Almuth Schult: „Der Frauen-Fußball erfährt schon mehr Sichtbarkeit“.
Almuth Schult hat das Torwartspiel für sehr lange Zeit in Deutschland geprägt. 2014 war die bald dreifache Mutter offizielle Welttorhüterin. Doch Almuth Schult ist nicht nur Fußballerin und Mutter, die Olympiasiegerin von 2016 hat eine starke Meinung. Bei einer Diskussionsrunde von Volkswagen bezog die Torhüterin und TV-Expertin klare Stellung zum drohenden WM-Blackout und generell zum Frauen-Fußball.
Frau Schult, wie betrachten Sie die ganze Entwicklung des deutschen Frauen-Fußballs in den letzten rund 20 Jahren?
Almuth Schult: Der Frauen-Fußball erfährt deutlich mehr Sichtbarkeit. Es werden in der kommenden Saison, wie auch schon in der gerade erst ausgelaufenen Saison, alle Spiele der Bundesliga übertragen. Und alle Spiele von der Nationalmannschaft werden im Free-TV gezeigt. Das sind große Schritte, weil es vor zehn Jahren völlig undenkbar gewesen wäre. Aber es ist ungemein wichtig für alle Mädchen, dass sie ihre Vorbilder auch regelmäßig sehen können. Nicht nur die männlichen Vorbilder, sondern auch die weiblichen Vorbilder.
Man sieht auch, dass die Spielerinnen immer mehr Aufmerksamkeit bekommen. Auf der einen Seite durch die Sponsoren und Medien, immer mehr Fußballerinnen und Funktionärinnen werden in Talks eingeladen, werden sichtbarer und gehört. Auf der anderen Seite durch die Fans. Allein dies lässt sich gut durch Social Media ablesen. Aber auch an den wachsenden Mitgliederzahlen im Verband und den Vereinen, und vor allem bei den Spielen vor Ort in den einzelnen Stadien. Es wird immer mehr und es wächst an vielen Enden und Ecken.
In welchen Bereichen sehen Sie Verbesserungspotenzial?
Almuth Schult: Die Entwicklungen sind sehr schön, aber natürlich gibt es eigentlich noch überall Verbesserungspotenzial. Wenn man einmal mit irgendetwas zufrieden ist, dann setzt in der Regel auch schon der Stillstand ein.
Wir sprechen immer sehr, sehr viel über Führung, genau darum geht es. Man muss in den Entscheidungspositionen einfach diverser werden. Das heißt, die Strukturen beim Alter und bei den Geschlechtern aufbrechen. Das würde helfen, um mehrere Blickwinkel abzudecken, um ausgewogenere Entscheidungen zu treffen. Es würde an der Basis helfen, und auch ganz oben in der Führung.
Anlässlich des drohenden TV-Blackouts. Wie wichtig wäre die Sichtbarkeit für den Frauen-Fußball in Deutschland?
Almuth Schult: Sehr, sehr wichtig. Die Erwartungshaltung ist auch groß, durch die Europameisterschaft im vergangenen Jahr. Von daher ist der drohende TV-Blackout in Deutschland schon negativ zu sehen.
Ja, durch die Zeitverschiebung laufen die Spiele nicht in der Primetime, sondern am Morgen. Doch während der Weltmeisterschaft sind Ferien in vielen Bundesländern, also viele Menschen könnten trotz der Uhrzeit einschalten. Zudem ist das Publikum der Nationalmannschaft primär im Kindes- oder im Rentenalter. Irgendwie müssen die Spiele bei „ARD“ und „ZDF“ laufen.
Welche Konsequenzen drohen aus dem TV-Blackout?
Almuth Schult: Was das alles für Konsequenzen hat, will ich mir so noch gar nicht ausmalen. Ich hoffe sehr, dass man sich noch einig wird!
Die letzten Turniere, ob Europameisterschaften oder Weltmeisterschaften, waren in Deutschland zu sehen, und fanden zudem großen Anklang. Nicht nur die Spiele der deutschen Mannschaft, sondern die kompletten Turniere. Fußball ist die populärste Sportart in Deutschland, und eine Fußball-Weltmeisterschaft wird nicht übertragen? Ich hoffe wirklich, dass man sich irgendwie einigen kann!
Welche Entwicklungen erhoffen Sie sich persönlich in den kommenden Jahren generell im Frauen-Fußball noch?
Almuth Schult: Ich wünsche mir, dass der Respekt für den Frauen-Fußball immer weiter wächst. Es irgendwann einfach gar keine Vorurteile mehr gibt. Ich würde mich darüber freuen, wenn jedes Mädchen die gleiche Förderung und Unterstützung wie jeder Junge bekommt. Dass das Geschlecht irgendwann egal ist. Dass die Mädchen und die Jungs gleichberechtigt sind. (TX)
Foto: Almuth Schult Copyright Volkswagen