Christopher Jahns: „Beim Klimaschutz gibt es keine Konkurrenz“.
Mit Start der Saison 2022/23 waren die Füchse Berlin offiziell klimaneutral zertifiziert und gehen mit einer umfassenden Nachhaltigkeitsoffensive einen äußerst wichtigen und überaus zukunftsorientierten Weg. Der 1. VfL Potsdam, Kooperationspartner der Füchse Berlin, schließt sich der klimaneutralen Strategie komplett an. Im Interview beschreibt Dr. Christopher Jahns diesen langen Weg beim Thema Klimaschutz.
Herr Jahns, die Füchse Berlin sind der erste offiziell klimaneutral zertifizierte Handballverein in Deutschland. Wie ist es gelungen, den CO2-Fußabdruck des gesamten Vereins und des Partnervereins 1. VfL Potsdam so zu gestalten?
Dr. Christopher Jahns: Wir haben erst einmal den CO2-Fußabdruck des gesamten Vereins gemessen. Das haben wir mit ClimatePartner gemacht, dem Marktführer bei Cockpit Climate Action. Auf Basis dieser detaillierten Ergebnisse haben wir unsere Situation analysiert und geschaut, was wir als Füchse Berlin direkt machen können und in der weiteren Zukunft auch noch müssen.
Unsere Mannschaft in der Bundesliga, unsere zweite Mannschaft in der 3. Liga, die sehr erfolgreiche A- und B-Jugend sowie unser Partnerverein aus Potsdam kamen laut dieser schonungslosen Analyse auf 645 Tonnen an CO2-Verbrauch. Das ist ein kleines mittelständisches Unternehmen. Es stellte sich also die Frage: Wo können wir den CO2-Verbrauch schnell reduzieren oder sogar komplett vermeiden? Unsere erste Maßnahme war für die gesamte Geschäftsstelle nur noch Ökostrom zu nutzen und aktuell stellen wir den kompletten Fuhrpark auf Elektro um. Dazwischen waren natürlich noch sehr viele weitere Maßnahmen.
Natürlich reichen diese Maßnahmen nicht aus. Ich sage es einmal so: Wenn wir den Restausstoß auf null fahren wollten, dann müssten wir uns auf den Boden legen und mit dem Handball aufhören. Das geht bei einem Handballverein nur äußerst schwer. Also haben wir die restlichen Tonnen über vom TÜV zertifizierte Klimaschutzprojekte in der südlichen Hemisphäre kompensiert. Dafür hat der Klub ordentlich Geld in die Hand genommen, eine sechsstellige Summe.
Der letzte Schritt ist die Kommunikation. Bei den Füchsen Berlin sowie beim 1. VfL Potsdam gibt es unter dem ClimatePartner-Label den ID-Track, der alles detailliert ausweist. Wir machen uns quasi richtig nackt!
Wenn ich richtig informiert bin, soll dies aber erst der Anfang sein. Wie sehen die Planungen im Verein für die Zukunft aus?
Dr. Christopher Jahns: Das ist richtig. Wir sind zwar heute klimaneutral, aber das kann doch nur der Start dieser so wichtigen Reise sein!
Wir nehmen uns beispielsweise mit starken Partnern die großen Verbrauchsquellen vor und schauen, wie können wir diese reduzieren. Es gibt so viele große und kleine Themen, die wir gerade anpacken und in der Zukunft noch anpacken wollen; die alle zu benennen, würden den Rahmen dieses Interviews sprengen. Wie schon gesagt, alle diese Maßnahmen setzen wir ganz transparent um.
Auf der einen Seite haben wir den Verein, auf der anderen Seite haben wir die Spieler des Vereins. Werden die Spieler in die Aktionen mit eingebunden?
Dr. Christopher Jahns: Natürlich binden wir die Spieler mit ein. Auf der einen Seite können sich unsere Spieler über die XU-Lernplattform über die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit informieren. Auf der anderen Seite tauschen wir uns natürlich mit den Spielern auch aus, beantworten etwaige Fragen. Der Großteil der Spieler ist an dem Angebote extrem interessiert und geht die Reise mit dem Verein mit. Wir haben sehr, sehr viele Spieler mit Vorbildcharakter!
Gibt es eventuell Überlegungen, mit anderen Vereinen in der Stadt Berlin im Bereich der Nachhaltigkeit zu kooperieren?
Dr. Christopher Jahns: Ich finde die Frage sehr schön, denn beim Klimaschutz gibt es keine Konkurrenz. Wir sind extrem offen und sind auch schon von einigen Klubs angesprochen worden. Nicht nur aus dem Handball gibt es Interesse. Wir stehen mit ausgestreckten Händen da, teilen gerne unser Wissen.
Wie ist eigentlich die Handball-Bundesliga in diesem Bereich aufgestellt?
Dr. Christopher Jahns: Bisher ist die LIQUY MOLY Handball-Bundesliga noch nicht klimaneutral, aber wir nehmen sehr, sehr viel Bewegung wahr. Es tut sich was. Das ganze Thema ist einfach auch viel zu wichtig.
Werden wir einmal kurz sportlich. Die Saison 2022/23 hat gerade begonnen. Was ist die Zielsetzung der Füchse Berlin?
Dr. Christopher Jahns: Ich halte mich komplett aus dem sportlichen Bereich der Füchse Berlin raus, ich bin für Wirtschaft, Nachhaltigkeit und Entwicklung zuständig. Aber Stefan Kretzschmar und Bob Hanning sagen: „Wir waren letzten Saison Dritter und in diesem Jahr wollen wir uns verbessern“. Wobei die Luft nach oben sehr dünn ist und man in der einen oder anderen Situation auch etwas Spielglück benötigt. Die Füchse Berlin haben sich aber einiges vorgenommen.
Abschließend Herr Jahns, was können die Fans aktiv für die Umwelt tun?
Dr. Christopher Jahns: Wichtig ist zum Beispiel: Die Fans sollten mit öffentlichen Verkehrsmittel anreisen. Und die Fans können bei den Füchsen Berlin schauen, wie wir mit dem Thema umgehen und dann entscheiden, wie kann mein eigener Beitrag zum Themenkomplex Klimaschutz aussehen. (TX)