Angelique Kerber: „Es ist diesmal eine andere Art von Zurückkommen“.
Zwischen dem 14. und 28. Januar finden die Australian Open 2024 statt. Mit dabei: Angelique Kerber. Die gebürtige Bremerin ist schon oft zurückgekommen in ihrer erfolgreichen Karriere. Aus der Babypause quasi direkt zu den Australian Open, ist aber auch für die beste deutsche Tennisspielerin eine riesige Herausforderung. „Ich habe mir das bewusst so ausgesucht. Das hat mich gereizt“, so Angelique Kerber.
Angelique, wie geht es Ihnen und der kleinen Liana?
Angelique Kerber: Danke, uns geht es gut. Es ist mal wieder eine spannende Zeit, die neue Herausforderungen mit sich bringt. Mit Familie, Training und der gesamten Vorbereitung auf die neue Saison und dem ersten Grand Slam.
Sie sind im Februar Mutter geworden. Haben Sie Tennis trotzdem vermisst?
Angelique Kerber: Auf jeden Fall! Ich habe den Wettkampf vermisst. Also gegen die besten Spielerinnen anzutreten und die großen Matches zu spielen, das ist es, was mich immer noch reizt. Ich liebe einfach diesen Sport. Etwa drei, vier Tage vor der Geburt stand ich in meiner Academy auf dem Platz und habe Bälle geschlagen.
Haben Sie in den letzten Monaten etwas neu gelernt?
Angelique Kerber: Ja, dass man mit viel weniger Schlaf auskommt, als man denkt. Ich habe auch gelernt, geduldiger zu sein und effizienter meinen Alltag zu planen, im Sinne der viel besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Haben Sie die WTA-Tour eigentlich während Ihrer Babypause weiter verfolgt und welche Spielerinnen haben Sie so in den letzten Monaten beeindruckt?
Angelique Kerber: Ich war immer bestens informiert. Beeindruckt hat mich neben absoluten Topspielerinnen wie Iga Swiatek oder Aryna Sabalenka vor allem „Coco“ Gauff. Sie spielt zwar schon seit längerem immer wieder ein starkes Turnier, doch dass sie die US Open gewonnen hat, mit gerade 19 Jahren, ist eine Überraschung.
Sie haben sich für Ihr Comeback mit einem vertrauen Team um Torben Beltz umgeben? Wie sehr helfen diese bekannten Leute?
Angelique Kerber: Mir gibt es viel Sicherheit und eine gewisse innere Ruhe, wenn ich weiß, da sind Menschen an meiner Seite, auf die ich vertrauen kann. Das war mir persönlich sehr wichtig. Für diese extrem lange Vorbereitungsphase wollte ich ein Team um mich haben, das ich schon lange kenne und von dem ich weiß, dass es die neue Situation versteht. Es ist nicht nur das Training. Der ganze Tagesablauf muss ein bisschen anders sein. Dazu brauche ich dieses Verständnis und die volle Unterstützung von Menschen, auf die ich voll zählen kann.
Da Sie Tennis nicht neu lernen mussten, ging es wohl um die Fitness, oder?
Angelique Kerber: Bis vor kurzem war Fitness das Hauptthema. Jetzt geht es aber wieder mehr ums Tennis. Doch Fitness ist der Bereich, wo man in eineinhalb Jahren am meisten verliert. Da wieder zurückzukommen, seinem Körper zu vertrauen und auf ihn zu hören, das war anfangs die größte Herausforderung. Ich denke aber, das haben wir zusammen ganz gut hinbekommen. Also ich fühle mich fit und vorbereitet.
Sie sind in Ihrer erfolgreichen Karriere schon mehrmals zurückgekommen. Ist dieses Comeback aber die größte Herausforderung?
Angelique Kerber: Es ist auf jeden Fall eine andere Art von Zurückkommen. Wenn man nicht gut spielt, Matches verliert und dadurch in ein tieferes Loch fällt, trainiert man weiter und weiß, wie man da wieder rauskommt. Diesmal ist das eine komplett andere und viel schwierigere Aufgabe. Nach eineinhalb Jahren Pause direkt beim United Cup wieder einzusteigen sowie dann zwei Wochen später den ersten Grand Slam vor sich zu haben, ist eine riesige Herausforderung. Ich habe mir das bewusst aber so ausgesucht. Das ist genau das, was mich reizt.
Hatten Sie irgendwann einmal echte Zweifel in dieser Zeit an Ihrer Rückkehr?
Angelique Kerber: Nein. Wenn ich mir etwas in den Kopf setze, dann will ich das auch richtig machen, und zwar so lange, bis ich es hinbekomme. Natürlich ist das ein extrem langer Weg, wie ich ihn bisher noch nie gegangen bin. Es gab und gibt immer Aufs und Abs, doch dann muss man eben spontan sein, muss eine Einheit auch mal eine Stunde später beginnen lassen. Ich habe ein gutes Team um mich herum, das flexibel ist und weiß, wie sowas läuft. Doch echt gezweifelt habe ich nie. Wie gesagt: Wenn ich einmal etwas anfange, will ich dies auch gut zu Ende bringen.
Tauschen Sie sich zwischendurch auch mal mit anderen Tennis-Müttern aus, zum Beispiel mit Ihrer Freundin Caroline Wozniacki?
Angelique Kerber: Ich bin immer mal wieder mit Caro in Kontakt, auch im Hinblick auf den ähnlichen Lebensabschnitt, in dem wir uns gerade befinden. Wir tauschen uns aus, doch am Ende muss jeder seinen ganz eigenen Weg gehen und für sich herausfinden, was auf diesem Weg am besten funktioniert und wie alles unter einen Hut zu bekommen ist. Ich denke, aktuell gelingt es uns. (Porsche/TX)