David Wolf: „In diesem Turnier ist klar was möglich, wenn man es schlau macht“.
Die Eishockey-Weltmeisterschaft in Riga beginnt am heutigen Freitag und die DEB-Auswahl steht ab 15:15 Uhr auf dem Eis. David Wolf von den Adlern aus Mannheim wäre gerne dabei, aber seine Armverletzung, die ihn schon DEL-Playoffs gekostet haben, bedeutet das Aus. Trotzdem verfolgt der Stürmer die WM, mit Blick auf seine Mannschaftskameraden. Und eine Überraschung wie 2018 wäre wohl möglich!
Wenn man verletzt ist, dann sei die Frage erlaubt: Wie geht es Dir?
David Wolf: Mir geht es ganz gut. Es ist ein bisschen frustrierend, weil man nicht viel machen kann. Ich bin im Alltag immer sehr aktiv, aber momentan geht echt wenig. Ich muss für mich gerade erlernen, Geduld mitzubringen, obwohl ich eher ein ungeduldiger Mensch bin.
Wie ist es denn genau passiert?
David Wolf: Ich kann nicht genau sagen, wie es passiert ist. Es war ein Zweikampf, bei dem wahrscheinlich der Schläger des Gegenspielers den Bruch verursacht hat und beim Aufprall auf dem Eis habe ich mir das Handgelenk ausgekugelt.
Wenn der Mannheimer Hauptrunden-Topscorer in den Playoffs ausfällt, wären die Adler denn mit ihm Meister geworden?
David Wolf: Dann wären wir Meister geworden … Wir hatten auch noch die Ausfälle von Joonas Lehtivuori, der bei uns in der Verteidigung der Lenker und Denker ist, und von Tommi Huhtala, der durch seine körperliche Präsenz, seine guten Händen Lücken reißen kann. Klar hat es der Mannschaft geschadet, dass wir drei nicht da waren. Wir hätten gerne gewusst, wie es mit uns drei ausgegangen wäre …
Viele Experten hatten die Adler als Favorit auf dem Zettel. Jetzt war es „nur“ das Halbfinale. Wie fällt Dein Saisonfazit aus?
David Wolf: Trotzdem sehr positiv. Es war wirklich ein verrücktes Jahr. Wegen der Pandemie wussten wir nicht, wann gespielt wird. Und dann ging es in abgespeckter Form los. Wir waren in Mannheim eigentlich zwölf Monate in einer „Bubble“, weil wir das Virus nicht in die Kabine bringen wollten. Gerade am Ende haben wir sehr viel Eishockey gespielt, da der Spielplan sehr eng getaktet war. Ab vier Wochen vor den Playoffs spielten wir fast jeden zweiten Tag und in den Playoffs ging es in diesem Rhythmus weiter.
Ich fand, dass es im Finale zwischen Berlin und Wolfsburg an Geschwindigkeit und Intensität gefehlt hat, denn normalerweise ist die Geschwindigkeit noch höher und körperbetonter. Die Berliner haben wahrscheinlich genau zum richtigen Zeitpunkt ihren Peak erreicht, weil sie ihre Probleme schon zum Anfang der Saison hatten. Wir waren zu Beginn extrem gut und hinten raus sind wir dann etwas von unserem Spiel weggekommen. Aber ich bin froh, dass wir überhaupt Eishockey spielen konnten.
Deine Armverletzung ist der Grund, dass Du nicht an der Weltmeisterschaft teilnehmen kannst. Ist das für Dich ein harter Schlag?
David Wolf: Auf jeden Fall. Ich habe mich sehr auf die WM gefreut. Coronabedingt gab es letztes Jahr keine WM. Die WM davor konnte ich auch nicht spielen, weil mein Sohn geboren wurde. Mein letzter Auftritt für die deutsche Nationalmannschaft war bei Olympia. Im Hinblick auf die Spiele im nächsten Jahr hätte ich gerne die WM mitgenommen, um dem Bundestrainer auch zu zeigen, was ich in der Lage bin zu tun und dass ich der Mannschaft helfen kann.
Insgesamt fünf Mannheimer, mit Neuzugang Korbinian Holzer sind es sogar sechs, sind in Lettland dabei. Hast Du denn Kontakt mit den Jungs?
David Wolf: Per SMS … Matthias Plachta hatte Geburtstag, da habe ich auch mal gratuliert. Dem Holzi habe ich auch gratuliert, weil er in Mannheim unterschrieben hat. Ansonsten eher weniger, denn die Jungs sind beschäftigt und haben auch nicht so viel Lust zu schreiben. Du willst einfach deine Ruhe haben und dich vor so einem Turnier auf die wesentlichen Sachen konzentrieren.
Aber auch vier Münchner haben abgesagt, weil sie wegen der Pandemie erst einmal keine Lust mehr haben. Kannst Du das nachvollziehen?
David Wolf: Verstehen muss man das. Man hatte eine extrem lange Saison in der „Bubble“ und das macht ja auch mit einem Spieler etwas. Die Münchner haben auch ihre Saisonziele nicht so erreicht, wie sie gedacht haben. Und dann mal eine Auszeit zu nehmen, weil du körperlich und mental müde bist, ist okay. Da kann man keinem böse sein.
Das Quartett hätte der Mannschaft sicher gut getan. Alle gehörten zu dem Team, das 2018 sensationell die Silbermedaille in Pyoengchang geholt hat. Jetzt sind sie nicht im Kader dabei. Was hältst Du denn vom DEB-Team?
