Clemens „C-Dog“ Kaudela: „Die Strecke muss rhythmisch fließend sein“.
Clemens Kaudela ist professioneller Freeride Mountainbiker, aber eigentlich fährt der 31-jährige Österreicher alles, was man mit zwei Rädern mehr oder weniger fast problemlos fahren kann. Doch der „C-Dog“ ist nicht einfach nur ein Mountainbiker, Clemens Kaudela ist mittlerweile auch ein international gefragter Streckendesigner, letztes Beispiel: Die Strecken beim „Audi Nines MTB 21“ im Steinbruch in Ellweiler.
Clemens, beim „Audi Nines MTB 21“ waren einige Streckenabschnitte von Dir entwickelt worden. Wie wird man zum Streckendesigner?
Clemens Kaudela: Auf der einen Seite bin ich schon sehr lange als Mountainbike-Profi dabei, habe also einen gewissen Erfahrungsschatz in den unterschiedlichsten Disziplinen. Auf der anderen Seite habe ich mich auch schon immer für die Materie Holz interessiert, bin vom Beruf her Holzbauingenieur. Diese beiden Leidenschaften habe ich also mit den Jahren eigentlich nur kombiniert. Mehr dazu findet man auch unter www.trailelements.at. Mir war es immer schon wichtig, dass die Strecken gut und sicher sind, soweit man es in dieser Dimension sicher machen kann.
Wie gehst Du bei der Entwicklung eines Layouts für eine Strecke vor?
Clemens Kaudela: Erst einmal geht es darum, für welche Disziplin und welche Art von Mountainbike ist die Strecke angedacht. Das muss im Vorfeld eindeutig geklärt sein. Danach muss man sich natürlich mit dem Areal befassen, wo die gewünschte Strecke sich schließlich einfügen soll. Und dann greift meine Erfahrung aus mehr als zehn Jahren. Ich weiß mittlerweile ganz genau, welche Absprungwinkel oder welche Radien für Rampen eignen sich gut bis sehr gut. Wie müssen die Hügel beschaffen sein, damit ein gewisser Flow gegeben ist. Es sind wirklich diese Erfahrungswerte in Kombination mit der eigenen Handschrift.
Was macht eine starke Strecke für Dich persönlich aus?
Clemens Kaudela: Wie ich schon angedeutet habe, die Strecke braucht eine Linie damit ein guter Flow entsteht. Die Strecke muss rhythmisch fließend sein.
Ein praktisches Beispiel: Wenn es eine Folge aus drei Sprüngen gibt, dann sollte es so sein, dass man zwischen diesen einzelnen Sprüngen gar nicht mehr treten oder etwa bremsen muss, sondern einfach immer wieder am besten Punkt, dem „Sweet Spot“, landet. Der Kurs macht es für dich!
Das „Audi Nines MTB 21“ diente Film- und Fotoshootings. Besteht für Dich in den Planungen ein Unterschied zu solch einem reinen Show-Event?
Clemens Kaudela: Einen reinen Show-Parcours gestaltet man in der Regel immer eine Spur leichter als für einen Wettkampf. Es geht schließlich um die Show, daher muss sich nicht jede Fahrerin oder jeder Fahrer daran die Zähne ausbeißen. Wie in der Frage gesagt, es ging in diesem Fall um die Tricks für die Aufnahmen.
Generell muss ich aber sagen, ich baue ohnehin viel lieber Kurse, die einen großen Spaßfaktor bieten. Also machbarer sind.
Erstmals waren in diesem Jahr auch Mountainbikerinnen geladen. Obwohl alle absolute Profis sind, muss man dies auch bedenken?
Clemens Kaudela: Es gab ja nicht nur eine Strecke beim „Audi Nines MTB 21“, von daher gab es sogar eine Strecke speziell nur für die eingeladenen Frauen. Hier war die Vorgabe, die Frauen sollen sich ohne Wenn und Aber dort wohlfühlen.
