Yannik Barwig: „Das große Ziel des Vereins ist der Aufstieg in die 2. Bundesliga“.
Der SV Waldhof Mannheim war eine absolute Talentschmiede, unter anderem die Karrieren von Bernd und Karlheinz Förster, Jürgen Kohler, Maurizio Gaudino oder Christian Wörns nahmen bei dem DFB-Pokalfinalisten von 1939 ihren Anfang. Von 1983 bis 1990 spielt der im April 1907 in der Mannheimer Oststadt gegründete Klub in der Bundesliga. Im Interview erklärt Pressesprecher Yannik Barwig den SVW.
Herr Barwig, der Verein lief von 1972 bis 1978 unter Chio Waldhof 07 auf. Wie kam es zu der Umbenennung und wie wurde diese Umbenennung damals von den Fans aufgenommen?
Yannik Barwig: Die Umbenennung war für Verein sowie Fans unabdingbar, wollte man nicht weiter in der damaligen obersten Amateurliga verbleiben. Das wussten Verein, Fans und Unterstützer. Daher kam das Angebot von Chio Chips, der Firma von „Carlo“ von Opel, absolut rechtzeitig zum Aufstieg in die Regionalliga Süd mit einer Unterstützung in Höhe von 180.000 D-Mark.
Übrigens entschieden die Mitglieder bereits 1976, den Verein wieder in SV Waldhof Mannheim 07 umzubenennen. Unter dem Namen spielte das Team dann auch ab 1976. Chio Chips sponsorte aber noch bis 1978.
Mannheim hat eine treue Anhängerschaft. Woher rührt die Verbundenheit?
Yannik Barwig: Hier reden wir von der „Waldhof Familie“. Viele positive wie auch negative Erlebnisse schweißten die Anhänger über Jahre zusammen und dazu wird das Waldhof-Gen schnell vererbt. Die Stimmung im Fan-Block ist immer intensiv, leidenschaftlich und emotional, das begeistert, motiviert und fasziniert viele noch nicht Fans direkt. Der Funke springt schnell über und damit die Identifikation mit diesem oft gescheiterten, aber auch immer wieder aufgestandenen Verein. „Äfache Leit“ finden zusammen und haben einen eigenen Stil entwickelt, durch ihre typisch offene „Monnemer Art“ zu kommunizieren, ihre pure Originalität auszuleben und sich durch gar nichts unterkriegen zu lassen.
Der Waldhof gilt eigentlich als Arbeiterverein. Passt dieses Image auch noch in die heutige Zeit? Oder wie würden Sie den Verein und seine Anhänger heute vielschichtiger betiteln?
Yannik Barwig: Auch wenn es vielleicht sogar stimmt, die Mentalität der beteiligten Personen ist immer noch nach altem Arbeiterbrauchtum ausgelegt. Sonst sind im Block unterschiedlichste Menschen aller Couleur.
Von 1983 bis 1990 spielte man 1. Bundesliga. Was war das Highlight dort?
Yannik Barwig: Zu Beginn die hohen Zuschauerzahlen in Ludwigshafen. 29.000 Zuschauer im Schnitt in der ersten Saison. Dann haben wir beinah im UEFA Pokal gespielt … ein Tor gegenüber dem HSV hat den Ausschlag gegeben. Der originelle Trainer Klaus Schlappner, nicht nur wegen seines Hutes … und die vielen jungen Spieler aus der eigenen Talentschmiede: Jürgen Kohler, Christian Wörns, Maurizio Gaudino, Ulf Quaisser, und, und, und …
Nach dem Abstieg gehörte die Mannschaft längere Zeit der 2. Liga an, doch dann kam der Abstieg bis runter in die Oberliga. Was waren die Gründe für diesen Niedergang damals?
Yannik Barwig: Die Misswirtschaft, schon beginnend unter Präsident Wilfried Gaul, der unter Trainer Uwe Rapolder zeitweise bis zu 100 Spieler in gerade einmal nur zwei Spielzeiten durch den kompletten Kader durchspülte.
2019 der Aufstieg in den professionellen Fußball. Wie sehen die Ziele aus?
Yannik Barwig: Das große Ziel des Vereins ist es, in den nächsten zwei Jahren den Aufstieg in die 2. Bundesliga zu erreichen!
Zuvor hatte man mehrfach den Aufstieg, auch etwas unglücklich, in die 3. Liga verpasst. Sollte man dieses bestehende sport-politisch System nicht doch mal einer Reform unterziehen?
Yannik Barwig: Das wäre in der Tat ein guter Schritt. Vielleicht sogar überfällig. Es gab hierzu schon einige Anträge und Petitionen beziehungsweise Aufrufe. Der DFB zeigt sich hier jedoch noch etwas mit gemischten Gefühlen.
In der Liga geht es gegen den 1.FC Kaiserslautern. Woher die Abneigung?
Yannik Barwig: Auch ein negatives Highlight aus unserer Zeit in der Bundesliga. Der damalige FCK-Präsident, Udo Sopp, beschwerte sich nach dem Aufstieg des SVW in die Bundesliga darüber, wie es sein könnte, dass ein Verein aus Baden-Württemberg in Rheinland-Pfalz seine Heimspiele austragen dürfe und damit dem FCK die Zuschauer wegnehmen würde. Und tatsächlich war Kaiserslautern im Jahr 1983 auf einem kleinen Sinkflug mit 22 000 Zuschauern im Schnitt, während der SVW gut 29.000 ins Südwest Stadion lockte.
Die „Ultras“ aus Mannheim sowie aus Frankfurt verbindet heute eine Art von Fan-Freundschaft, obwohl man einst Konkurrent war. Wie kam es zu dieser Wende um beinah 360 Grad?
Yannik Barwig: Durch am Anfang ganz vereinzelte Kontakte auf „höherer Ebene“ zwischen den beiden Lagern der „Ultras“, die sich zur Freundschaft verankerten. Wir sprechen hier etwa von den beginnenden 2000er Jahren.
Abschließend: Wie ist Waldhof Mannheim durch die Pandemie gekommen?
Yannik Barwig: In einer Pandemie gibt es generell niemals einen Gewinner. Ohne den damit verbundenen Saisonabbruch hätte man durchaus den Durchmarsch in die 2. Bundesliga schaffen können. Finanziell ist der Verein mittlerweile, auch dank der Hilfe von Familie Beetz, sehr stabil, trotzdem ist man natürlich weiterhin auf seriöses Wirtschaften in allen Bereichen angewiesen. (LB/TX)
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