David Wolf: Dem Bundestrainer bleiben leider nicht so viele Möglichkeiten, wenn erfahrene Spieler nicht dabei sein werden. Es ist gerade in der Offensive ein junger Kader. Es sind viele Spieler dabei, die noch nicht so oft auf der WM- oder Olympia-Bühne gespielt haben. Es kann auch ein Vorteil für Deutschland sein. Diese Jungs sind hungrig, sie wollen spielen. Ich habe mir auch die Kader der anderen Nationen angeschaut und die sind auch nicht bestens aufgestellt. Bei Kanada zum Beispiel haben viele Hochkaräter abgesagt. Man muss als Team schnell zusammenfinden und von Anfang an eine gewisse Chemie haben …. Aber unser Bundestrainer Toni Söderholm weiß, wie er das hinbekommt. Wenn das der Fall sein wird, dann ist in so einem Turnier alles machbar. Man hat es ja bei Olympia gesehen.
Jetzt kommen da Jungs aus Nordamerika ins deutsche Team. Für die, die sich nicht auskennen, was ist der große Unterschied zum Eishockey in der DEL?
David Wolf: Es ist ein komplett anderes Spiel. Durch die kleinere Eisfläche ist es rasanter. Im Spiel ist mehr los, du musst Entscheidungen schneller treffen. Wenn sie das ganze Jahr drüben auf der kleinen Eisfläche gespielt haben und jetzt auf der größeren spielen müssen, dann ist das etwas anderes mit einem anderen Timing. Ich hoffe, dass sie sich schnell einfinden werden. Sie werden der Mannschaft schon helfen, dadurch, dass sie das ganze Jahr über Entscheidungen sehr schnell treffen müssen. Und international brauchst du auf dem Eis schnellere Entscheidungen.
Der erste Gegner des DEB-Teams wird Italien sein. Ist es gut gegen einen vermeintlich leichten Gegner zu spielen oder aufgrund dieser Zeiten, wo man die Konkurrenz nicht einschätzen kann, eher schlecht?
David Wolf: Bei der WM darfst du keine Mannschaft unterschätzen. Es kann gut für das Selbstvertrauen sein, wenn du nicht gleich gegen Russland oder gegen Kanada starten musst, sondern eher gegen Italien. Sie haben auch fast ein Dutzend Spieler, die gar nicht mitreisen durften, weil sie beim letzten Infektions-Test positiv getestet wurden. Sie fahren nur mit zwei bis drei Reihen nach Riga. Wenn man das taktisch gut gestaltet und mit vier Reihen das Spiel durchspielt und sie müde macht, dann stehen die Chancen gut, dass du da mit Punkten heraus gehst.
Ein Tag später, also kurz nach dem Frühstück wartet dann Norwegen. Hast Du schon mal am späten Vormittag um 11 Uhr Eishockey gespielt?
David Wolf: Das ist schon eine Weile her, Das war eher im Nachwuchsbereich.
Das ist schon kurios. Man hat ein Spiel in den Knochen, nach dem Aufstehen am Morgen steht man schon mit einem Bein auf dem Eis. Wie kriegt man das physisch und psychisch hin?
David Wolf: Nach dem Spiel direkt kann man schlecht schlafen. Du bist noch voll mit Adrenalin mit so vielen Eindrücken, die du noch verarbeiten musst. Du brauchst zwei bis drei Stunden, um runter zu kommen. Dann musst du ja morgens um 6:30 Uhr wieder aufstehen, 7 Uhr frühstücken, den Körper in die Gänge bringen und um 9 Uhr bist du schon in der Kabine. Schlaf ist definitiv ein wichtiges Tool. Wenn der Spieler gut schlafen kann, dann hat er schon einen Vorteil gegenüber den anderen.
Mental ist es eher zu bewältigen als physisch. Dein Körper ist noch müde nach dem Spiel über 60 Minuten, eventuell mit Overtime. Wenn du nicht den ausgewogenen Schlaf hast, dann ist der Körper noch nicht regeneriert. Du musst dann versuchen schlau zu spielen, alles einfach zu halten und nicht versuchen es allein gestalten zu wollen und die Scheibe tief bringen. Dafür sind die Deutschen schon bekannt, so ein Eishockey zu spielen.
Diese WM ist wie eine Wundertüte. Was erwartest Du? Das Viertelfinale ist schon möglich, oder?
David Wolf: Das Viertelfinale ist immer das Ziel der deutschen Nationalmannschaft. In diesem Turnier ist klar was möglich, wenn man es schlau macht. Man muss den Willen haben, da etwas schaffen zu wollen und man muss als Mannschaft relativ schnell funktionieren. Wenn das vorhanden ist, brauchen wir uns wirklich vor keiner Mannschaft zu verstecken.
Hast Du denn einen Topfavoriten?
David Wolf: Schwer zu sagen. Die USA und Kanada werden wohl nicht mit den Topmannschaften vor Ort sein. Kanada wird trotzdem immer noch eine gutes Team haben. Bei Russland fehlen auch einige aus der NHL, dann die Schweden. Es sind die altbekannten Teams wie Schweden, Kanada, Russland. Die haben alle immer noch sehr viel Talent, um solche Turniere gewinnen zu können. (OD)
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