Da musste man sich schon im Vorfeld den Kopf ein wenig mehr zerbrechen, aber es dürfte geklappt haben. Die Frauen konnten sich voll auf die Tricks konzentrieren und wir haben ja ein paar Weltneuheiten gesehen!
Nun bist Du nicht der einzige Entwickler gewesen. Die Strecken sind im Team mit Andi Brewi und Sam Reynolds entstanden. Wie ist so ein Teamwork?
Clemens Kaudela: Etwa ein gutes halbes Jahr vor der Veranstaltung hatten wir uns vor Ort getroffen und sind einfach grenzenlos durchgegangen, was man so machen könnte. Einfach der Kreativität freien Lauf lassen. Im Nachgang schaut man darauf, was ist überhaupt realistisch und was gibt das Budget her. Dann wird über mehrere Meetings dieser kreative Prozess abgeschlossen und der erste Streckenplan steht nach etwa zwei Monaten. Dabei war ich mit Andi und Sami im ständigen Austausch. Dann gibt es eine weitere Besichtigung direkt vor Ort, eventuell mit Anpassungen, und dann beginnt die Bauphase. Und im Bau werden immer wieder Dinge ein wenig abgeändert und angepasst. Das ist die ganz normale Entwicklungsarbeit.
Den Bau solch einer Strecke darf man nicht mit dem Bau eines Hauses vergleichen. Es gibt zwar den Plan, der umgesetzt wird, aber anders als beim Hausbau fließt bei einer Strecke ein künstlerischer Aspekt während des Baus immer wieder mit ein. Die Strecke befindet sich immer in einem Prozess.
Was macht den Steinbruch in Ellweiler besonders?
Clemens Kaudela: Es ist ein Steinbruch und der Mensch hat zuvor so massiv in die Natur eingegriffen, dass wir praktisch absolute Freiheit bei der Erdbewegung hatten. Auf der einen Seite ist es sehr schade, auf der anderen Seite eben auch eine sehr schöne Freiheit im kreativen Prozess. Das haben wir beispielsweise hier im alpinen Raum nicht, hier müssen und wollen wir uns auch nach der Natur richten. Damit ist auch nicht jedes Layout möglich. Im Steinbruch mehr oder weniger schon.
Der Steinbruch ist mit dem Mond vergleichbar!
Gab es das erhoffte Feuerwerk an Tricks beim „Audi Nines MTB 21“?
Clemens Kaudela: Auf jeden Fall. Vor allem die Frauen haben gerockt. Es war so brutal, man kann es eigentlich nicht in Worte fassen. Zum Glück gibt es so viele gute Fotos und dazu die zahlreichen Videos. Einfach bei YouTube suchen und schauen. Es hat sich wirklich gelohnt. Das „Audi Nines MTB“ ist definitiv ein Highlight!
Das ermöglicht eben auch der Steinbruch. Wir können nicht nur relativ frei bauen, im Steinbruch ist gibt es so gut wie keine Winde. Man kann sich also voll und ganz auf seine Tricks einlassen, ohne eine Überraschung.
Welches Projekt würdest Du gerne in der näheren Zukunft noch umsetzen? Ob als professioneller Mountainbiker oder als Kursbauer …
Clemens Kaudela: Als Mountainbiker würde ich wahnsinnig gerne mal beim „Red Bull Rampage“ teilnehmen. Ich habe mich für 2021 auch beworben gehabt, wegen COVID-19 wurde das Feld jedoch reduziert und ich habe keinen Startplatz erhalten. Ich werde es in der Zukunft aber weiterhin versuchen. Es ist mein Traum.
Als Streckenbauer bin ich beispielsweise an einem tollen Projekt in der Steiermark für den Nachwuchs involviert. Das Projekt bei Miesenbach nennt sich Trailland und man kann die Fortschritte und den Spaß bei der Jugend greifen. Ich würde es schön finden, wenn es noch mehr solcher Plattformen mit festen Strecken für eben diesen Nachwuchs in der Zukunft geben würde! (TX)
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