Oliver Kahn: „Trotzdem spielen wir um die Meisterschaft“.
Auch wenn der FC Bayern München wieder Tabellenführer ist und weiterhin von der elfte Meisterschaft in Folge ausgehen darf, auf und neben dem Platz läuft es nicht wirklich rund. Von daher geht es in den deutschen Medien nicht mehr allein um den Trainer und die Spieler, sondern auch um Hasan Salihamidžić und Oliver Kahn. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München stellte sich nun dem „Sky“-Team.
Welche Tugenden des FC Bayern München fehlen dieser Mannschaft?
Oliver Kahn: Es ist schon eine besondere Meisterschaft und das war mit Sicherheit nicht so in den vergangenen Jahren, da war es relative klar. Wir hatten immer einen Vorsprung, ein Polster, das ist jetzt nicht der Fall. Es ist auch für diese Mannschaft eine besondere Herausforderung. Nur mit fußballerischer Qualität wird es die letzten Spiele nicht reichen. Wir gehen davon aus, dass wir jedes Spiel gewinnen müssen.
War der Trainerwechsel dann vielleicht doch ein Fehler?
Oliver Kahn: Es macht jetzt keinen Sinn, im Moment noch mal über den Trainer zu diskutieren. Natürlich hätten wir uns alle gewünscht, gegen Manchester City weiter zu kommen, aber wir sehen im Moment alle, das ist eine Weltklasse-Mannschaft, die wahrscheinlich auch die Champions League gewinnen kann. Es ist keine Schande, dass man gegen so eine Mannschaft auch mal ausscheiden kann. Natürlich tut es auch weh, wenn man sich das DFB-Halbfinale anschauen muss zwischen Leipzig und Freiburg. Das hätten wir alles gerne gehabt und das ist nicht eingetreten. Das heißt aber nun nicht, dass wir nicht totales Vertrauen in Thomas Tuchel haben. Wir wollen jetzt erst einmal Meister werden und dann werden wir nächstes Jahr wieder in allen Wettbewerben voll angreifen.
Was gehört dazu, um Vorstandsvorsitzender in der Phase zu sein?
Oliver Kahn: In erster Linie ist es einmal die Liebe zu diesem Verein. Ich habe 14 Jahre hier gespielt und als ich gefragt wurde, ob ich die Aufgabe übernehmen kann, habe ich nicht lange gezögert. Ich wusste, dass es kein einfacher Job wird, aber ich bin die allerletzte Person, die hinschmeißt, wenn ihm der Wind so richtig ins Gesicht bläst, so wie das gerade der Fall ist. Es war als Spieler schon für mich dieser ganz besondere Kitzel und ich spüre das auch gerade auf der Tribüne. Während ich die letzten ein, zwei Jahre noch recht ruhig auf meinem Sitz geblieben bin, bin ich jetzt unterwegs. Jedes Mal, wenn es eng wird, lauf ich im Stadion herum. Es ist speziell!
Wie bleibt man in solch einer Situation denn am Ball?
Oliver Kahn: Ich habe so ein Federsystem entwickelt. Wir können alle entscheiden, was für eine Kritik wir an uns heranlassen, was kann uns bewegen, was nehmen wir denn wirklich ernst. Wir haben alle schwierige Situationen in unserer Karriere erlebt. Wir wissen, dass man manchmal auch schwierigere Situationen ausblenden muss. Hasan und ich, wir konzentrieren uns auf unseren Job, auf die aktuelle Meisterschaft und wollen den bestmöglich machen.
Natürlich werden Dinge in Frage gestellt, wie haben wir uns verhalten, vor allem das Wie beim Trainerwechsel. Wir haben oft betont, dass es für uns absolut richtig war, den Trainer zu wechseln. Natürlich gab es dann die unheimlich ärgerliche Situation, dass die Dinge viel früher herausgekommen sind. Das sind beispielsweise Themen, die gilt es noch einmal zu besprechen und auch klar zu machen, dass das uns allen, mir ganz besonders, nicht gefallen hat!
Gibt es denn schon generelle Signale aus dem Aufsichtsrat dazu?
Oliver Kahn: Natürlich setzt man sich immer mal wieder zusammen, bespricht sich, aber ich muss ehrlich sagen, ich beschäftige mich aktuell sehr, sehr wenig mit der Aufsichtsratssitzung. Da werden wir uns sicherlich viele Fragen stellen! Wir werden die Saison aufbereiten und da wird man relative schnell feststellen … also, ich habe viel erlebt in meiner Karriere, aber diese Rückrunde mit all diesen Themen nach der Weltmeisterschaft … ich weiß nicht, was alles passiert ist, aber es war eine Menge, mit dem wir so umgehen mussten. Trotzdem spielen wir um die Meisterschaft! (Sky/TX)
Foto: Oliver Kahn Copyright FC Bayern München