Daniel Pietta: „Ich hatte immer das Ziel, bis 40 auf dem Eis zu stehen“.
Daniel Pietta hat in seiner beeindruckenden Karriere bereits über 900 Pflichtspiele absolviert. In der DEL spielte der Krefelder nur für zwei Vereine. 16 Jahre für seinen Heimatklub KEV und seit dieser Saison für den ERC Ingolstadt. Mit nun 34 Jahren verließ Daniel Pietta sein zu Hause in Richtung Oberbayern. Es scheint zu gefallen, der Vertrag beim ERC ist verlängert. Die Karriere soll noch einige Jahre andauern.
Wir erwischen Dich gerade im Bus auf dem Weg zum Auswärtsspiel. Bei über 800 DEL-Spielen und über 100 Länderspielen für Deutschland, wie viele Tage hast Du eigentlich im Bus gesessen? Hast Du das mal ausgerechnet?
Daniel Pietta: Nee … das ist bestimmt eine Menge … aber es macht ja auch Spaß mit den Jungs zusammen zu sein, mal gemeinsam Karten zu spielen oder mit ihnen Filme zu schauen.
Aber wir wollen nicht über die Busfahrten sprechen, sondern über Dich und Eishockey. Vor gut einer Woche hast Du beim ERC Ingolstadt Deinen Vertrag verlängert. Was sind die Beweggründe, dass Du in Ingolstadt bleiben willst?
Daniel Pietta: Der ERC Ingolstadt hatte mir nach der Zeit in Krefeld diese Chance gegeben, mal etwas anderes zu erleben. Sportlich klappt es super, dazu macht es mit der Mannschaft viel Spaß. In Ingolstadt weiß man, dass man Erfolg haben kann. Außerdem fühle ich mich und auch meine Familie sehr wohl in Ingolstadt. So hat gar nichts dagegen gesprochen, dass ich bleibe.
Du bist in Krefeld geboren und hast für den KEV 16 Jahre lang gespielt. Jetzt bist Du nicht in ein exotisches Land gegangen, trotzdem war es im November Dein erster Wechsel in Deiner Karriere. Was ist denn anders in Oberbayern als in Krefeld? Gibt es überhaupt große Unterschiede zwischen den Klubs?
Daniel Pietta: Es ist schon sehr viel ähnlich. Am Anfang musste ich in der Kabine nachfragen, wo denn alles ist. In Krefeld hat man immer mich gefragt. Sonst sind beide Vereine sehr familiär, es wird sich um alles gekümmert. Die Stadt konnte ich pandemiebedingt noch nicht genießen, aber es gibt schon schöne Orte in Ingolstadt.
Du bist fast 35 Jahre. In dem Alter gibt es Spieler, die einige Vereinswechsel hatten. Ist es schwieriger in Deinem Alter erstmals den Klub zu wechseln oder hilft Dir dann die Lebenserfahrung?
Daniel Pietta: Natürlich hilft mir, dass ich schon etwas älter bin, so einen Wechsel gelassen angehen kann. Ich habe mir keinen Stress gemacht und bin mit meinen sieben Sachen nach Ingolstadt gegangen. Ich war einfach nur froh, dass ich mich wieder auf Eishockey konzentrieren konnte, nach dem Sommer mit Pandemie und den Turbulenzen in Krefeld. Es hat sich dann alles so bestätigt, wie ich es mir erhofft hatte. Geholfen hat mir auch, dass ich zwei Monate in Schweden gespielt habe. Da musste ich mich an Neues gewöhnen und schnell meine Leistung bringen.
Sportdirektor Larry Mitchell hat nach Deiner Vertragsverlängerung gesagt, dass es so Spieler wie Dich kaum noch gibt, absolute Allrounder! Wie kommt es, dass Du ein Allrounder geworden bist?
Daniel Pietta: Schon im Nachwuchsbereich habe ich gelernt bekommen, dass man auf beiden Seiten der Eisfläche, also in der Offensive und Defensive, zuverlässig spielen muss. Natürlich mag ich es, Tore zu schießen oder Assists zu geben, aber ich vernachlässige meine Defensivaufgaben nicht. Für mich ist es auch wichtig, bei nicht so vielen Gegentoren auf dem Eis zu sein, weil das keinen Spaß macht. Da kannst Du 50 Tore schießen und wenn Du 100 Tore kassierst, dann ist das nicht schön. Ich werde oft gefragt, warum ich wenig Tore schieße, ich sehe mich eher als Vorbereiter oder Zwei-Linien-Spieler. Mir wurde im Nachwuchs eingetrichtert, dass man erst mal defensiv gut stehen muss, damit man offensiv etwas herausbekommt und so gehe ich heute noch die Spiele an.
