Alon Meyer: „Makkabi Deutschland ist weltoffen … wirklich jeder ist willkommen“.
Die Geschichte der jüdischen Turn- und Sportvereine in ganz Deutschland reicht weit zurück. Im Jahr 1898 wurde in Berlin der erste Verein Bar Kochba gegründet. Die Bezeichnung Makkabi für Sportvereine in Deutschland erschien 1923 das erste Mal bei der Gründung des FC Maccabi Düsseldorf. Im Interview mit Präsident Alon Meyer geht es um die Geschichte und die offene Ausrichtung der einzelnen Vereine.
Herr Meyer, Sie sind der Präsident des TuS Makkabi Frankfurt und dazu noch von Makkabi Deutschland. Wofür steht Makkabi Deutschland?
Alon Meyer: Makkabi Deutschland steht für den Zusammenschluss von aktuell gut 40 Ortsvereinen in ganz Deutschland, wie eben Makkabi Frankfurt, Düsseldorf oder München. Wobei es Vereine nicht nur in den deutschen Großstädten gibt.
Etwa 6.000 Aktive zählen wir aktuell und damit sind wir eine der größten jüdischen Bewegungen weltweit, wobei Makkabi Deutschland offen für alle ist. Wirklich jeder Mensch ist bei uns willkommen, der einfach nach einen Sportverein sucht.
Seit wann gibt es Makkabi Deutschland, oder besser gefragt: Seit wann gibt es Makkabi Deutschland wieder?
Alon Meyer: Man muss es geschichtlich in vier Phasen unterteilen.
Im vergangenen Jahr haben wir gerade erst 100 Jahre gefeiert, denn 1921 ging es in Karlsbad los, getreu dem deutschen Turnerbund organisiert. Mit dem Erstarken des Nationalsozialismus verzeichneten die Ortsvereine ab 1933 einen sehr starken Zulauf, bis es dann schließlich im Jahr 1938 zur Zerschlagung kam.
Im Jahr 1963 kam es dann zur Wiederbelebung in Düsseldorf und seit 1965 gibt es immer mehr eigenständige Vereine unter dem Dach von Makkabi Deutschland, wie eben auch Makkabi Frankfurt. Heute sind es die gut 40 Ortsvereine.
Das Programm ist wirklich breit aufgestellt. Neben Ballsportarten gibt es auch Trendsportarten. Haben alle Vereine die gleichen Angebote?
Alon Meyer: Natürlich nicht, es gibt regionale Unterschiede im Angebot.
Jeder Verein ist schließlich nur so groß wie seine Macher. Daher gibt es regionale Unterschiede, das macht auch ein Stück weit unser föderalistisches System hier in Deutschland aus. Wir haben größere Vereine, wie etwa Makkabi Frankfurt mit heute 30 Abteilungen und über 2.500 Aktiven. Damit gehören wir übrigens auch schon zu den größeren Vereinen in Frankfurt. Dann haben wir eben auch die kleinen Vereine mit 30 oder 35 Aktiven. Genau das macht den Sport doch so spannend!
In meine Jugend habe ich öfter Basketball gegen Makkabi Frankfurt gespielt. Viele Freunde standen auf der anderen Seite des Courts, daher weiß ich, nur ein Spieler war in der jüdischen Gemeinde. Warum glauben so viele, dass nur Juden bei Makkabi spielen?
Alon Meyer: Ich kann nur hoffen, dass es irgendwann nicht mehr so ist und wirklich alle Menschen in Deutschland mitbekommen, dass sie alle herzlich in den Vereinen willkommen sind. Nationalität, Geschlecht, Hautfarbe oder Religion sind für uns kein Thema, bei uns geht es um das Thema Sport, und den Spaß beim Sport.
Wirklich alle Vereine, die zu Makkabi Deutschland gehören, sind weltoffen und leben allein nur die demokratischen Werte, die in diesem Land beheimatet sind.
Leider nimmt der Antisemitismus weltweit und auch in Deutschland zu. Ich will es ausdrücklich betonen, es ist kein deutsches Phänomen. Ist Antisemitismus auch ein Thema auf dem Platz und müsste der Sport nicht sogar generell eine stärkere integrative Funktion ausüben?
Alon Meyer: Leider ist der Antisemitismus wieder spürbarer geworden, lauter und vor allem hemmungsloser, auch im Sport! Doch nicht allein nur der Antisemitismus, generell der offene Hass. Wir müssen diesen spürbaren und sichtbaren Tendenzen ganz entschieden entgegentreten, nicht nur in Deutschland. Es ist eine Minderheit, es ist aber eine laute und in einigen Bereichen skrupellose Minderheit.
Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung will das nicht und ist das nicht. Nur leider ist die Mehrheit zu leise. Darum hören wir vor allem nur die Minderheit.
Es ist wirklich an der Zeit dieser Minderheit die rote Karte zu zeigen, sie vom Feld zu verweisen. Die Grenzen wurden schon viel zu lange überschritten, und nicht nur in Bezug auf den Antisemitismus. Die Mehrheit muss jetzt Flagge zeigen.
Der Sport hat eine integrative Funktion und muss sie bewahren. Der Sport kann auf spielerische Art und Weise die Werte vermitteln, die eine Demokratie ausmachen. In der Schule oder in der Politik sind es trockene Daten und ermüdende Fakten, doch der Sport stärkt die körperliche und die soziale Komponente. Einfach so.
Eine Freundin von mir wollte ihre Kinder bei Makkabi Frankfurt eigentlich zum Fußball anmelden. Aus Angst hat sie es nicht gemacht. Können Sie die Angst verstehen? Viel wichtiger: Wie nimmt man Müttern diese Angst?
Alon Meyer: Ich kann diese Angst sehr gut verstehen und respektiere es auch. Ich bin auch keinem Böse, wenn jemand aus Angst nicht zu Makkabi Frankfurt kommt. Mit dem Makkabi Stern auf der Brust, der dem Davidstern sehr ähnlich sieht, ist man möglichen Anfeindungen ausgesetzt, die es in anderen Vereinen nicht gibt.
Aber ich freue mich, dass es immer mehr Menschen gibt, die sich dem widersetzen und ganz bewusst und damit aktiv ein Teil dieses Widerstandes sein wollen!
Um zum Abschluss noch ein wenig sportlich zu werden. Welchem Sport frönt der Präsident von Makkabi Frankfurt?
Alon Meyer: Ich bin leidenschaftlicher Fußballer seit über 40 Jahren. Sport im Team und für mich die schönste Sportart. Ich spiele auch noch, leider nicht regelmäßig. Ich gehe heute öfter laufen und mache mit meiner Frau zusammen Pilates. (TX)
Foto: Copyright Makkabi Frankfurt
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