Michael Görner: „Eine wichtige Säule des Konzepts ist unsere Nachwuchsarbeit“.
1899 wurden Eintracht Frankfurt und der FSV Frankfurt gegründet. Beide Klubs sind unmittelbare Nachbarn im Frankfurter Stadtteil Bornheim, doch während die SGE eine feste Größe in der Bundesliga ist, spielt der FSV in der Regionalliga. Trotzdem gehört der FSV Frankfurt 1899 e.V. zu den traditionsreichsten Sportvereinen in ganz Hessen und Präsident Michael Görner erzählt im Interview etwas über die Zukunft.
Herr Görner, der FSV Frankfurt hat schwierige finanzielle und sportliche Zeiten hinter sich. Ist der Turnaround vollzogen?
Michael Görner: Im April 2017 hat die Fußball GmbH die Insolvenz beantragt und sportlich sind wir in der Saison in die Regionalliga Südwest abgestiegen. Die beiden Ereignisse sind nicht schön, aber spätestens dann, musste etwas verändert werden. Und seit dieser Zeit haben sich die wirtschaftlichen Möglichkeiten stabilisiert, weil wir neben dem Fußball auch noch andere Ertragsmöglichkeiten erkannt haben und für den FSV erschließen beziehungsweise auch schon erschlossen haben. Der Verein stellt sich also breiter auf und ist dadurch nachweislich wirtschaftlich stabiler. Es liegt aber noch ein langer Weg vor uns.
War die Pandemie in den Bemühungen des Vereins noch ein Rückschlag, oder konnten die neuen Strukturen dies bereits abfedern?
Michael Görner: Natürlich hat die Pandemie auch viele unserer Bemühungen völlig unvorbereitet getroffen, und muss auch als Rückschlag gewertet werden.
Der FSV Frankfurt hat aktuell vier Geschäftsbereiche. Wir haben die Mannschaft in der Regionalliga, wir vermieten und verpachten das Stadion samt dem umliegenden Areal, wir haben die Fußballschule und wir haben unsere Jugendarbeit. Die ersten drei Bereiche mussten und müssen bis heute finanzielle Einbußen hinnehmen, allein aufgrund der Pandemie und der bestehenden Maßnahmen zur Bekämpfung dieser. Daher ist es schon ein Rückschlag!
Der FSV Frankfurt ist direkter Nachbar von Eintracht Frankfurt, zumindest hier im Riederwald. Ist es schwer, mit einem etablierten Bundesligisten in der Stadt wirtschaftliche Quellen zu erschließen?
Michael Görner: Ich denke, jeder Verein muss erst einmal für sich schauen, wie er eine vernünftige und realistische Situation bei den Ein- und Ausgaben erzielt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Bundesligist in der Stadt oder Region angesiedelt ist. Aber natürlich macht es diese Nachbarschaft nicht immer einfacher. Daher muss der FSV oftmals ein bisschen kreativer sein und vielleicht auch ungewöhnliche und im ersten Moment sogar abwegige Wege gehen. Nur ein Beispiel: Wir haben hier in der PSD Bank Arena auch schon Parteitage und Hochzeiten umgesetzt.
Unsere Kreativität drückt sich beispielsweise auch im Bereich Social Media aus. Wir betreiben nicht nur die typischen Kanäle, wir nutzen sie auch. In Eigenregie zeigen wir zum Beispiel alle unsere Heimspiele in der Regionalliga. Alles ganz professionell aufbereitet und mit gutem Wachstum.
Das Programm auf dem YouTube-Channel „schwarzblauTV“ passen wir natürlich in gewissen Abständen auch immer wieder an. Stillstand ist Rückschritt …
Was sind die sportlichen Ziele des FSV Frankfurt?
