsetzung benötigt.
Wie hängen die 17 SDGs mit dem Sport zusammen?
Dr. Klaus Reuter: Der Sport kann auf verschiedensten Ebenen zur Umsetzung der 17 Ziele beitragen. Sportverbände können zum Beispiel Bildungsangebote für ihre Region einrichten (SDG 4) oder durch gezielte Förderung Geschlechtergerechtigkeit erhöhen (SDG 5). Profi-Klubs können auf nachhaltige Beschaffung umsteigen (SDG 12) sowie die eigenen Klimaauswirkungen reduzieren (SDG 13). Jeder Sportverein kann durch eigene Taten seine Mitglieder dazu bewegen, auch im Alltag nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Der Sport, als Kitt innerhalb unserer Gesellschaft, kann sehr viele Menschen für das Gemeinschaftswerk nachhaltige Entwicklung bewegen und einen positiven Zugang zu dem Thema Nachhaltigkeit schaffen.
Wie unterstützt die RENN.west die Verbände, Sportvereine oder Athletinnen und Athleten auf dem Weg zur Nachhaltigkeit?
Dr. Klaus Reuter: Mit verschiedensten Bausteinen wollen wir den Akteurinnen und Akteuren im Sport helfen, Nachhaltigkeit auf die Agenda zu setzen. Dazu bieten wir zahlreiche, kostenlos bestellbare Materialien, die Vereinsmitglieder nutzen können, um Nachhaltigkeitsthemen in ihrem Umfeld bekannter zu machen. Wichtig sind auch unsere Netzwerkkonferenzen, auf denen Ideen ausgetauscht und Grundsteine für Kooperationen gelegt werden können. Dies verfolgen wir mit einem Gremium aus Expertinnen und Experten, der Fokusgruppe „Nachhaltigkeit und Sport im Westen“, die sich zu Potentialen und Handlungsbedarfen austauscht. Auf der Webseite zu der Kampagne finden sich dazu viele Informationen und inspirierende Beispiele.
Wie dringt Nachhaltigkeit in den Kern der Vereine?
Dr. Klaus Reuter: Damit Nachhaltigkeit in den Vereinskern dringt, darf diese nicht mehr als bloße Zusatzaufgabe oder als Nebenprojekt verstanden werden. Es geht dabei um die Zukunftsfähigkeit des eigenen Vereins, sogar der eigenen Sportart. Um diese Erkenntnis konkret auszugestalten, können die Vereine die SDGs in ihren Strukturen verankern, ihr Handeln nach den 17 Zielen ausrichten. Im ersten Schritt können so eigene Beiträge für nachhaltige Entwicklung, die schon geleistet werden, sowie eventuelle Lücken oder Potentiale, sichtbar gemacht werden.
Im ersten Finale des Wettbewerbs „WestDerby Zukunft“ wurden mit dem SC Paderborn 07, dem TSC Eintracht Dortmund, dem FC Hertha Bonn und dem SuS Phönix Dortmund 09 vier Sportvereine für ihre Projekte zur Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Um was für Projekte ging es?
Dr. Klaus Reuter: Mit dem Wettbewerb „WestDerby Zukunft“, der 2022 zum ersten Mal stattfand, wollen wir Sportvereine auszeichnen, die sich auf den Weg gemacht haben, die SDGs in den eigenen Strukturen verankert haben. Der kleinste Verein im Wettbewerb, der SuS Phönix Dortmund 09, überzeugte mit praktischen Aktionen im eigenen Umfeld, wie etwa Carsharing, einer Börse für gebrauchte Vereinskleidung oder der Teilnahme an lokaleren Kreislaufwirtschaftsprojekten. Der Profi-Verein SC Paderborn 07 sicherte sich den Sieg gegen starke Konkurrenz durch vorbildhafte Nachhaltigkeitsberichterstattung, die Umsetzung einer Nachhaltigkeitsstrategie und Erstellung einer CO2-Bilanz. Ein ganz tolles Beispiel, wie Profi-Vereine im Fußball sich dem Thema ganzheitlich widmen können. Es kann also jeder Klub machen!
Dazu gab es noch einen Jurypreis für Vorwärts Spoho Köln. Was hat die Jury zu diesem gesonderten Preis für den Klub bewegt?
Dr. Klaus Reuter: Der Kölner Verein sprang der Jury als Sonderfall ins Auge. Durch die Gründung einer eigenen Nachhaltigkeit AG hat der Verein bereits viel bewegen können und Nachhaltigkeit tief in den Vereinsstrukturen implementiert. Folglich eine Orientierung und Zuordnung der eigenen Aktivitäten entlang der SDGs, Audits und weitere Controlling-Mechanismen halten den Verein dabei auf Kurs. Dadurch schafft es dieser Verein, Mitglieder sowie ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu binden, Sponsoring-Interesse am Verein zu steigern, die öffentliche Wahrnehmung von Nachhaltigkeit zu fördern und vor allem einen positiven Impact für Umwelt und Gesellschaft zu leisten. Dieses Engagement empfand die Jury als außerordentlich und entschied sich spontan, einen weiteren Preis zu verleihen. (TX)
Foto: Dr. Klaus Reuter Copyright RENN.west – treeState