Tom Schädler: „Wir müssen bei den Spielen körperlich und mental voll da sein“.
Von Donnerstag bis Sonntag spielt die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft der Frauen um die endgültige Qualifikation für die Olympischen Winterspiele in Peking. Gegnerinnen der deutschen Mannschaft sind Österreich, Dänemark und Italien. Im Interview spricht DEB-Bundestrainer Tom Schädler über die Vorbereitung und den Zusammenhalt … oder, warum der Trainer die Mannschaft auch mal in Ruhe lässt!
Tom, das Team ist seit letztem Donnerstag in Füssen. Wie ist die Lage?
Tom Schädler: Die Lage bei den Spielerinnen und Betreuern ist gut. Wir haben uns vergangene Woche in Füssen getroffen, unser Quartier bezogen und sind mit drei guten Trainingseinheiten in die Vorbereitung gestartet. Danach hatten wir die zwei Spiele gegen Japan. Das war ein richtig guter Test für die Mannschaft. Die anderen drei Mannschaften sind seit ein paar Tagen vor Ort … die Spannung steigt.
Wie lief die Vorbereitung? Woran wurde gearbeitet?
Tom Schädler: Immer, wenn wir als Nationalmannschaft zusammenkommen, gibt es bestimmte Schwerpunkte: Spielsystem, Abwehr, das Spiel im Angriffsdrittel, den Aufbau der Reihen. Dazu kommen Über- und Unterzahlspiel. Unser Torwarttrainer Jan Kamenik arbeitet zusätzlich vor dem Mannschaftstraining ganz gezielt mit den Torhüterinnen. Das ist unsere Routine auf dem Eis, wenn wir uns auf die Turniere vorbereiten. Dazu kommen noch Theorie-Input und Videoanalysen.
Die Anzahl der Trainingseinheiten ist unterschiedlich. Vor der WM in Calgary hatten wir zum Beispiel sehr viel Zeit. Auch jetzt vor der Olympia-Qualifikation haben wir ausreichend Zeit für eine ordentliche Vorbereitung. Wir haben die Unterstützung von Sportpsychologin Annika Hof zum Berge, die unser Team begleitet.
Der Großteil der Spielerinnen war auch schon bei der diesjährigen WM!
Tom Schädler: Ja, genau. Wir hatten aber auch im Sommer Lehrgänge, bei denen noch andere Spielerinnen dabei waren. Manche von ihnen, zum Beispiel Franzi Feldmeier, konnten aus beruflichen Gründen nicht mit nach Kanada. Sie sind aber ein fester Teil unserer Mannschaft … und jetzt für die Qualifikation auch dabei.
Was sind die Stärken des deutschen Frauen-Teams?
Tom Schädler: Das ist ganz klar unser enormer Zusammenhalt in der Mannschaft. Das haben wir auch in Calgary wieder erlebt. Unser Torhüterinnenspiel ist sehr gut, aber auch Sturm und Verteidigung sind top. Wir haben sehr routinierte Spielerinnen, die Führungsrollen innerhalb der Mannschaft ausfüllen. Dazu zählen zum Beispiel unsere Kapitänin Julia Zorn und Verteidigerin Tanja Eisenschmid. Im Endeffekt zählt das Zusammenspiel der Mannschaft … das machen die Mädels gut.
Wie sieht der Tag aus? Was macht das Team, wenn nicht Training ist?
Tom Schädler: Wir sind in einem Hotel in Bad Faulenbach. In der „Bubble“ haben wir nicht sehr viele Möglichkeiten außer den Weg vom Hotel ins Stadion und zurück. Manche Spielerinnen radeln ins Stadion, andere gehen zu Fuß. Mehr ist aber nicht mit Draußen sein. Die Mädels haben zum Beispiel einen Videoabend organisiert, natürlich mit Abstand und allen Hygienevorkehrungen. Mir ist es aber wichtig, dass wir sie auch mal in Ruhe lassen und sie abschalten können.
Gleichzeitig mit stehen die deutschen Herren beim Deutschland Cup 2021 auf dem Eis. Das DEB-Motto lautet „Gemeinsam nach Peking“. Inwieweit spürt Ihr als gesamte Mannschaft das in Eurem Mannschaftsalltag?
Tom Schädler: Wir merken viel vom Motto und dies motiviert die Mannschaften. Der Austausch unter uns Betreuern ist groß. Aber auch bei den Spielerinnen und Spielern gibt es viele gemeinsam Ereignisse, zum Beispiel Fotoshootings mit den Trikots vor ein paar Wochen. Außerdem tauschen sich die Spielerinnen und Spieler auch über Social Media aus. Physisch zusammen kommen wir ansonsten gerade nicht. Das verhindern die eng getakteten Spielpläne der DEL und der DFEL, COVID-19 macht es auch nicht leichter. Aber wir drücken den Herren die Daumen und die Herren drücken uns die Daumen. Für die letzte WM in Calgary haben wir auch die eine oder andere Videobotschaften von den Jungs geschickt bekommen.
Wie läuft der angesprochene Austausch unter den Bundestrainern?
Tom Schädler: Wir haben einen sehr guten und sehr engen Austausch unter uns Bundestrainern. Nicht nur zwischen Toni Söderholm und mir, sondern auch mit den ganzen Nachwuchs-Bundestrainern Tobias Abstreiter, Alex Dück, Franziska Busch oder Robert Schroepfer. Wenn ich Toni im Büro antreffe, stellen wir uns Fragen und beraten uns. Wir haben einen regelmäßigen Austausch über unsere Bundestrainer-Konferenz und Meetings. Die Bundestrainer-Konferenz liegt in der Hand von DEB-Sportdirektor Christian Künast. Das funktioniert wirklich gut.
Lass uns noch etwas auf Deinen Kader für die Olympia-Qualifikation schauen. Nach welchen Kriterien hast Du Spielerinnen ausgewählt?
Tom Schädler: Wir haben versucht, die beste Mannschaft zusammenzustellen. Mir war es wichtig, nicht einfach die 20 besten Einzelspielerinnen zu nominieren. Ich will Spielerinnen finden, die im Team funktionieren, harmonieren. Wir haben geschaut, welche Spielerinnen zur Verfügung stehen und diese zur Mannschaft passen. Dazu kommen: Wer kann gut Über- und Unterzahl spielen? Wer bringt andere technische und taktische Fähigkeiten mit? Das Wichtigste ist das „Match“ im Team.
Dänemark, Italien und Österreich kämpfen mit der Nationalmannshaft um die Olympia-Qualifikation. Wie schätzt Du denn die Gegnerinnen ein?
Tom Schädler: Alle drei Gegnerinnen sind Herausforderungen. Wir zollen ihnen Respekt, aber auch nicht mehr. Wir wissen, dass die Spiele nicht einfach werden und wir unser Bestes geben müssen. Italien hat zum Beispiel eine große Euphorie, weil sie die Vorqualifikation gewonnen haben. Auch die Österreicherinnen haben mit breiter Brust verkündet, dass sie nach Peking wollen. Wir müssen bei den Spielen körperlich und mental einfach immer voll da sein. Aber wir müssen uns auch auf die einzelnen Spiele konzentrieren. Wichtig ist, dass wir von Spiel zu Spiel arbeiten und uns kontinuierlich verbessern. Erst einmal legen wir den Fokus auf das Österreich-Spiel, dann schauen wir weiter. Immer nur von Spiel zu Spiel. (DEB/TX)
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