Das ist wahrscheinlich aber auch kräfteraubend. Nach wahrscheinlich über 1.000 Eishockeyspielen, was sagt denn Dein Körper?
Daniel Pietta: Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, das ich mich noch wie 18 fühle … eigentlich fühle ich mich aber jünger als ich wirklich bin. Ich bin zum Glück verletzungsmäßig gut durchgekommen. Mir macht es einfach Spaß, Eishockey zu spielen und ich hatte immer das Ziel, bis 40 auf dem Eis zu stehen. Klar, man merkt schon etwas das Alter. Man braucht auch mal einen Tag länger zur Regeneration als jüngere Spieler. Ich fühle mich fit, bringe meine Leistung, habe Spaß, solange das passt, will ich weiterhin Eishockey spielen.
In dieser DEL-Saison gibt es die Zweiteilung in Nord- und Südgruppe. Darüber wurde diskutiert. Wie war es jetzt für Dich im Eishockey-Alltag?
Daniel Pietta: Ich fand es angenehm. Wir können glücklich sein, dass wir überhaupt spielen dürfen. Pandemiebedingt hatten wir weniger Reisestress. Es war eine gute Sache, dass man den Weg mit den Gruppen gefunden hat, um überhaupt spielen zu können. Ob man das jetzt jedes Jahr machen müsste, würde ich verneinen. Es ist ja auch der Reiz der Abwechslung da und dass man nicht in zwei Monaten viermal gegen den gleichen Klub spielen muss. Durch die Verzahnung, also Spiele gegen den Norden, tut es mal gut, auch wieder neue Gesichter zu sehen.
Wie hast Du den Norden verfolgt, wenn man nicht gegeneinander gespielt hat?
Daniel Pietta: Man konnte jeden Tag Eishockey schauen. Ich war ja viel zu Hause und habe dementsprechend viel geguckt und weiß schon über die Mannschaften aus der Gruppe Nord ganz gut Bescheid. Aber es ist dann auf dem Eis noch etwas anderes, wenn man dann deren wahres Leistungsvermögen mitbekommt und gegen sie spielt.
Einige Fachleute halten die Gruppe Süd für stärker als die Gruppe Nord. Nun gab es aber empfindliche Niederlagen für München und Mannheim im Norden. Kann man überhaupt eine Tendenz erkennen, ob der Norden stärker als der Süden ist oder umgekehrt?
Daniel Pietta: Man kann leicht sagen, dass durch die finanzstärkeren Klubs aus München und Mannheim der Süden stärker ist als der Norden. Die Spiele müssen aber erst einmal gespielt werden. Da kommt es dann oft auch auf die Tagesform an. Die wichtigste Erkenntnis aus den ersten Spielen ist, dass die Liga ausgeglichen ist. Und wenn Mannheim, München, Berlin und auch wir nicht 100 Prozent geben, dann wird es schwierig gegen jeden Gegner.
Den Tabellenersten aus dem Norden, die Eisbären Berlin, habt Ihr geschlagen, in der Gruppe Süd seid Ihr vor den Münchnern auf dem zweiten Rang. Es läuft prima bei Euch. Was ist gerade Euer Erfolgsgeheimnis?
Daniel Pietta: Wir haben eine gute Mannschaft mit einer guten Stimmung. Wir haben bewiesen, dass wir sehr gutes Eishockey spielen können. Unsere Identität ist, dass wir aus einer guten Defensive spielen und vorne haben wir so viel Qualität, dass wir genügend Chancen bekommen und diese auch nutzen können. Auch wenn es nicht so gut läuft, finden wir meistens Lösungen doch noch zu gewinnen.
Es geht Richtung Playoffs. Bist Du einer, der sagt, wir denken nur von Spiel zu Spiel oder dürfen wir schon weiter in die Zukunft schauen und fragen, wie es am Ende der Saison für den ERC aussieht? Wie weit wollt ihr kommen?
Daniel Pietta: So weit wollen wir noch nicht gucken. Wir wollen erst noch ein paar Punkte sammeln, um in die Playoffs zu kommen. Natürlich wollen wir jedes Spiel gewinnen und unser bestes Eishockey spielen. Zielsetzung eines jeden Sportlers ist, jedes Spiel zu gewinnen und wenn du das schaffst, dann bist du am Ende oben. In den Playoffs ist es dieses Jahr durch die Serie „Best-of-Three“ schwierig, denn es setzt sich nicht unbedingt die beste Mannschaft durch, denn es kommt auch viel auf die Tagesform an. Wenn du das erste Spiel verlierst, hast du den großen Druck, das zweite Spiel gewinnen zu müssen. Wir konzentrieren uns darauf, dass wir so schnell wie möglich in die Playoffs kommen und so weit wie möglich oben landen.(OD)