Cécile Pieper: „Mit etwas Abstand hat es für mich aber auch positive Aspekte“.
Cécile Pieper: „Mit etwas Abstand hat es für mich aber auch positive Aspekte“.
Für den großen Traum von Olympischen Spielen hat Cécile Pieper vorgearbeitet, den Psychologie-Master in drei statt in vier Semestern absolviert. Die Verschiebung der Olympiade in Tokio auf den Sommer 2021 nutzte die 25-jährige Hockeyspielerin, um die Masterarbeit vorzuziehen und den Körper wieder auf Top-Niveau zu bringen. Wie das alle funktioniert hat, erzählte Cécile Pieper der Deutschen Sporthilfe.
Cécile, das Jahr 2019 war bei Dir geprägt von einem riesigen Pensum an der Uni und vielen Verletzungen. Kannst Du der Verschiebung der Sommerspiele daher auch etwas Positives abgewinnen?
Cécile Pieper: Zunächst einmal war es riesiger Schock, weil ich die Reha nach dem Fußbruch mit größtem Aufwand darauf ausgerichtet hatte, im Juli und August 2020 bei den Olympischen Spielen am Start zu sein. Mit etwas Abstand hat es für mich aber auf jeden Fall auch positive Aspekte. 2019 war ich fast durchgehend verletzt. Die Verschiebung gab mir mehr Zeit, meine Fitness wieder auf ein absolutes Top-Level zu bringen … als Sportler will man sich bei Olympia ja in seiner besten Form zeigen. In der Uni musste ich ein wenig umplanen, das hohe Pensum zuletzt hatte damit zu tun, dass ich vor Tokio möglichst viel abhaken wollte. Jetzt habe ich eben spontan meine Masterarbeit vorgezogen.
2016 gewannst Du mit 21 Jahren bereits Olympia-Bronze in Rio, inzwischen gehörst Du zu den erfahreneren Spielerinnen. Merkst Du, dass sich nun Dein Stellenwert im Team verändert hat?
Cécile Pieper: Es ist etwas ganz Anderes … auch, weil es zwischendurch einen Trainerwechsel gab. Ich merke daher schon, dass ich einen anderen Stellenwert einnehme. In Rio war ich ein Küken und konnte mich etwas reinspielen, während es die Älteren gab, von denen man ja wusste, dass sie im Zweifel die Verantwortung übernehmen können. Jetzt wird auch von mir erwartet, dass ich vorausmarschiere und meine Erfahrung an die Jungen weitergebe.
Neben EM, Olympia-Quali, der neugeschaffenen Pro League und der Hockey-Bundesliga hast Du Deinen Master in drei anstatt in vier Semestern absolviert. Wie hast Du das denn alles so geschafft?
Cécile Pieper: Rückblickend frage ich mich auch, wie viele Stunden mein Tag hatte. Viel nachgedacht habe ich darüber nicht. Die Tage waren immer gut durchgetaktet, ich kam nie zur Ruhe: Vom Training zur Reha, zweimal die Woche von Köln zur Uni nach Mannheim. Da ging ich schon auf dem Zahnfleisch. Das bedarf Organisation, Koordination und Unterstützung durch die Uni, gerade bei Lehrgängen. Aber die Uni Mannheim hat echt gute Arbeit geleistet. Auch wenn mir nichts geschenkt wurde, konnte ich manchmal Zusatzarbeiten erledigen oder mich per Video-Call zuschalten. Gewissermaßen bedeutete mein Fußbruch in dem Fall Glück im Unglück, sodass ich die Klausuren gut mitschreiben konnte … nur mussten dann alle Weisheitszähne herausoperiert werden, das war heftig.
Nebenbei noch einen Nebenjob …
Cécile Pieper: Im Messemarketing habe ich angefangen, als ich von Mannheim zu Rot-Weiß Köln gewechselt bin. Während ich verletzt war und viel für die Uni getan habe, hat der Nebenjob aber wohl am meisten gelitten. Ich hatte dort zum Glück extrem viel Freiräume und konnte meine Aufgaben gut von zuhause aus erledigen. Klar: Wenn man auf allen Hochzeiten tanzen will, muss man irgendwo kürzertreten. Man braucht auch einfach das Glück, Leute um sich herum zu haben, die es cool finden, dass man intensiven Leistungssport macht.
Was bedeutet Dir generell Dein Leben abseits des Hockeyfelds, wie wichtig ist Dir das Studium als Ausgleich zum Leistungssport?
Cécile Pieper: Ich muss ganz ehrlich sagen: Ohne würde es für mich richtig schwer werden. Ich merke es gerade vor Olympischen Spielen, wenn man in der Regel ein Urlaubssemester nimmt: Mir fehlt dann etwas, ich benötige einen Ausgleich und die Beschäftigung mit anderen Themen. Jetzt gerade, in der Pandemie, hat die Uni fast oberste Priorität. Hockey ist meine Leidenschaft, aber ich weiß auch, dass man mit dem Sport danach kein Geld verdienen wird. Jetzt können wir zwar gut davon leben, primär dank der Deutschen Sporthilfe und des Deutsche Bank Sport-Stipendiums, aber das ist eben kein Dauerzustand.
Hast Du denn bereits einen Plan, für danach?
Cécile Pieper: Ich beginne diesen September einen neuen Werkstudentenjob in der Marktforschung eines großen Lebensmitteleinzelhändlers … will mal schauen, wie mir das gefällt. Da geht es um Kauftrends, um Persuasion von Kunden. Auch meine Masterarbeit geht über Konsumenten-Psychologie. (Deutsche Sporthilfe/TX)