Michael Görner: Diese hängt unmittelbar von unserer wirtschaftlichen Entwicklung ab. Wir haben über 2017 schon gesprochen, dies soll sich nicht mehr wiederholen. Das aktuelle Budget ist wie es ist und lässt keine Träumereien zu. Seit 2017 haben wir uns Schritt für Schritt verbessert.
Eine wichtige Säule bei diesem Konzept ist unsere Nachwuchsarbeit. Wir haben das Jugendleistungszentrum nicht, weil man es haben muss, sondern weil immer wieder Spieler über kurz oder lang in unserer ersten Mannschaft spielen sollen. Nicht etwa um im Kader zu stehen, sondern um zu spielen Schon heute stehen einige Spieler aus der eigenen Jugend bei uns auf dem Platz. Das ist die Zukunft des FSV.
Erfreulich an dieser Entwicklung, viele unserer Jugendmannschaften spielen bereits in der höchsten Spielklasse, also auf Augenhöhe mit dem FC Bayern München, dem VfB Stuttgart oder mit Eintracht Frankfurt. Ziel ist es, auch diesen Talenten dann in der Zukunft eine Chance zu bieten.
Wer in diesem Bereich eine Kooperation mit Eintracht Frankfurt denkbar? Der Sprung von der U19 bis in die Bundesliga gelingt nur wenigen Talenten. Der FSV könnte doch den Schritt überbrücken?
Michael Görner: Erst einmal muss ich sagen, wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu Eintracht Frankfurt. Nach der Insolvenz hat die SGE für ein Freundschaftsspiel zu unseren Gunsten direkt zur Verfügung gestanden. Dafür sind wir dankbar und auch sonst gibt es keine Probleme mehr!
Eine Kooperation kann ich mir jedoch trotzdem nicht vorstellen, was allein auch mit den positiven Entwicklungen bei Eintracht Frankfurt in den letzten Jahren zu tun hat. Ein Verein aus der Bundesliga mit internationalen Ambitionen scoutet mittlerweile im Nachwuchsbereich nach ganz anderen Talenten. Was auch verständlich ist.
Aktuell ist es bei uns kein Thema und ich glaube auch nicht bei Eintracht Frankfurt. Sollte es in der Zukunft jedoch Gespräche in diese Richtung geben, würde man aber ganz offen in solche Treffen gehen.
Wenn man sich einmal mit der Geschichte des FSV Frankfurt befasst, stolpert man zwangsläufig über den Namen Armin Hary oder über die fußballerischen Erfolge bei den Frauen. Alles Vergangenheit, oder nicht?
Michael Görner: Die Erfolge von Armin Hary liegen nun schon sehr lange zurück und seit mindestens 50 Jahren konzentriert sich der FSV Frankfurt vor allem auf den Fußball. Man soll zwar niemals etwas ausschließen, aber aktuell und in der näheren Zukunft wird es beim Thema Fußball und unserer Nachwuchsarbeit bleiben.
Aus der finanziellen Situation heraus ist Frauenfußball aktuell kein zentrales Thema, was aber für die Zukunft nichts heißen soll. Unser Fokus liegt auf der Stabilisierung durch die Profis und die Jugend.
Ich bin gebürtiger Frankfurter und kenne seit meiner Jugend das Problem mit Offenbach. Eintracht Frankfurt und Offenbacher Kickers geht gar nicht. Wie ist die Sachlage denn beim FSV Frankfurt?
Michael Görner: Hier muss man trennen. Auf Funktionärsebene gibt es überhaupt keine Probleme. Darf es aber auch gar nicht geben. Wenn man nämlich in die Vita bei einigen Personen blickt, dann finden Wechsel zwischen dem FSV und dem OFC statt. Das Verhältnis ist professionell gut, wie es sich eben auch gehört.
Bei den Anhängern sieht es anders aus, was aber allein schon das Polizeiaufgebot an Spieltagen belegt. Und da beide Vereine ja in der gleichen Liga beheimatet sind, wird diese Rivalität natürlich gepflegt. (TX)
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